Werk 9: VN-Kommentar zur Ansiedlung von Blum in Niederösterreich

Eventuell ist das kurz vor Weihnachten untergegangen, aber Vorarlbergs Wirtschaftswachstum liegt bei nur 3,9 Prozent und damit deutlich unter dem Österreich-Schnitt von 4,8 Prozent. Dieses Vorarlberg, das b’sundrige Ländle, die Exportweltmeister, so industriell, mit so großem Stärke-Gefühl? Die starke Lokomotive, plötzlich ohne Zug abgehängt? Mitnichten, bemühte sich die Statistik Austria zu beschwichtigen: der Abzug einer Verrechnungsstelle eines unbekannten brasilianischen Holzkonzerns sei ein “Sondereffekt” in der Statistik. Der Umsatz dieses einen Unternehmens, über das die VN mehrfach berichteten, machte offenbar einen zweistelligen Prozentsatz der gesamten Wertschöpfung in Vorarlberg aus.
Daraus darf man schließen, dass die bisherige Wertschöpfung aufgepolstert war. Die Ansiedlung der Brasilianer von Fibria/Suzano im Lustenauer Milleniumpark vor zehn Jahren war den Statistikern jedenfalls keinen Sicherheitshinweis wert. Damals jubelten Bürgermeister und Landtagsvizepräsidentin über den Zuwachs des Wirtschaftsstandortes Vorarlberg. Das “Exportland Nummer 1” würde gestärkt.
Blum: Die Lebensversicherung für Vorarlbergs Konjunktur
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Tatsächlich ist die Lebensversicherung für die Konjunktur in Vorarlberg niemand anderer als die Firma Blum. Mit Abstand größter Arbeitgeber, Schutzpatron der Lehrlingsausbildung. Werk 1 bis 8 stehen im Vorarlberger Unterland, zusätzlich Standorte in Brasilien, Polen, China und den USA. Über 6000 Menschen beschäftigt Blum in Vorarlberg, der Lohn der eigenen Mitarbeiter und denen der Zulieferbetriebe ernährt über 10.000 Familien im Vorarlberger Unterland.
Blum Werk 9 entsteht nicht mehr in Vorarlberg, sondern am anderen Ende der Republik in Niederösterreich. Die Flächen- und Arbeitskräfteknappheit in Vorarlberg wurde ins Spiel gebracht, doch auch die Stimmung gegenüber Wirtschaftsexpansionen führte zum ersten Österreich-Werk nach erfolgtem Generationenwechsel im Unternehmen abseits von Vorarlberg. In St. Pölten heißt es: “Die Ansiedlung von Blum ist ein Meilenstein für den Wirtschaftsstandort St. Pölten und ein großer Gewinn für Niederösterreich. Denn sie ist eine eindrucksvolle Bestätigung für die Attraktivität unseres Wirtschaftsstandortes”, so die Niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.
Wirtschaftsfreundlichkeit in Vorarlberg?
Während die Vorarlberger Landesregierung sich auch in diesem Wahljahr oft genug rühmen wird, wie wirtschaftsfreundlich sie doch sei, so zeichnen die Unternehmensentscheidungen in Vorarlberg ein anderes Bild. Die Unternehmer haben die Ansiedlungs-Irrfahrt vom Ölz-Werk in Weiler und die Diskussionen rund um die schließlich nicht erfolgte Rauch-Erweiterung im Oberland nicht vergessen.
Bei einem Schwarzacher Industrieunternehmen erzählt man sich folgende Geschichte: In Vorarlberg benötigte die Firma ganze zwei Jahre, um ein beleuchtetes Firmenschild genehmigt zu bekommen. In Polen benötigte der Bau eines ganzen Werkes von der Planung bis zum Einzug ein Jahr.