Ramadan im Klassenzimmer: “Am Ende bin ich stolz, durchgehalten zu haben”

Jugendliche erleben den Ramadan zwischen Schule und Berufsleben – ein Einblick an der Landesberufsschule Bregenz (LBS) 1, wie sie das Fasten meistern und das Thema im Religionsunterricht behandelt wird.
Bregenz Rund 745.000 Muslime leben in Österreich. Sie begehen derzeit den Ramadan – dies bedeutet für sie, tagsüber weder zu essen noch zu trinken. Auch zahlreiche Jugendliche beteiligen sich am islamischen Fastenmonat.
Einer von ihnen ist Deniz Contur. Der 17-Jährige ist Maschinenbau-Lehrling und hat schon öfter gefastet: “Es wird mit jedem Jahr leichter. Vergangenes Jahr ist es mir deutlich schwerer gefallen als dieses Jahr – und das, obwohl ich auch Schichtarbeit mache und in die Schule gehe”, gibt der Lustenauer einen Einblick. “Man gewöhnt sich mit der Zeit an den Verzicht. Am Ende des Ramadan bin ich stolz, dass ich durchgehalten habe”, sagt der Berufsschüler.

Fasten wird in allen Weltreligionen praktiziert. Dabei steht die Erfahrung, dass Verzicht auch Gewinn bedeuten kann im Vordergrund. Es erfordert Stärke und Selbstdisziplin: “Es gilt, das eigene Durchhaltevermögen auf die Probe zu stellen und die eigenen Grenzen kennenzulernen. Wenn ich die Disziplin habe, durchzuhalten, kann ich vieles schaffen”, erklärt Islamlehrer Selim Kavas, der auch Deniz Contur an der Landesberufsschule 1 in Bregenz unterrichtet. Daraus können Hochgefühle und eine innere Ausgeglichenheit entstehen, gleichzeitig wird die Wertschätzung für bewusstes Essen geschärft. “Für uns Muslime ist es eine Zeit zum Trainieren und schlechte Gewohnheiten loszuwerden.” Ebenso ist die Zeit des Ramadans guten Taten gewidmet, Mitmenschlichkeit und Versöhnung stehen im Fokus. Außerdem entrichten die Gläubigen die Zakat, eine Art Sozialabgabe, erläutert Kavas.

Vorurteile und Unwissen
Der Islamlehrer unterrichtet das Fach Religion gemeinsam mit der römisch-katholischen Pädagogin Christine Fischer-Kaizler. In einer Unterrichtsstunde, die die VN in der 3AM-Klasse besuchen, steht an diesem Tag das Thema Fasten auf dem Plan. Die Schüler, die unterschiedlichen Glaubensrichtungen angehören, setzen sich an verschiedenen Stationen mit dem Thema auseinander. “Gerade zum Ramadan sind viele Vorurteile und Unwissen im Umlauf. Dem möchten wir mit unserem Unterricht entgegentreten”, sagt Fischer-Kaizler.

„Dürft ihr denn nicht einmal Wasser trinken?“ – fastende Muslime haben diese und ähnliche Fragen höchstwahrscheinlich in ihrem Umfeld schon einmal gehört. Um aufzuklären und Missverständnissen entgegenzuwirken, legen Selim Kavas und Christine Fischer-Kaizler Wert darauf, die Praktiken und die Bedeutung des Ramadans transparent zu machen.


Leitfaden für die Schule
In Vorarlberg sind laut Statistik Austria mehr als 12 Prozent der Bevölkerung Muslime. Ein bestimmtes Alter, ab dem Gläubige fasten sollen, ist nicht festgelegt. “Die Fastenpflicht beginnt mit der geistigen und körperlichen Reife, das ist individuell unterschiedlich. Fasten soll nur, wer gesundheitlich, physisch und psychisch in der Lage ist”, sagt Kavas. Es liegt in der Verantwortung der Eltern, sorgfältig zu prüfen, ob ihr Kind bereit ist.
Für Lehrpersonen gibt es keine fixe Regelung, wie mit Ramadan im Klassenzimmer umgegangen werden soll. Die Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ) veröffentlichte diesbezüglich einen Leitfaden mit Empfehlungen.


Fastenbrechen
Dieses Jahr startete der Ramadan in Österreich am 10. März. Durch die unterschiedliche Mondsichtung kann es weltweit gesehen zu
Abweichungen kommen. “Am Ende wünscht man sich beim Fest des Fastenbrechens mit den Worten ‘eid mubarak’ ein frohes und gesegnetes Fest”, gibt Kavas einen Ausblick. In diesem Jahr endet der Ramadan am Abend des 8. April, das sogenannte Zuckerfest folgt am darauffolgenden Tag.
Ramadan
Laut Statistik Austria leben in Österreich 745.000 Menschen, die Teil der islamischen Glaubensgemeinschaft sind. Nach dem römisch-katholischen Christentum ist der Islam damit die am meisten verbreitete Religion.
Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Kalender, der als Fastenzeit für Muslime gilt. Der Beginn wird durch das Sichten der Mondsichel bestimmt und kann daher regional variieren. Das Fasten während des Ramadan zählt zu den zentralen Elementen der religiösen Praxis. Dabei wird von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang auf Essen, Trinken, Rauchen oder jegliches „schlechte“ Verhalten verzichtet – etwa das Benutzen von Schimpfworten.
