Ein Brotbackautomat trieb Raimund Saurer die Schweißperlen auf die Stirn

Vorarlberg / 27.03.2024 • 15:00 Uhr
Reparatur-Café in Dornbirn; Reparaturcafè Dornbirn
Lucian Kellner (r.) brachte seinen defekten Brotbackautomaten ins Reparaturcafé. Raimund Saurer ging dem Defekt auf den Grund. VN/Gunz

Im Dornbirner Reparaturcafé packen ehrenamtliche Helfer wie Raimund Saurer tatkräftig an, um unter dem Motto „Reparieren statt wegwerfen“ Elektronik und Textilien zu retten und damit einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten.

Dornbirn Eine störrische Schraube eines Brotbackautomaten bringt Raimund Saurer ins Schwitzen. Seit bald drei Jahren repariert der Pensionist ehrenamtlich im Reparaturcafé in Dornbirn. Jeden dritten Mittwochabend im Monat gehen elektronische Geräte wie Mixer, Staubsauger, Haushaltsgeräte, CD-Player, Radios und eben dieser Brotbackautomat durch seine fachkundigen Hände. Saurer ist gelernter Radio- und Fernsehtechniker, hat viel Jahre als Multimediatechniker gearbeitet und selbst eine Werkstatt mit zwölf Mitarbeitern geleitet.

Reparatur-Café in Dornbirn; Reparaturcafè Dornbirn
Raimund Saurer arbeitet sich beim Brotbackautomaten durch die Schichten.

Gebracht hat den Brotbackautomaten Lucian Kellner, weil “die Heizung nicht mehr geht”. Auf das Reparaturcafé, das am Campus V bei der Digitalen Initiative zu Gast ist, ist der Dornbirner im Internet gestoßen. “Ich bin da, weil ich das Gerät ohne Reparaturversuch nicht wegwerfen will. Vielleicht kann ich damit ja weiterhin Walnussbrot backen?”

Reparatur-Café in Dornbirn; Reparaturcafè Dornbirn
Wie entwickelt man möglichst viel Kraft, um eine Schraube zu lösen?

Da sich die Schraube immer noch gegen das Lösen wehrt, holt sich Raimund Saurer Unterstützung. Gemeinsam mit Reparateur Roland Flatz werden die beiden der Schraube Herr. Als sie eine Schicht tiefer in das Gerät eindringen ist zu hören: “Aha, der FI-Schalter.” Dann repariert Raimund Saurer weiter, während Lucian Kellner mit Neugier die Handgriffe verfolgt. An weiteren Tischen wird eine verbogene Metallverstrebung eines Regenschirms in seine ursprüngliche Form gebracht und die Sicherung einer beheizbaren Sitzauflage kontrolliert.

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Mit vereinten Kräften gelang es Roland Flatz und Raimund Saurer die störrische Schraube zu lösen.
Reparatur-Café in Dornbirn; Reparaturcafè Dornbirn
Ein verbogener Schirm wurde repariert und in seine ursprüngliche Form gebracht.

Eine Halle nebenan bieten Angelika Hilbe, Anita Spiegel und Juliane Alton ebenfalls ihre Hilfe an. Sie kümmern sich um die Nähsachen. Hier werden Hosen und Röcke gekürzt, Löcher gestopft oder ausgerissene Nähte erneuert. Auch auf Nähmaschinen, die nicht mehr funktionieren, werfen sie einen Blick. Oftmals seien es Kleinigkeiten, die die Nähmaschine wieder zum Laufen bringen. “Vielen Nähmaschinen fehlt einfach etwas Maschinenöl oder in einem Erbstück wurde der Faden falsch eingefädelt”, erklärt Angelika Hilbe als sie gerade mit Nadel und Faden eine Naht an einem T-Shirt erneuert. Merklich sei, dass junge Menschen wieder mit dem Nähen anfangen. “Hat jemand Interesse daran, geben wir unser Wissen gerne weiter”, verrät Anita Spiegel.

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Anita Spiegel (l.) und Angelika Hilbe kümmern sich um die Nähsachen.

Neben diesem T-Shirt hat eine junge Dornbirnerin noch mehrere Kleidungsstücke mitgebracht. “Ich kann meine Kleidung leider nicht selbst flicken, finde aber die Idee, ,Reparieren statt wegwerfen’ super”, erklärt sie. Das Reparaturcafé kennt sie schon seit einiger Zeit. “Beim ersten Mal bin ich mit einem Haartrockner vorbeigekommen. Dieser wurde erfolgreich repariert und läuft übrigens heute noch”, erinnert sich die Dornbirnerin zurück.

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Angelika Hilbe stopft ein Loch in einem T-Shirt.

„Reparieren statt wegwerfen“ – dieses Motto haben sich 2023 im Dornbirner Reparaturcafé 101 Frauen und 60 Männer zu Herzen genommen. “Insgesamt hat der Verein 163 Reparaturen durchgeführt. Das sind etwa 14 pro Monat. 67 Prozent der Geräte und Textilien konnten wir reparieren”, zählt Juliane Alton aus dem Vorstandsteam auf. Wichtig ist dem Verein, dass er keine Konkurrenz für professionelle Änderungsschneidereien und Reparaturwerkstätten sein will, keine Gewährleistung für die spätere Funktionstüchtigkeit und auch keine Haftung für Schäden übernimmt. “Wenn es kompliziert wird, empfehlen wir die Reparatur in einer Fachwerkstätte, diese lösen auch den Reparaturbonus ein”, so Alton.

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Mit der Nähmaschine werden Hosen und Röcke gekürzt.

Das Reparaturcafé besteht seit 2019 und ist ein Vorreiter in Vermeidung von Abfall und den sparsamen Umgang mit Ressourcen. Damit ist es der EU voraus. Ein seit Langem gefordertes “Recht auf Reparatur” hat Anfang Februar 2024 die entscheidende Hürde genommen. Unterhändlerinnen und Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten haben sich auf neue EU-Vorgaben geeinigt: Es werde erstmals ein Rechtsanspruch auf Reparatur bei sogenannter weißer Ware – darunter fallen vor allem Haushaltsgeräte – und typischen Alltagsprodukten wie Smartphones eingeführt.

Infos zum Reparaturcafé Dornbirn unter: https://reparaturcafedornbirn.at/

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Juliane Alton unterstützt ebenfalls das Nähteam.
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Juliane Mattern vom Vereinsvorstand öffnet jeden dritten Mittwoch im Monat das Reparaturcafé am Dornbirner Campus V.