Eigentumsquote wieder gesunken

Wohnen: Leistbarkeit bleibt das Problem, eine Trendwende ist nicht in Sicht.
SCHWARZACH. In seinem „Österreich-Plan“ hat ÖVP-Chef, Bundeskanzler Karl Nehammer das Ziel formuliert, die Eigentumsquote auf 60 Prozent zu bringen. Sprich: So groß sollte der Anteil der Häuser und Wohnungen werden, die den Bewohnern gehören. Im vergangenen Jahr ist dieses Ziel in weitere Ferne gerückt. Vom Boden- bis zum Neusiedlersee belief sich die Quote nach einem leichten Rückgang nur noch auf 48 und in Vorarlberg auf 56 Prozent. Hier hatte sie zuletzt Mitte der 2010er-Jahre 60 Prozent betragen.
Alles in allem ist der Trend rückläufig. Nur in einzelnen Jahren gibt es Zuwächse, für eine Trendwende hat es bisher aber nicht gereicht – und zu einer solchen wird es in absehbarer Zeit auch kaum kommen, wie Experten meinen.
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Es sei „keine zu erwarten“, sagt Michael Klien vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO. Das mag überraschen: Gerade erst ist auf Bundesebene ein Maßnahmenpaket geschnürt worden, das den Zugang zu Eigentum erleichtern soll. Grundbuch- und Pfandrechtseintragungsgebühren werden gestrichen, vor allem aber wird es geförderte und damit günstigere Darlehen geben. Natürlich werde das etwas bringen, betont Klien. Unterm Strich werde es jedoch nur zu einer Annäherung an Verhältnisse kommen, wie sie bis vor zwei Jahren geherrscht hätten. Und schon damals, als die Zinsen noch nicht explodiert waren, habe sich das Thema Eigentum für viele erledigt, sei die Eigentumsquote daher längst rückläufig gewesen. Nachsatz des gebürtigen Dornbirners: „Der Wunsch nach Eigentum wäre ungebrochen groß, es scheitert aber an der Leistbarkeit.“

Und an mehr. Wolfgang Amann vom „Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen“ hat gerade einen Artikel für eine internationale Fachzeitschrift geschrieben. Darin berichtet er, dass die Eigentumsquote bei jüngeren Haushalten, die von bis 35-Jährigen geführt werden, in Vorarlberg besonders stark eingebrochen sei. Nach 38 Prozent im Jahr 2010 habe sie 2020 bereits weniger als 30 Prozent betragen.
Eine entscheidende Rolle hätten Preiserhöhungen gespielt. Amann sieht jedoch weitere Gründe: Mehr und mehr Menschen zieht es in städtische Regionen, in denen zumindest ein eigenes Haus mit Garten eher illusorisch ist. Familiengründungen und damit einhergehende Festlegungen, sich sesshaft zu machen, fallen immer später. Berücksichtigt werden muss laut Amann außerdem das Thema Migration: Ein Teil der Zuwanderer kommt von vornherein nur auf Zeit, ein anderer schier mittellos; vor allem Asylwerber. Und: Der Mieterschutz ist dem Experten zufolge so groß, dass Miete eigentumsähnliche Züge habe. In ausfinanzierten Genossenschaftswohnungen lebe man ähnlich günstig wie in ausfinanziertem Eigentum. Damit erscheint ein solches kaum noch erstrebenswert.

Warum aber bleibt es der ÖVP trotzdem so wichtig? „Für Mitte-Rechts-Parteien steht Privateigentum im Mittelpunkt ihres Gesellschaftsmodells“, sagt der Politologe Peter Filzmaier: „Linksparteien setzen vergleichsweise mehr auf Vergemeinschaftung von Eigentum.“ Außerdem habe die ÖVP ihre Hochburgen im ländlichen Raum, wo das Eigentum eine größere Rolle spiele als in den Städten: „Zugleich wissen wir aus Wahlstudien, dass die ÖVP mehrheitlich von Personen mit überdurchschnittlichem Einkommen gewählt wird, die sich Eigentum also auch eher leisten können.“