Wolfsheulen
In der Wolfsdiskussion heißt es, von den Gegnern der Wiederansiedlung würden Ängste geschürt und die Diskussionen emotional oder polemisch geführt. Wenn dem tatsächlich so ist, kann man als Psychiater nur „Gott sei Dank“ sagen. Wie soll denn ein humanes Wesen beim Anblick von massakrierten Schafen und Ziegen anders reagieren als mit Betroffenheit? Etwa so cool wie jene, die sich noch nie ein Bild vor Ort gemacht und mit den Schafhirten kein einziges Mal geredet haben. Da nützt auch der Hinweis auf qualvolle Tiertransporte nicht viel, denn eine Grausamkeit lässt sich nicht durch eine andere rechtfertigen. Die Bilder von aufgerissenen Tierleibern sind angsteinflößend genug und bedürfen keiner Polemisierung. Werden sie nicht beschönigt, müsste selbst unserer Umweltministerin das Lächeln vergehen.
Ebenso empathielos sind die gewöhnlich aus Büropalästen kommenden Belehrungen, dass der Wolf für den Menschen keine Gefahr darstelle. Geht es denn bei Gefahren nur um solche gegen Leib und Leben? Wir müssen den Schäfern und Älplern wohl zugestehen, dass sie genauso empathisch, tierliebend und mitleidend sind wie die sogenannten Tierschützer und psychisch traumatisiert werden, wenn sie in der Früh verstümmeltes Vieh finden. Wen wundert es da noch, dass nach verschiedenen Befragungen zwischen 20 und 40 % der Landwirte, die es ohnehin schon schwer genug haben, die Almwirtschaft aufgeben wollen und als Hauptgrund die unnötige Belastung durch die Wiederansiedlung der Beutegreifer nennen.
Bei diesem Streit geht es nicht um die Existenzberechtigung des Wolfes, sondern um die Frage, ob deren weltweit riesiges Verbreitungsgebiet um weitere ca. 10 % vergrößert werden soll, hinein in die dicht besiedelten und bewirtschafteten Zonen. Ein friedliches Miteinander kann es da nicht geben und in Hochgebirgsregionen ist ein wirksamer Schutz gegen die schlauen Wölfe nicht finanzierbar. Allein für Österreich wären 80.000 km Hochsicherheitszaun mit Kosten von ca. einer Milliarde Euro erforderlich, von den ca. 30.000 teuren Herdenhunden ganz zu schweigen.
Konstruktiver Lösungsvorschlag: Nachdem jeder Wolf den Steuerzahler durch Überwachungsmaßnahmen, kriminaltechnische Untersuchungen, Ersatzleistungen, Befassung der Rechtsinstanzen usw. mindestens 50.000 Euro kostet, wäre es überlegenswert, ob man mit diesen Mitteln und den enormen Gewinnen, die manche NGOs mit Wolfspropaganda machen, Umsiedlungsprojekte für Problemwölfe entwickeln kann. Aber bitte nicht nach der Trientiner Methode!
„Die Bilder von aufgerissenen Tierleibern sind angsteinflößend genug und bedürfen keiner Polemisierung.“
Reinhard Haller
reinhard.haller@vn.at
Univ.-Prof. Prim. Dr. Reinhard Haller ist Psychiater, Psychotherapeut
und früherer Chefarzt des Krankenhauses Maria Ebene.
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