ÖBB-Mail erzürnt Bürgermeister: “Werden uns das nicht gefallen lassen”

Vorarlberg / 26.03.2024 • 18:01 Uhr
ÖBB-Mail erzürnt Bürgermeister: "Werden uns das nicht gefallen lassen"

ÖBB halten sich Option für oberirdischen Bahnausbau am See offen. “Das wird sich mit uns nicht spielen”, so die Bürgermeister Frank Matt (Lochau) und Michael Ritsch (Bregenz).

Bregenz, Lochau Es herrscht dicke Luft. Eine E-Mail der ÖBB an einen kleinen Verteiler im Landhaus schlägt hohe Wellen. Weil in der Variantenbeschreibung für den Haltestellen-Ausbau Bregenz-Hafen die Option eines späteren oberirdischen Bahnausbaus entlang des Sees in Richtung Lochau hervorgehoben wird, gehen die betroffenen Bürgermeister auf die Barrikaden. “Ich sehe das als klare Kampfansage gegen Lochauer Interessen”, empört sich Bürgermeister Frank Matt (Grüne). Sein Bregenzer Amtskollege Michael Ritsch (SPÖ) spricht von einer inakzeptablen Vorgehensweise. “Wir Bürgermeister werden das sicherlich nicht akzeptieren.”

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Stein des Anstoßes ist eine interne E-Mail, über die die VN gestern berichteten. Die jüngste Variante zum Ausbau der Haltestelle Bregenz-Hafen sieht demnach eine vorteilhafte Lösung vor, die “aufwärtskompatibel, sprich einem weiteren zweigleisigen Ausbau Richtung Lochau nicht im Weg” stehe, wie es dazu wörtlich im öffentlich gewordenen internen Schriftverkehr heißt. Die Formulierung in dieser Klarheit sei schockierend, so der Bregenzer Bürgermeister. “Es gibt einen einstimmigen Landtagsbeschluss für eine Unterflurlösung”. Und die ÖBB würden einfach munter weiter oberirdisch planen, ärgert sich Ritsch.

Unterflurtrasse Bahnausbau Lochau Bahn Ausbau Schienen
Lochaus Bürgermeister Frank Matt ist “sauer”. “Ich sehe das als klare Kampfansage gegen Lochauer Interessen”. VN/Paulitsch

Er sei erstaunt, aber keineswegs überrascht, räumt Lochaus Bürgermeister Frank Matt ein. “Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass der Schulterschluss zwischen den Gemeinden und dem Land sowie die überparteilichen Vereinbarungen auf keinem festen Fundament stehen”. Wer bisher geglaubt habe, es gehe schon alles in die richtige Richtung, müsse jetzt aufwachen. Ohne entsprechendes Engagement gehe nichts. In die gleiche Kerbe schlägt Bürgermeister Ritsch, der schon länger davor gewarnt hatte, dass mit dem Haltestellen-Ausbau der zweigleisige Ausbau der Strecke von Bregenz nach Lochau vorangetrieben werden könnte. “Weder ich noch die Bevölkerung werden das akzeptieren”.

<p class="caption">Ritsch musste vor einigen Jahren selbst von der Politik in den Krankenstand.<span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="marker">VN</span></p>
Der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch macht klar, dass die Bürgermeister der Anrainergemeinden das nicht akzeptieren werden. VN

Die ÖBB verteidigen auf VN-Anfrage den Inhalt der jetzt öffentlich gewordenen E-Mail und verweisen auf das Zielnetz 2040 der Bahn, das mit dem Modul “Rheintal” den mehrgleisigen Ausbau festhält. In einem ausführlichen Statement heißt es: “Die aus dem Zielnetz potenziell abzuleitenden Maßnahmen werden ergebnisoffen in den kommenden Projektphasen weiterentwickelt. Bei den Planungen für die Haltestelle Bregenz-Hafen ist daher keine der in Betracht kommenden Varianten zu verunmöglichen.” Im Sinne einer wirtschaftlichen und weitsichtigen Projektentwicklung gelte es, das Vorhaben “aufwärtskompatibel” zu planen, hält die Bahn alle Optionen, auch einen oberirdischen Bahnausbau, offen.

ÖBB-Mail erzürnt Bürgermeister: "Werden uns das nicht gefallen lassen"

Die Ausbaupläne der Haltestelle selbst hätten keinen Zusammenhang mit dem mehrgleisigen Ausbau im Rheintal, heißt es dazu weiter. Sie seien für die neuen, längeren Zuggarnituren notwendig. Erste Skizzen wurden gestern in den VN veröffentlicht und sorgen beim Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch für Unmut. Eine geplante Pkw/Lkw-Zufahrt würde große Teile einer beliebten Liegewiese für Badegäste zerstören. “Das werden wir so nicht zulassen”, kündigt Ritsch Widerstand an.

Haltestelle Hafen Bregenz
Teile dieser Liegewiese müssten beim Haltestellen-Ausbau einer Lkw/Pkw-Zufahrt weichen. VN/Gasser

Während die Haltestelle eine Baustelle der Stadtpolitik bleiben dürfte, geht es beim Bahnausbau im Unteren Rheintal um überregionale Interessen. Es sei auch der Landeshauptmann aufgerufen, zu den Entwicklungen klar Stellung zu nehmen: “Damit wir wissen, wo die Landesregierung tatsächlich steht”, so der Lochauer Bürgermeister Frank Matt. Politisch beschäftigt das Thema längst auch die Landespolitik. “Die Führungsschwäche der Landesregierung in dieser zentralen Frage der Infrastrukturentwicklung wird zunehmend zum Hemmschuh für die Zukunft Vorarlbergs”, befindet etwa SPÖ-Vorarlberg-Chef Mario Leiter in einer Aussendung.

Stellungnahme der ÖBB in voller Länge

Beim Zielnetz 2040 befinden wir uns aktuell in der Konsultationsphase und der Fachentwurf wurde auf der Website des BMK veröffentlicht. Die nächsten Monate können noch Konkretisierungen bringen. Das gilt für das Modul „Rheintal“ genauso wie für andere österreichweite Module aus dem Zielnetz.

Die aus dem Zielnetz potenziell abzuleitenden Maßnahmen werden ergebnisoffen in den kommenden Projektphasen weiterentwickelt. Bei den Planungen für die Haltestelle Bregenz-Hafen ist daher keine der in Betracht kommenden Varianten zu verunmöglichen. In Sinne einer wirtschaftlichen und weitsichtigen Projektentwicklung gilt es, das Vorhaben „aufwärtskompartibel“ zu planen. Damit bleibt eine Harmonisierung mit zukünftigen Vorgaben aus dem Zielnetz 2040 möglich.

Die ÖBB haben im Jahr 2023 verschiedene Varianten zum Umbau der Haltestelle Bregenz-Hafen untersucht. Hauptziele dieser Betrachtung war bzw. ist insbesondere, die Bahnsteige der Haltestelle Bregenz Hafen so zu verlängern, dass die neuen längeren Nahverkehrsgarnituren Desiro ML auch in Doppeltraktion geführt werden können. Zu berücksichtigen dabei ist auch, dass für die betreffenden Garnituren die Möglichkeit zum Wenden, Teilen und Vereinigen am Stutzgleis möglich ist.

Im Zielnetz mit dem Zeithorizont 2040 ist im Modul “Rheintal” der mehrgleisige Ausbau enthalten, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Beim Zielnetz 2040 handelt es sich um grobe Konzepte, welche in einer späteren Phase im Anschluss an Konsultation und Bestätigung unter Einbindung aller Stakeholder konkretisiert werden müssen. Eine Beschlussfassung des Zielnetz 2040 wird im Laufe des Jahres 2024 angestrebt.

Die Ausbaupläne für Bregenz-Hafen haben keinen Zusammenhang mit dem mehrgleisigen Ausbau im Rheintal, sondern sind lediglich für die operative Betriebsführung (sprich Wende) der neuen und längeren Nahverkehrsgarnituren notwendig.