Bodenständige Bank, abgehobene Geschäfte
Der Vorarlberger Landtag hat im Jahr 1897 die Gründung einer „Hypothekenbank des Landes Vorarlberg“ beschlossen, um die damals hoch verschuldeten bäuerlichen Betriebe im Land durch langfristige Darlehen mit erschwinglichen Zinssätzen zu sanieren.
Heute ist die Kreditvergabe an Vorarlberger Familien nahe dem Nullpunkt, das Zinsniveau, strengere Kreditvorschriften und das Platzen der Immo-Blase spielen eine Rolle. Dafür scheint die Hypo in den vergangenen Jahren erneut auf risikoreichere Geschäfte gesetzt zu haben. Unbesicherte Kredite für Immo-Projekte, für Privatpersonen ginge sich das nicht aus. Doch bei Krediten für das Kartenhaus von René Benko ist das offenbar anders. Es ist nicht der erste Skandal, der die Hypo in ihrem „Vorarlberg is too small“-Kurs einholt. 2016 musste die Bank im Rahmen der „Panama Papers“ zerknirscht zugeben, steueroptimierte Offshore-Finanzkonstrukte für eine illustre Kundschaft befeuert zu haben. Die Hypo tauchte damals in den Unterlagen mit Konten auf, die einem Vertrauten von Wladimir Putin zugerechnet werden mussten.
„Es tut not, einmal mehr zu klären, was die Hypo Vorarlberg eigentlich sein soll.“
Die Bank gehört zu 76 Prozent dem Land Vorarlberg, damit gerät auch stets in solchen Fällen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP, 56) ins Rampenlicht. 2016 musste er sich bei einer eilends einberufenen Pressekonferenz fragen lassen, was die kleine Regionalbank mit mafiösen Geschäften zu tun habe. Damals wurde versprochen, reinen Tisch zu machen: die Geschäftsbeziehungen zum Oligarchen wurden beendet, der damalige Vorstandsvorsitzende betonte, dass keines der Geschäfte illegal gewesen war, trat wenige Tage später zurück. Die Hypo hatte schon einen Reinigungsprozess durchlaufen, kam aus einer Zeit, in der sie eine Offshore-Tochter auf der Steueroasen-Insel Jersey und eine Tochterbank in Liechtenstein betrieb. All das gibt es längst nicht mehr.
Heute rutscht die Bank mit René Benko in die Bredouille. Die Hypo rechnet damit, 131,2 Millionen Euro Kredit vom gesunkenen Immobilien-Stern „Signa“ nicht mehr zurückzubekommen. Das pompöse „Chalet N“ in Lech ist dabei mit 15,7 Millionen Euro das kleinste Problem – und für die Hypo vorteilhaft besichert. Das ist bei 60 Prozent der restlichen Kredite nicht der Fall. Diese wurden Benko blanko vergeben.
Julius Bär, die renommierte Schweizer Bank, musste ebenfalls ihre 600-Millionen-Euro-Kredite an die Signa-Gruppe abschreiben. Wie viel 131 Millionen ausgefallener Signa-Kredit für die Hypo Vorarlberg im Vergleich zu den 600 Millionen bei Julius Bär sind, wird durch einen Vergleich der Bilanzsummen der beiden Banken deutlich: Die Hypo kommt auf 15 Milliarden Euro, Julius Bär, wo der Vorstand seinen Hut nehmen musste, auf 100 Milliarden.
Zudem ist die Hypo nicht irgendeine Bank, sondern zu weit überwiegenden Teilen im Besitz der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger. Deshalb ist es gerade auch in einem Wahljahr Aufgabe von Landeshauptmann Wallner, schlüssig zu erklären, wieso die Hypo Vorarlberg als Finanzierer von René Benkos Höhenflügen auftreten musste. Es tut not, einmal mehr zu klären, was die Hypo Vorarlberg eigentlich sein soll. Die bisherigen Leitlinien scheinen untauglich oder nicht befolgt worden zu sein.
Gerold Riedmann ist Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten.
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