„Sie wollen raus, sie wollen hinauf“

In der Sozialarbeit mit Roma darf sich Georg Sporschill über große Erfolge freuen.
SCHWARZACH Jesuitenpater Georg Sporschill kann zufrieden sein. In der Messe, die der 77-Jährige am Samstag liest, predigt Florin, der auch „Beatbox“ genannt wird. Am Sonntag übernimmt Moise, der „König der Straßenkinder“ den Dienst. Sporschill hat die beiden einst auf dem Bahnhof der rumänischen Hauptstadt Bukarest aufgelesen, ja gerettet.
Es sind heute Männer um die 40, die Gott ewig dankbar sind, dass er ihnen den Vorarlberger geschickt hat. In ihren Predigten bringen sie ihren tiefen, aus dem Leben geschöpften Glauben immer wieder so stark zum Ausdruck, dass er feststellt: „Besser kann ich nicht predigen.“
Wo ein Wille ist, ist ein Weg
Florin und Moise gehören längst zur Familie von Sporschill und Ruth Zenkert, seiner langjährigen Mitstreiterin. Sie sind auch nach Siebenbürgen mitgezogen, wo die beiden im Jahr 2012 das Sozialprojekt „Elijah“ für Roma begonnen haben. Nicht wenige haben damals gemeint, dass das sinnlos sei. Wo ein Wille ist, da ist jedoch ein Weg. Heute ist klar, wie viel geht.

Burschen und Mädchen, die in unsagbarem Elend herangewachsen sind, spielen in einem Symphonieorchester. Etwas Ältere haben es bereits an eine höhere Schule oder an die Uni in der nahegelegenen Bezirkshauptstadt Sibiu (Hermannstadt) geschafft. Sie leben in einem Heim oder selbstständig in einer Wohngemeinschaft: „Ich staune und freue mich, wie alles wächst“, sagt Sporschill.

Das Geheimnis? „Unser eigentliches und ganz praktisches Ziel ist, dass die Kinder in die Schule gehen. Es gibt zwar theoretisch eine Schulpflicht. Um aber in die Schule gehen zu können, muss man sich waschen, ein Zuhause mit einem Tisch und jemandem haben, der einen bei den Hausaufgaben begleitet“, so der Russ-Preisträger: „Das haben sie hier alles nicht.“
Im schlimmsten Fall wohnen sie in einer windschiefen, feuchten Hütte mit einem Zimmer. Keine zehn Quadratmeter, mit vielen Geschwistern, einer Mutter und einem Vater. Sofern dieser nicht fort ist.

„Elijah“ führt lichtdurchflutete Zentren, in denen die Kinder ihre Aufgaben machen können. „Die Eltern müssen wir halt gewinnen dafür“, erklärt Sporschill: „Das sind alles Analphabeten, die überzeugt werden müssen. Ihr Plan ist ursprünglich ein ganz anderer: Kinder gelten als Lebensversicherung. Mädchen werden mit 12, 13 verheiratet, Burschen gehen Schafe hüten oder betteln, damit Geld hereinkommt.“

Es gibt jedoch einen Hebel: „Alle Familien wollen etwas von uns, und wir stellen immer die Bedingung, dass die Kinder die Erlaubnis bekommen, in die Schule zu gehen“, führt Sporschill aus. Durch diese Erlaubnis seien bereits über 100 Familien mit Hilfe von „Elijah“ zu einem neuen Haus gekommen.
“Man nennt mich jetzt Opa”
Sporschill wird im Juli 78 Jahre alt und sieht sich wieder bei seinen Wurzeln. Das ist in Bezug auf seine Berufung gemeint: Er lebt weiterhin in einer Gemeinschaft vor Ort, ist regelmäßig in den Siedlungen der Roma, sie feiern ihn, er strahlt. „Mir geht es gut“, sagt er. Man nenne ihn jetzt Opa. Das bedeute auch, dass seine Nachfolger Verantwortung übernommen haben. Er selbst müsse sich nicht mehr um das Administrative kümmern, könne wieder ganz Seelsorger und Sozialarbeiter sein.

Vieles sei gelungen, meint der gebürtige Feldkircher und bezeichnet das Schüler- und Studierendenheim in Sibiu als „die Blüte des Projekts“: Bewohnt von Roma, die schiere Hoffnungslosigkeit ebenso überwinden wie unerträgliche Armut. „Darauf sind wir stolz“, gesteht der Jesuit abschließend: „Es macht Mut, man sieht, dass sie raus, dass sie hinauf wollen.
Spendenmöglichkeit: Elijah – Pater Georg Sporschill SJ. Soziale Werke, BTV, IBAN: AT66 1630 0001 3019 8724