“Menschen zu mögen ist Grundvoraussetzung für eine gute Führung”

Im zehnten Teil der VN-Serie Glücksimpulse spricht Psychotherapeut Bertram Strolz über positive Führung und wie es Unternehmen gelingt, durch empathische Führungsstile nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern, sondern auch herausragende Leistungen zu fördern.
Bregenz Mitarbeiter verlassen keine Unternehmen, sondern ihre Chefs, heißt es. Laut dem Gallup-Meinungsforschungsinstitut zählt „poor management“, also eine schlechte Unternehmensführung, zu einem der Hauptkündigungsgründe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. In Zeiten des oft zitierten Fachtkräftemangels eine besonders relevante Erkenntnis. Psychotherapeut Bertram Strolz spricht im zehnten und letzten Teil der VN-Serie Glücksimpulse mit VN-Moderatorin Mirijam Haller über positive Führung und wie diese helfen kann, Unzufriedenheit in Unternehmen vorzubeugen. Dieser Führungsansatz will durch systematische Konzentration auf menschliche Stärken herausragende Resultate erreichen. Der Fokus liegt außerdem auf der Mitarbeiterzufriedenheit.
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Doch was macht eine gute Führungsperson überhaupt aus? Nach Ansicht von Bertram Strolz ist eine gute Führungskraft in erster Linie ein guter Mensch: „Für mich ist Führung das Dienen der Menschlichkeit. Wenn ich das liebe, was ich tue, und vor allem Menschen mag, ist das die Grundvoraussetzung für eine gute Führung.” Ähnlich drückt dies etwa auch der deutsche Unternehmensberater, Philosoph und Jesuit Rupert Lay aus: “Die Qualität einer Führungskraft bemisst sich demnach, ob Menschen in der Zusammenarbeit mit ihr kleiner oder größer werden.”

Die Perspektive der positiven Führung markiert einen Paradigmenwechsel in der Unternehmensführung: Waren in den vergangenen Jahrzehnten vor allem autoritäre Führungskräfte gefordert, sind heute zunehmend Fähigkeiten wie Empathie und emotionale Intelligenz beim Führungsstil gefragt. Strolz beschreibt, wie in vergangenen Zeiten Emotionen im beruflichen Kontext oft unterdrückt wurden – eine Praxis, die heutzutage als nahezu unmöglich angesehen wird: „Emotionen sind unsere Handlungsgrundlage. Ich bin davon überzeugt, dass jetzt die Epoche der Emotionen kommt.” Dabei sei es wichtig, Emotionen nicht nur zu zeigen, sondern auch gemeinsam über diese zu sprechen.
Intrinsische Motivation
Der kürzlich verstorbene Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman sah im Glücksniveau eines Landes einen wichtigen Produktivitätsfaktor. Nicht der
Erfolg einer Volkswirtschaft macht ihre Mitglieder glücklich, sondern umgekehrt: Glückliche Menschen sind bessere Arbeiter, Angestellte, Unternehmer. Bertram Strolz betont, dass materielle Sicherheit die Grundlage sei. Prämiensysteme würden aber schnell zur Gewohnheit werden und somit ihre motivierende Wirkung verlieren. Die Motivation sollte allerdings nicht ausschließlich auf materiellen Anreizen basieren: “Viel entscheidender ist die intrinsische Motivation, also aus eigenem Antrieb heraus zu handeln. Sinnstiftung und der Beitrag zum Gemeinwohl stellen wesentliche Elemente dar, die nachhaltig zur Mitarbeitermotivation beitragen”, erklärt Strolz.

Positive Führung ist nicht nur nett sein
Bertram Strolz hebt in Glücksimpulse hervor, dass die Schaffung von Arbeitsbedingungen, die das Wohlbefinden steigern, vor allem auf der Beziehungsebene ansetzt. Denn wer sich in einer bestimmten Umgebung wohlfühlt und gute Beziehungen aufbauen kann, kann auch seine Stärken entfalten. In Unternehmen und Organisationen sollten daher Aspekte wie Wertschätzung, transparente Kommunikation, eine Fehlerkultur und Entwicklungsmöglichkeiten wichtige Faktoren sein. Gerade bei der steigenden Wechselbereitschaft jüngerer Generationen, die eher bereit sind, eine Stelle zu verlassen, wenn Arbeitsbedingungen oder Unternehmenskultur nicht ihren Erwartungen entsprechen, spielt diese Erkenntnis eine Rolle. Dabei bedeutet positive Führung nicht immer nur nett zu sein: Unangebrachtes Verhalten oder unzufriedenstellende Ergebnisse müssen angesprochen werden. Jedoch sind solche Interventionen erfolgreicher, wenn sie auf einer stabilen Beziehung beruhen.
Alle Folgen der VN-Serie Glücksimpulse gibt es unter https://www.vol.at/specials/gluecksimpulse. Als Podcast sind alle zehn Teile außerdem auf Spotify verfügbar.

Praktische Übung für den Alltag: Täglicher Erfolgsblick
Als positive Führungskraft können Sie nicht nur Ihre eigene Denkweise positiv gestalten, sondern auch Ihr Team motivieren und begeistern. Nutzen Sie im Arbeitsalltag positive Interventionen: Darunter fallen Übungen wie “Three Blessings” oder “Acts of Kindness”. Schaffen Sie Rahmenbedingungen, damit sich Ihre Mitarbeiter wohlfühlen und Beziehungen gelingen.
Nehmen Sie sich zum Beispiel regelmäßig einige Minuten Zeit, um über die Stärken und jüngsten Erfolge Ihrer Teammitglieder nachzudenken. Überlegen Sie, welche spezifischen Fähigkeiten oder positiven Eigenschaften jeder Mitarbeiter in der vergangenen Woche gezeigt hat. Denken Sie dabei an Situationen, in denen diese Stärken besonders zum Tragen kamen.
Teilen Sie diese Erkenntnisse mit Ihren Mitarbeitern. Dies fördert nicht nur das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeiter, sondern auch deren Bereitschaft, sich weiterhin engagiert und kreativ einzubringen. Diese Übung hilft Ihnen, eine Kultur der Wertschätzung zu etablieren, die sich positiv auf die Moral und die Produktivität des Teams auswirken kann.