Qamar Abbas: Entschädigung für seine Abschiebung

Die Abschiebung des damaligen Lehrlings war illegal. Wie viel Entschädigung ihm dafür zusteht, ist auch nach dem Prozess noch unklar.
Darum geht’s:
- Qamar Abbas erhält Schadenersatz für illegale Abschiebung.
- Streit über Höhe des Schadenersatzes und Verdienstentgang.
- Verhandlung geht in Fachdebatte über Asyl- und Fremdenrecht über.
Feldkirch Dass die Republik Österreich für die illegale Abschiebung von Qamar Abbas haftet, war seit Gründonnerstag klar. Ebenso, dass ihm dafür Schadenersatz zusteht. Wie hoch dieser ausfällt, war am Dienstag Thema vor Zivilrichterin Larissa Bachmeier am Landesgericht Feldkirch und wurde zweieinhalb Stunden debattiert.

Zur Vorgeschichte: Qamar Abbas wurde 2018 als Lehrling zum Politikum in ganz Österreich. Seit 2012 im Land begann er gerade erst eine Lehre in der Gastronomie, als er in der Schubhaft landete. Trotz Sprachzertifikat, Beschäftigungsbewilligung und zahlreichen Unterstützern erhielt er zwei negative Asylbescheide, wurde in Schubhaft genommen und faktisch ohne Bescheid abgeschoben. In Pakistan wurde er unter fadenscheinigen Vorwürfen festgehalten und musste mit Lösegeld freigekauft werden. Selbst als die Bundesverwaltungsgerichte 2021 entschieden, dass diese Abschiebung alles andere als rechtens war, dauerte es noch bis Anfang 2022, bis Qamar Abbas wieder nach Vorarlberg zurückkehren konnte.
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Aus Sicht von Klagsvertreter Ludwig Weh stehen Abbas damit etwa 58.000 Euro zu, bestehend aus Schadenersatz, Schmerzensgeld und Verdienstentgang. Die Finanzprokuratur, gewissermaßen die Rechtsanwälte des Finanzministeriums, war anderer Ansicht und sah einen maximalen Anspruch von 20.000 Euro. Vom Zeugenstand aus schaltete sich auch Rechtsanwalt Stefan Harg, der ursprünglich gemeinsam mit Weh die Agenden von Abbas vertrat und zwischenzeitlich dessen Kanzlei verließ, als faktischer zweiter Vertreter seines früheren Schützlings ein.
Streitthemen
Streitthema war einerseits vor allem der Verdienstentgang. Mit dem zweiten negativen Asylbescheid war Abbas faktisch illegal im Land, die Beschäftigungsbewilligung sei damit per Gesetz erloschen gewesen. Dass sein Arbeitgeber davon nur aus den Medien erfuhr, mache keinen Unterschied. Von Amts wegen müsse ihm dies niemand mitteilen. Und auch, dass damals unter anderem von der Wirtschaftskammer geraten wurde, die asylsuchenden Lehrlinge in Mangelberufen trotz allem einfach weiter zu beschäftigen, habe sich nie im Gesetz niedergeschlagen. Dem Ansatz der Republik, dass dementsprechend kein Verdienstentfall vorliegt, hielten die Ankläger entgegen, dass die Republik sich nicht zu gut sei, bei der Bemessung von Unterhaltszahlungen auch bekannte Schwarzgeldeinkünfte heranzuziehen.
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Beim Schadenersatz gingen die Vorstellungen ebenfalls weit auseinander. Legte man die Tageshöchstsätze zugrunde, käme man nur auf etwa 7000 Euro. Und die Republik wollte nur die Kosten für die Anwaltstätigkeiten im direkten Zusammenhang mit der Abschiebung selbst ersetzen. Alles andere wurde vom Höchstgericht schließlich als rechtens erkannt. Die Kläger verwiesen wiederum auf den mit der Abschiebung ohne Bescheid begangenen hanebüchenen Rechtsbruch, die zuvor stattgefundene Farce einer Anhörung und die Ängste, die Abbas nach seiner Abschiebung durchleben musste. Hinzu komme, dass die Republik an Abbas offensichtlich ein Exempel statuieren wollte.
Fachdebatte in der Verhandlung
Spätestens mit der Zeugeneinvernahme von Harg geriet die Verhandlung immer wieder zu einer Fachdebatte des Asyls- und Fremdenrechts. In diesem herrsche pure Willkür, faktisch per Gesetz gewollt. „Wenn ich nicht auf alles schieße, was sich bewegt, habe ich keine Chance”, betont Harg die faktische Realität für die Rechtsvertreter der Asylsuchenden. Die Abtrennung der Kosten sei daher ebenso realitätsfremd wie auch die Tagessätze der Schmerzensgeldberechnung.
Vergleich mit Vorbehalt
Auch wenn die Verhandlung immer wieder in die Debatte der grundsätzlichen Tücken des Fremdenrechts abglitt – schlussendlich ging es am Dienstag nur mehr ums Geld. Mit dem Vergleich in Höhe von 25.000 Euro im Gepäck reist der Anwalt des Finanzministeriums wieder nach Wien, um diesen von seinen Mandanten im Justiz- und Innenministerium bestätigen zu lassen. Bis zum 7. November haben beide Seiten nun Zeit, den Vergleich zu widerrufen.