Schaurige Plätze in Vorarlberg: Wo die Toten nicht ruhen

VN-Serie Teil 2: Eine gruselige Führung ins mittelalterliche Feldkirch mit Stadt-Guide Georg Fink.
Feldkirch Finstere und frostige Geschichten prägten einst die älteste Stadt Vorarlbergs. Für die nächsten eineinhalb Stunden lässt Sagen-Experte Georg Fink im Rahmen der Stadtführung „Sagen und Gruselgeschichten“ Tote auferstehen. Die Montfortstadt erscheint plötzlich in düsterem Licht. Denn wenn er zu erzählen beginnt, wird es zwischen den Gassen trotz wolkenlosem Himmel und strahlendem Sonnenschein finster und frostig.


Geheimnisvoller Durchgang
Wir stehen vor der Johanniterkirche. Rechter Hand schauen wir auf das 600 Jahre alte Toggenburger’sche Haus, dessen Erker direkt mit dem einstigen Kloster verbunden ist. „Früher wäre da ein Durchgang gewesen“, berichtet der 68-Jährige. Jetzt wird es richtig gruselig. Denn der Stadtmedicus Doktor Iserin sei hier ums Leben gekommen.

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„Vermutet wird sogar, dass sein Tod Goethe als Vorbild für sein Werk Doktor Faust diente.“ Man erzählt sich, dass besagter Doktor Iserin, auch Doktor Fustes oder Doktor Faust genannt, hier sein Quartier hatte. Eines Abends sei beobachtet worden, wie ein unbekannter Mann darauf zueilte.
„Die Feldkircher Zeitung warb mit dem Todesurteil
Georg Fink
von Josef Gasser“
Austria-Guide
„Am nächsten Morgen habe man den Doktor‚ erwürgt und in seinem eigenen Blute liegend, aufgefunden“, berichtet Fink und mit leiser Stimme fügt er hinzu: „Der Unbekannte sei der Teufel gewesen, der durch das Fenster entfloh.“

Tod durch Enthauptung
Gewesen ist es natürlich ganz anders. Dr. Iserin wurde der Hexerei bezichtigt und am 6. Februar 1528 durch Enthauptung hingerichtet. Seit damals gibt es im Erker auch kein Fenster mehr. Dieses zerbrach bei der Tat und jeder Versuch, ein neues einzusetzen, sei gescheitert. Das Gleiche gelte für den Blutfleck. Er ließe sich einfach nicht entfernen. „Gesehen hat ihn aber noch niemand“, verrät Fink schmunzelnd, während uns bei 25 Grad Celsius eine Gänsehaut überkommt. Übrigens: Dr. Georg Iserin war kein geringerer als der Vater von Georg Joachim Rheticus. Dieser erlangte weltweite Berühmtheit. Denn wäre er nicht gewesen, hätte Nikolaus Kopernikus sein Hauptwerk über das heliozentrische Weltbild mit der Sonne im Mittelpunkt weder vollendet noch veröffentlicht. Ihm zu Ehren nannte man 1935 einen Mondkrater Rhaeticus.

Letzte Hinrichtung
Die letzte Hinrichtung in Feldkirch ist mit 9. September 1864 datiert. Joseph Gasser, der drei Menschen erschoss, wurde wegen Meuchelmordes zum Tod durch den Strang verurteilt. Die „Feldkircher Zeitung“ berichtete vom Prozess. Am Gasserplatz wurde das Urteil vollzogen. Der Publikumsandrang war enorm. Von der Feldkircher Rösslewirtin ist von damals der Ausspruch überliefert: „A so a Henggate ischt mir lieber als 10 Primiza.“ Doch zur Enttäuschung der blutrünstigen Zuschauer dauerte die Hinrichtung nicht ganz eine Minute. Sie äußersten ihren Unmut in zahlreichen Leserbriefen. Es habe sich nicht rentiert, extra nach Feldkirch zu kommen, schimpften die erzürnten Schaulustigen.

Thriller à la Fitzek
Jetzt ist aber genug, war zu hören. Bestseller-Autor Sebastian Fitzek sei gegen den Stadt-Guide ein Waisenknabe. Fink muss lachen. „Einmal sagte ein Bub zu mir, dass meine Geschichten langweilig seien“, verrät er uns. Das ließ der Vater von drei Söhnen und Opa von vier Enkeln nicht auf sich sitzen und gab die Sage vom Nachtvolk und dessen Gelage im Rathaus zum Besten. Aber die ist nochmal eine ganz andere Nummer. Wer es schaurig liebt, auf V+ gibt es ein Video von der Sage. Wem das nicht genügt: Wie wäre es mit einer Nachtwächter-Führung? Die wäre dann aber Pflicht! CRO
Stadtführung
Sagen und Gruselgeschichten
Dauer 1 1/2 Stunden,
Länge rund einen Kilometer
Schwierigkeitsgrad leicht
Parkmöglichkeiten Tiefgaragen Reichenfeld, Busplatz, Illpark oder Montforthaus
Öffentliche Verkehrsmittel aus Feldkirch mit dem Stadtbus, aus den umliegenden Gemeinden mit dem Landbus oder mit dem Zug
Einkehren zahlreiche Cafés und Restaurants, Tipp: Café Feurstein in der Schlossergasse 1 (www.facebook.com/CafeFeurstein),
Buchtipp Gerichtsgeschichte Feldkirch, Alfons Dür, Bucher Verlag, 104 Seiten. Dr. Faust in der Marktgasse, Marlene Kilga, Bucher Verlag, 212 Seiten