Ein Sittenbild

VN-Redakteur Klaus Hämmerle über die Causa Thoma.
Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft steht: Der ÖVP-Kultursprecher Christoph Thoma hat im strafrechtlichen Sinn Lehrerinnen und Lehrern am BG Bludenz weder gedroht, noch sie genötigt, noch Machtmissbrauch betrieben.
Das musste er auch nicht. Es reichten Handlungen abseits strafbarer Tatbestände aus, um einer Deutschlehrerin zwei Jahre lang das Leben schwer zu machen, andere Lehrpersonen durch permanente Interventionen in zum Teil unangemessener Form zu diskreditieren, eine ganze Schule in belastender Aufregung zu halten. Die Schilderungen der Deutschlehrerin im VN-Interview sind dafür ein glaubwürdiger Beleg.
Laut Selbsteinschätzung hat Thoma auch im Nachhinein nicht den geringsten Fehler gemacht. All seine als herabwürdigend empfundenen Telefonate, sein unbeherrschtes Auftreten bei Gesprächen, seine Einmischung in Unterrichtsinhalte – für ihn war das alles okay. Er tat das ja alles als guter Vater für seine Kinder. Kein Wort des Bedauerns, nicht ein Spurenelement von Selbstkritik.
Im Selbstmitleid versinkend, verweist Thoma darauf, wie sehr seine Familie durch die anonyme Anzeige gelitten habe. Das hat sie sicher, vor allem die Kinder. Auch dass diese Anzeige womöglich politisch motiviert ist und vom Zeitpunkt her genau getimt war, mag nicht von der Hand zu weisen sein. Nur, dass er an diesem Umstand die Hauptschuld trägt, dass durch sein Auftreten auch andere Menschen mit ihren Familien über lange Zeit gelitten haben, ist für den Wirtschaftsbunddirektor offensichtlich keinen Gedanken wert.
Nach dem klassischen Muster der Täter-Opfer-Umkehr spielt der ÖVP-Kultursprecher nun seine Opfer-Rolle. Von geradezu verstörender Dreistigkeit wirkt seine Forderung nach Schutzmaßnahmen für Leute wie ihn, die ja so hilflos den bösen Menschen und Mächten ausgeliefert sind.
Dass der ehemals hoch angesehene AHS-Lehrer und jetzige ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück sich kritiklos dem Wehklagen anschließt, vervollständigt ein bedenkliches Sittenbild.