“Weihnachten ist sündig” – so reagieren Schulen auf solche Sprüche

Vorarlberg / 20.12.2023 • 17:40 Uhr
Weihnachten übt für viele Kinder alljährlich eine besondere Faszination aus. Nicht alle jedoch respektieren das Fest. APA
Weihnachten übt für viele Kinder alljährlich eine besondere Faszination aus. Nicht alle jedoch respektieren das Fest. APA

Kinder mit Migrationshintergrund irritieren Mitschüler mit “Anti-Weihnachtshaltung” in Unterländer Schule.

Darum geht’s:

  • Türkischstämmige Schüler provozieren nicht-muslimische Mitschüler mit dem Satz “Weihnachten ist ‘haram'”
  • Experten sehen unkontrollierten Konsum von sozialen Medien als Ursache für einseitige Haltungen
  • Muslimische Kinder freuen sich ebenfalls auf Weihnachten

Bregenz “Weihnachten ist ‘haram'”. Diesen Satz mussten sich nicht-muslimische Schülerinnen und Schüler an einer Mittelschule im Unterland von einigen türkischstämmigen Klassenkameraden anhören. “Haram” bedeutet unrechtmäßig oder verboten, im weitesten Sinn auch sündig. Ein Mädchen zeigte sich darob verstört. “Ich verstehe nicht, warum man so etwas sagen kann. Wir freuen uns doch auf Weihnachten.”

Die Welt im Klassenzimmer

“Es ist offensichtlich, dass globale Krisen auch Auswirkungen in unseren Klassenzimmern haben”, zeigt sich Gerd Neururer, Direktor an der Mittelschule Lustenau-Rheindorf von solchen Vorfällen nicht überrascht. Dass dabei auch Weihnachten als Provokationsinhalt genutzt wird, könne er sich durchaus vorstellen. “Für uns Pädagogen sind solche Sprüche ein Hinweis darauf, dass ein Mangel an Wissen und Verständnis vorliegt. Nicht alle Eltern sind eben gleich bildungsnah”, betont Neururer. “Im Religionsunterricht jeder Konfession ist vorgesehen, andere Glaubensrichtungen vorzustellen und zu beschreiben. Und das nicht negativ. Religiöse Feiern gehen bei uns immer einher mit Einladungen an Vertreter anderer Konfessionen. So wird das auch bei unserem katholischen Gottesdienst am Freitag sein”, so Neururer weiter.

<p class="caption">Gerd Neururer, Direktor an der MS Lustenau-Rheindorf: „Internationale Entwicklungen haben auch an den Schulen Auswirkungen.<span style="font-family: VNPolarisWeb, &quot;Arial Narrow&quot;, sans-serif; font-size: 0.875rem; color: initial;">“<span class="copyright">VN/Lerch</span></span></p>

Gerd Neururer, Direktor an der MS Lustenau-Rheindorf: „Internationale Entwicklungen haben auch an den Schulen Auswirkungen.VN/Lerch

Gefahr durch soziale Medien

Experten sind sich einig: Eine große Gefahr für einseitige und tendenziöse Haltungen liegt im unkontrollierten Konsum von sozialen Medien. “Was Kinder da ungefiltert in sich hineinstopfen, ist oft unglaublicher Schrott”, sagt Mustafa Can, an der Bildungsdirektion Vorarlberg für interkulturelle Themen zuständig. “Es kann dann schon vorkommen, dass kulturelle Unterschiede zu Konflikten führen. Aber dann sind eben auch sensible Pädagoginnen und Pädagogen gefragt. Sie müssen den Kindern Erklärungen liefern, nach denen sie fragen. Es gibt an Schulen natürlich immer wieder Auffälligkeiten in die eine oder andere extreme Richtung”, weiß Can. Man solle sich auch bewusst sein, “wie viele muslimische Kinder sich auch auf Weihnachten freuen”.

Mustafa Can beklagt die ungefilterte Informationsflut aus dem Internet. <span class="copyright">Bildungsdirektion</span>
Mustafa Can beklagt die ungefilterte Informationsflut aus dem Internet. Bildungsdirektion

Gefragt ist Wissen

Dass derzeit der Krieg im Nahen Osten Emotionen schürt und durch einseitige “Informationen” problematische Haltungen zur Folge hat, könne nur mit sachlichen Informationen begegnet werden.

Abdi Tasdögen, Inspektor für islamischen Religionsunterricht in Vorarlberg: "Die religiösen Feste anderer Konfessionen werden in unseren Lehrbüchern erklärt."  <span class="copyright">Tasdögen</span>
Abdi Tasdögen, Inspektor für islamischen Religionsunterricht in Vorarlberg: "Die religiösen Feste anderer Konfessionen werden in unseren Lehrbüchern erklärt." Tasdögen

Abdi Tasdögen, Inspektor für islamischen Religionsunterricht in Vorarlberg, weist auf den sachlichen Aufklärungsauftrag über andere Konfessionen im islamischen Religionsunterricht hin. “In unseren Lehrbüchern finden sich natürlich Kapitel mit Erklärungen der Festtage anderer Glaubensrichtungen. Jesus, genannt Isa, kommt zudem im Islam als Prophet vor, die Jungfrauengeburt von Maria als zentrales Element an Weihnachten, wird ebenfalls erwähnt.” Das Wort “haram” nehmen vielleicht unbedacht Kinder in den Mund, denen dieses Wissen fehlt”,