Im Englischen Kindergarten muss mehr Deutsch gesprochen werden: “Es soll so bleiben, wie es ist”

Vorarlberg / 10.04.2024 • 11:30 Uhr
Englischer Kindergarten in Bregenz: Kindergartenleiterin Mathilde Kostal und Mütter beschweren sich über geplante Änderung, dass mehr Deutsch gesprochen werden soll.
Michelle Yan mit Töchterchen Noelle – wie andere Mütter hofft sie, dass das Englischangebot im Kindergarten bestehen bleibt. VN/Paulitsch

Im Englischen Kindergarten in Bregenz wird der bilinguale Ansatz gefördert – doch die pädagogische Aufsicht fordert einen stärkeren Fokus auf Deutsch. Die Einrichtung und die Eltern von Kindern möchten am bisherigen Konzept festhalten.

Bregenz Noelle geht gerne in den Kindergarten. Die Dreijährige besucht den Englischen Kindergarten in Bregenz. Dieser wird ebenso wie die Englische Kleinkindbetreuung seit 1993 im Bildungscampus Marianum geführt. Das mehrsprachige elementarpädagogische Angebot stößt bei vielen Eltern auf großes Interesse. Auch für Noelles Mama Michelle Yan liegen die Vorteile klar auf der Hand: “Englisch ist die wichtigste Sprache, um sich international verständigen zu können. Mein Mann ging selbst in den Englischen Kindergarten. Wir sind beide mehrsprachig aufgewachsen und sprechen jeweils fünf Sprachen. Für uns war daher klar, dass unsere Tochter in diesen Kindergarten gehen soll”, sagt Yan.

Im Englischen Kindergarten muss mehr Deutsch gesprochen werden: "Es soll so bleiben, wie es ist"
Den Englischen Kindergarten und die Englische Spielgruppe in Bregenz gibt es seit 30 Jahren. VN/Haller

In dem Kindergarten wird Englisch als Zweitsprache in den Alltag der Kinder integriert: “Die Kinder lernen im Alltag auf spielerische Weise Englisch, ohne dass sie es merken. Sie werden Englisch angesprochen und können – wenn sie Lust haben – auf Englisch antworten”, umreißt Mathilde Kostal das Konzept des bilingualen Kindergartens, den sie gegründet hat. In beiden Gruppen sind neben den zwei Pädagoginnen auch zwei Native Speaker anwesend. Untereinander sprechen die Kinder hauptsächlich Deutsch, wie auch der VN-Lokalaugenschein zeigt. “Unsere Priorität ist, die Kinder sowohl in ihrer Muttersprache als auch in der englischen Sprache zu fördern, um ihnen die besten Startchancen für ihre Zukunft zu geben”, bekräftigt die leitende Kindergartenpädagogin Corinna Schneider.

Englischer Kindergarten in Bregenz: Kindergartenleiterin Mathilde Kostal und Mütter beschweren sich über geplante Änderung, dass mehr Deutsch gesprochen werden soll.
Mathilde Kostal und Corinna Schneider verteidigen den bilingualen Ansatz. VN/Paulitsch

Geht es nach der Aufsichtsbehörde, soll im Englischen Kindergarten allerdings mehr Deutsch gesprochen werden, da die Förderung der Amts- und Bildungssprache nicht ausreichend im pädagogischen Konzept berücksichtigt werde. Für Kostal und Schneider unverständlich: “Die Kinder hier sprechen mindestens 80 Prozent Deutsch. Mögliche sprachliche Fehler im Deutschen werden beobachtet und klargestellt”, sagt Schneider.

Englischer Kindergarten in Bregenz: Kindergartenleiterin Mathilde Kostal und Mütter beschweren sich über geplante Änderung, dass mehr Deutsch gesprochen werden soll.
Mathilde Kostal gründete den Kindergarten vor 30 Jahren. VN/Paulitsch

“Man kann überhaupt nicht sagen, dass Deutsch zu kurz käme. Wir müssen aber darauf achten, dass auch das Englisch nicht verloren geht, sonst ist das Konzept unseres bilingualen Ansatzes gefährdet”, fügt Kostal hinzu. Die Einrichtung, die als einziger englischer Kindergarten in der Region eine besondere Rolle innehat, möchte an ihrem Konzept festhalten.

Englischer Kindergarten in Bregenz: Kindergartenleiterin Mathilde Kostal und Mütter beschweren sich über geplante Änderung, dass mehr Deutsch gesprochen werden soll.
Leo, Julian und Noelle (v. l.) besuchen gerne den bilingualen Kindergarten. VN/Paulitsch

Fremdsprachige Kindergärten waren bundesweit 2018 ein Thema, als der türkische Moscheedachverband ATIB einen Kindergarten in Wien betrieb, in dem Türkisch einen hohen Stellenwert hatte. Seitdem wurde Deutsch als Bildungssprache vorgegeben, Kinderbetreuungseinrichtungen mit Fremdsprachenfokus müssen seitdem zumindest bilingual auch Deutsch als Arbeitssprache bei den Kindern fördern.

Das Bildungsministerium steht bilingualen Kindergärten, die neben der Erstsprache Deutsch Fremdsprachen wie Englisch einsetzen, positiv gegenüber – sofern die Vermittlung der Sprachkompetenzen qualitätvoll erfolgt. “Die Förderung von Kindern mit mangelnden Kenntnissen der Bildungssprache Deutsch soll von Beginn des Besuches einer elementarpädagogischen Einrichtung, insbesondere in den letzten beiden Jahren vor Beginn der Schulpflicht, gezielt und individuell erfolgen, sodass diese zum Eintritt in die Schule die notwendigen sprachlichen Kompetenzen möglichst beherrschen”, heißt es auf VN-Anfrage. Auch das Land Vorarlberg begrüßt das Angebot mit einem Fokus auf der Förderung der Mehrsprachigkeit in einer bilingualen Einrichtung, heißt es auf VN-Anfrage aus dem Büro von der zuständigen Landesrätin Barbara Schöbi-Fink. Laut Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (KBBG) ist die Deutschförderung verpflichtend. Die Sprachförderung soll durchgängig erfolgen, wobei in bilingualen Einrichtungen sowohl die Zweitsprache als auch Deutsch gefördert werden; mit einem Fokus auf Deutsch, heißt es weiter. Das Personal müsse zudem ausreichende Deutschkenntnisse haben.

“Wäre schön, wenn es so bleiben könnte wie bisher”

Die Mamas der Kinder im Englischen Kindergarten hoffen jedenfalls, dass zukünftig wie bisher gleich viel Englisch in dem Kindergarten gesprochen wird – schließlich haben sie sich deswegen für diese Einrichtung entschieden. Natalie Simma sieht im bilingualen Kindergarten einen unschätzbaren Vorteil für die Zukunft ihres Sohnes Leo und für seine Spielkameraden: “Für sie ist es ein enormer Benefit. Gerade in jungen Jahren saugen sie das Wissen auf wie ein Schwamm und tun sich später in der Schule auch leichter. Es wäre schön, wenn es so bleiben könnte wie bisher.”

Englischer Kindergarten in Bregenz: Kindergartenleiterin Mathilde Kostal und Mütter beschweren sich über geplante Änderung, dass mehr Deutsch gesprochen werden soll.
Natalie Simma sieht im bilingualen Kindergarten einen unschätzbaren Vorteil für die Zukunft ihres Sohnes Leo. VN/Paulitsch

Ähnlich sieht es Judith Zech, deren Sohn Julian (4) ebenfalls den Englischen Kindergarten besucht: “Die Kinder lernen die Sprache in einem Alter, in dem sie noch unbefangen sind. Untereinander sprechen die Kinder ohnehin Deutsch. Und das leidet nicht.”

Englischer Kindergarten in Bregenz: Kindergartenleiterin Mathilde Kostal und Mütter beschweren sich über geplante Änderung, dass mehr Deutsch gesprochen werden soll.
Judith Zech mit Sohn Gabriel (13 Monate) schätzt den bilingualen Ansatz. VN/Paulitsch