„40 Prozent der Mitarbeiter sind von Gewalt am Arbeitsplatz betroffen“

Vorarlberg / 27.01.2024 • 07:00 Uhr
An vier bestimmten Tagen wird von den Arbeitsinspektionen in ganz Österreich die persönliche Schutzausrüstung kontrolliert, von der Schlosserei über den Forst bis hin zu Lärmarbeitsplätzen.
An vier bestimmten Tagen wird von den Arbeitsinspektionen in ganz Österreich die persönliche Schutzausrüstung kontrolliert, von der Schlosserei über den Forst bis hin zu Lärmarbeitsplätzen.

Die Arbeitsinspektoren in Vorarlberg nehmen heuer auch Müllfahrzeuge und Lieferdienste ins Visier.

Bregenz Kälte, Hitze, schwere Lasten, Gestank, dazu ungeduldige Autofahrer, die drängeln und das permanente Risiko, während der Fahrt von dem kleinen Trittbrett zu fallen. „Der Arbeitsvorgang des Müllsammelns und Müllentladens ist mit einigen Gefahren und Belastungen verbunden“, unterstreicht Andreas Reinalter, Leiter des Arbeitsinspektorats Vorarlberg.

Das Arbeitsinspektorat wird auch gerne als Polizei der Arbeitswelt bezeichnet. Auftrag der Behörde ist die Kontrolle der Umsetzung des Arbeitnehmerschutzes in den Betrieben, gleichzeitig ist sie beratend tätig. „Wir wollen ja, dass die Mitarbeiter gesund in die Pension gehen können“, merkt der Amtsleiter an. Im vergangenen Jahr haben die Arbeitsinspektoren in Vorarlberg laut Reinalter knapp 400 Baustellen und 1700 Betriebe besucht und waren bei diversen Gewerberechtsverhandlungen dabei.

Amtsleiter Andreas Reinalter (r.) und sein Stellvertreter Robert Seeberger.<span class="copyright"> VN/GER</span>
Amtsleiter Andreas Reinalter (r.) und sein Stellvertreter Robert Seeberger. VN/GER

Jedes Jahr werden neue regionale und österreichweite Schwerpunkte gesetzt. Im Vorjahr standen etwa Schweißrauch, Fleischwölfe und Gewalt am Arbeitsplatz im Mittelpunkt. Im Gegensatz zu Ostösterreich, wo es aufgrund der unterschiedlichen Hersteller zu vielen Unfällen mit Fleischwölfen gekommen ist, wurden in Vorarlberg keine gröberen Probleme festgestellt. Gut aufgestellt seien die Vorarlberger Firmen auch beim Thema Schweißen, sagt Andreas Reinalter. Im Zuge des Schwerpunkts wurden rund 40 Betriebe und 1800 Schweißer kontrolliert. Reinalter erläutert: „Beim Schweißen braucht man eine Absaugung, weil der Schweißrauch giftig ist. Die meisten Firmen haben diese Absaugung Gott sei Dank verwendet.“

Gewalt am Arbeitsplatz

Ein Dauerbrenner aus Sicht des Arbeitsinspektorats ist das Thema Gewalt am Arbeitsplatz. Der Schwerpunkt wird daher 2024 weitergeführt. „Es gibt Studien, die besagen, dass 40 Prozent der Mitarbeiter von dem Thema Gewalt, egal ob physisch oder psychisch, betroffen sind. Wir wollen die Arbeitgeber und die Mitarbeiter sensibilisieren und beraten, wie sie mit dem Thema Gewalt umgehen können. Die psychischen Angriffe können auch zu körperlichen Schädigungen führen, wenn sie über eine längere Zeit erfolgen. Da gehören auch unfreundliche Kunden dazu, die die Angestellten unter Stress setzen“, verdeutlicht der Amtsleiter.

Ein Unfall bei Fällarbeiten einer kleineren Esche im Jahr 2023 in der Kummenberg-Region hat Spuren am Helm hinterlassen. <span class="copyright">Pfanner Schutzbekleidung</span> 
Ein Unfall bei Fällarbeiten einer kleineren Esche im Jahr 2023 in der Kummenberg-Region hat Spuren am Helm hinterlassen. Pfanner Schutzbekleidung 

Zu einem Schwerpunkt für 2024 wurden Müllfahrzeuge bzw. die Gefahren, die von ihnen ausgehen, erklärt. Amtsleiter-Stellvertreter Robert Seeberger veranschaulicht: „Man versetze sich einmal in die Lage: Du bist am Morgen um sechs Uhr unterwegs, es hat minus sieben Grad, du stehst hinten auf dem Trittbrett, die Leute, die zur Arbeit müssen, haben es eilig, du hast eine schwere Last zu tragen, es ist ergonomisch ungünstig. Es sind eine Menge von Gefahrensituationen und Belastungen da und Dinge, die es technisch zu beachten gilt. Da wollen wir beraten und kontrollieren.“

Die Büros des Arbeitsinspektorats Vorarlberg befinden sich in der Rheinstraße 57 in Bregenz.
Die Büros des Arbeitsinspektorats Vorarlberg befinden sich in der Rheinstraße 57 in Bregenz.

Beratungsbedarf sehen die Arbeitsinspektoren auch beim Thema „Persönliche Schutzausrüstung“ (PSA). Die Arbeitsinspektoren in ganz Österreich sind in Laufe des Jahres an vier bestimmten Tagen in Betrieben und auf Baustellen unterwegs, um zu eruieren, ob die PSA richtig getragen, verwendet und gelagert wird. Andreas Reinalter zeigt das Foto eines zerbeulten Helms. „Dieser Helm hat zum Beispiel das Leben eines Forstarbeiters gerettet. Ihm ist ein Baum auf den Kopf gefallen. Ohne Helm wäre er sicher tot. Man sieht, was der Helm für eine Energie aufnehmen kann.“ Ebenfalls im Fokus der Arbeitsinspektoren: Paket- und Lieferdienste, die aufgrund der prekären Arbeitsbedingungen immer wieder in die Schlagzeilen geraten, und Essenslieferdienste. „Seit der Pandemie sind die Beschäftigungszahlen im Bereich Essenslieferdienste und auch die Unfallzahlen sehr stark gestiegen“, berichtet Andreas Reinalter.