Thomas Matt

Kommentar

Thomas Matt

Unsere ganze Hoffnung

Vorarlberg / 04.07.2023 • 18:30 Uhr

In Gruppen schwärmen sie aus. Die Gewiefteren bitten Passanten um Hilfe, so wie der Rotschopf mit der entzückenden Zahnlücke das tut.

Da füllt sich der Fragebogen im Nu und johlend verkrümelt sich die ganze Bande im nahen Park für den Rest dieses Schulvormittags, der statt Prüfungsangst nur ein wenig Heimatkunde vermitteln will. Mit einer kleinen Stadtrallye, das ist besser als Wandertag. Für solche Dinge ist jetzt Zeit. Es ist ja alles gelaufen. Ein paar Tage noch, und dann…

Die Kleinen können die Kostbarkeit dieser letzten Woche nur erahnen. Die Größeren aber, mitunter schon mit einem Anflug von Bartwuchs gesegnet, die wissen um das magische Datum der Notenkonferenz. Danach herrscht Waffenstillstand. Es ist alles entschieden. Selbst die härtesten Lehrer werden jetzt sanft. Man kommt regelrecht ins Plaudern. Im Internat war das die schönste Zeit. Der Schicksalsgemeinschaft des zu Ende gehenden Schuljahrs bemächtigte sich eine Unbekümmertheit, die sich am besten ausdrückte, wenn die Buben rudelweise Richtung Segelhafen spazierten. Dort lag die „Hohentwiel“ noch als Rostlaube am Kai vertäut, und köstliche, bernsteinfarbene Flüssigkeiten wurden gereicht. Man war der Herr der Welt. Für ein paar köstliche Tage völlig frei, ehe die Sommerferien die Klasse in alle Winde zerstreute.

Daran erinnert sich der Betrachter und unterzieht sich selber einer Prüfung, indem er sich fragt: Haben wir im vergangenen Jahr den Großen und Kleinen auch laut und oft genug gesagt, wie willkommen sie sind? Dass wir sie brauchen in dieser Welt? Gewiss, deren Zukunft ist unwägbar, aber sie lädt doch zur Gestaltung ein. Und wer sollte das tun, wenn nicht sie: Die jungen Mädchen und Burschen, die nichts weniger sind als unsere ganze Hoffnung und Zuversicht.