In die Parkfalle getappt: Das Kleingedruckte kostet Günther Kampl 323,86 Euro

Vorarlberg / 21.03.2024 • 11:00 Uhr
In die Parkfalle getappt: Das Kleingedruckte kostet Günther Kampl 323,86 Euro
Der Hinweis zur Besitzstörungsklage ist ohne Lupe kaum lesbar. Günter Kampl hat die Geldforderung beglichen, will aber andere vor der Parkfalle in Lauterach warnen. VN/Steurer

Böse Überraschung nach Physio-Termin: Pensionist (83) muss für Besitzstörung tief in die Tasche greifen.

Lauterach Es ist schon ein paar Monate her. Und doch ist der Ärger bei Günter Kampl bis heute nicht verflogen. “Da hat es jemand darauf angelegt, dass ich in eine Falle tappe”, mutmaßt der 83-Jährige. In eine Parkfalle. Nie habe er sich in all den Jahren seit 1958 etwas zu schulden kommen lassen. So lange fährt der frühere Verwaltungsbeamte schon Auto. In Lauterach hatte er vor einem Geschäftsgebäude, in dem auch eine Physiotherapie-Praxis und ein Hausarzt untergebracht sind, sein Auto geparkt. Wochen später flatterte eine Unterlassungsaufforderung ins Haus. Das Anwaltsschreiben sollte ihn 323,86 Euro kosten.

Parkabzocke Lauterach
Günter Kampl sagt: “Da hat es jemand darauf angelegt, dass ich in eine Falle tappe.” VN/Steurer

Ein gutes Dutzend Parkplätze, die meisten unbeschriftet und kostenfrei nutzbar, stehen Kunden und Patienten des Geschäftsgebäudes Bundesstraße 32a zur Verfügung. An zweien ist allerdings ein Firmenschild angebracht. Günter Kampl stellte sein Auto dort dennoch ab. “Ich weiß, das war nicht richtig”, sagt er heute. Die Folgen seien allerdings nicht verhältnismäßig. “Wenn ich gewusst hätte, was mir droht, hätte ich dort sicher nicht geparkt”, so Kampl weiter. Die Gestaltung des Schildes lässt jedenfalls den Schluss zu, dass dies auch gar nicht das Ziel ist.

Parkabzocke Lauterach
Keine vier Millimeter sind die Buchstaben des Schriftzuges groß, die auf dem Firmenschild auf eine Besitzstörungsklage hinweisen. VN/Steurer

“Widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge erhalten eine sofortige Besitzstörungsklage!”, steht da geschrieben. Der Haken: Die Schriftgröße ist so gewählt, dass es zum Lesen eine Lupe bräuchte. Günter Kampl zeigt auf den Parkplatz und das Schild, das ihm zum Verhängnis wurde. “Das konnte ich nicht sehen.” Keine vier Millimeter sind die Buchstaben groß, wie sich beim Lokalaugenschein herausstellte. Rasch kamen Passanten herbei, erzählten, selbst auch Opfer der Parkfalle geworden zu sein. Auch Mieter des Geschäftsgebäudes äußern ihren Unmut über die Vorgehensweise des Parkplatzbesitzers, der seit gut einem Jahr im Haus Büroflächen gemietet hat.

Parkabzocke Lauterach
Günter Kampl ist längst kein Einzelfall. Andere Mieter im Gebäude berichten von zahlreichen Kunden und Patienten, die ein Anwaltschreiben erhielen. VN/Steurer

All die Jahre habe es nie Probleme mit den Parkplätzen gegeben. “Mit der Hausgemeinschaft ist vereinbart, dass niemand Schilder anbringt”, sagt Regina Reininger, die im Haus eine Physiotherapie-Praxis betreibt. Einer halte sich nicht daran, seither würden Patienten reihenweise Anwaltsschreiben erhalten. Mittlerweile jedenfalls hängt der Haussegen schief. Mieter vermuten ein Geschäftsmodell hinter den Unterlassungsaufforderungen. Da dürfte sich jemand ein zweites Standbein aufgebaut haben, heißt es vor Ort zu den VN.

Parkplatzgeschichte
Thomas Fricke verteidigt die Vorgehensweise und bestreitet eine persönliche Bereicherung vehement. VN/Gasser

Thomas Fricke ist Inhaber der gleichnamigen Personalmanagements und Unternehmensberatung. Die kostspieligen Unterlassungsaufforderungen werden in seinem Auftrag als Mieter der Parkplätze von einer Anwaltskanzlei verschickt. Er verdiene damit keinen einzigen Euro, wolle nur, dass für seine Mitarbeiter und Kunden Parkplätze zur Verfügung stehen, widerspricht er den Mutmaßungen nach persönlicher Bereicherung vehement. “Solange ich zwei Parkplätze bezahle, will ich sie auch nutzen können”, hält er im Gespräch mit den VN fest. Das sei sein Recht. Die Schriftgröße rechtfertigt Fricke damit, dass das Schild nicht zu übersehen sei und alle Informationen dort auch draufstünden.

Judith Kastlunger
AK-Experten Judith Kastlunger rät im Zweifelsfall, einen anderen Parkplatz zu suchen. AK/Gorbach

Rechtlich dürfte das halten. Konsumentenschützern sind schon deshalb die Hände gebunden, weil es zwischen Parkplatzeigentümer und Parkenden keine Geschäftsbeziehung, also kein Vertragsverhältnis gibt. Deshalb seien Besitzstörungsklagen Angelegenheit des Zivilrechts, wie AK-Konsumentenschutzexpertin Judith Kastlunger sagt. Und zum Vorwurf der Park-Abzocke: “Es geht um die Umstände des Einzelfalls, ob da ein Geschäftsmodell zu sehen ist”, beschreibt die Juristin die allgemeine Rechtslage. Tipps hat sie dennoch. Wenn nicht klar sei, ob man parken dürfe, lieber einen anderen Parkplatz suchen, so Kastlunger. Theoretisch könne der Eigentümer auch eine Besitzstörungsklage einbringen. “Was bei Gericht herauskommt, ist oft fraglich. Das kann dann auch teuer werden”. Ein Versuch sei es jedenfalls wert, mit der Anwaltskanzlei in Kontakt zu treten und zu schauen, ob vielleicht die Kosten gesenkt werden können.

Parkplatzgeschichte
Günter Kampl hat die Forderungen beglichen und will jetzt andere warnen. VN/Gasser

Günter Kampl hat die Forderung von 323,86 Euro fristgerecht und in voller Höhe bezahlt. “Aus Schaden wird man klug. Ich bin in die Falle getappt. Jetzt möchte ich aber andere davor warnen, dass es ihnen nicht gleich geht wie mir”, so der Pensionist zerknirscht.