Schwarz und weiß
Gleich drei Sprüche an einem Tag vernommen: „Also, wenn Dein Freund das nicht will, dann mach halt Schluss! So einfach ist das…“ Dann: „Mit dem Gesindel machte ich kurzen Prozess!“ Und mit der Faust auf eine Biertischplatte noch dröhnend unterstrichen: „Herrgott, ein paar Raketen und es wär’ a Ruh!“ Im Zug, am Stammtisch, im Supermarkt fallen solche Sätze und nehmen Beziehungskrisen, Kriminalität und Krieg ins Visier. Ihre Urheber verkörpern das trendige Menschenbild unserer Tage: Den nassforschen Typen, der nicht lange fackelt.
Ist das in Zeiten der Unsicherheit also oberste Bürgerpflicht? Klare Worte finden? Keinesfalls herumlavieren? Die Fähnchen im Wind werden eingerollt. Das „Sowohl, als auch“ landet auf dem Sperrmüll der Geschichte. Wo hat es uns auch hingebracht? Die ewigen Bedenkenträger, denen die Lösung nie zu kompliziert sein konnte – sie sind die wahren Totengräber unserer Gesellschaft!
Wenn das stimmt, dann hat sich die Welt über Nacht verwandelt. All ihrer Schattierungen und Zwischentöne beraubt, steht sie uns schwarzweiß vor Augen. Sie kennt nurmehr Gut und Böse, Richtig und Falsch. Eine solche Welt duldete nicht den geringsten Kompromiss. Genau das aber wäre ihr Untergang.
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