Mitarbeiter schlagen in Lecher “Zipfelbob-Affäre” zurück

Nach öffentlichen Veruntreuungsanschuldigungen setzen sich Mitarbeiter der Bergbahnen Lech-Oberlech zur Wehr. Sie wollen im Wissen des Unternehmens gehandelt haben.
Lech Die Vorwürfe wiegen schwer. Am Dienstag hatte die Bergbahn Lech-Oberlech GmbH. in einer Medieninformation schwere Anschuldigungen gegen zwölf ehemalige und aktuelle Mitarbeiter erhoben. Ihnen wurde öffentlichkeitswirksam vorgeworfen, über Jahre Erlöse aus der Vermietung von “Zipfelbobs” veruntreut zu haben. Ein kolportierter Schaden von 370.000 Euro solle entstanden sein, Finanzamt und Staatsanwaltschaft seien informiert. Die Geschichte schlug hohe Wellen und machte österreichweit Schlagzeilen. Jetzt schlagen die Mitarbeiter zurück, erheben ihrerseits schwere Vorwürfe gegen das Management der Liftgesellschaft.

In Lech brodelt es einmal mehr. Seit Wochen kursieren E-Mails mit dem Betreff “Zipfelbob-Affäre”. Adressaten waren unter anderem Gesellschafter der Bergbahn Lech-Oberlech, die sich später auch zu einer außerordentlichen Generalversammlung treffen sollten. In der Affäre tätig wurden eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei sowie eine Rechtsanwaltskanzlei. Schließlich wollte der neue Geschäftsführer der Liftgesellschaft, Necip Lucian, die langjährige Malversation seiner Bahn-Mitarbeiter aufgedeckt haben. Das lässt sich im Wortlaut der Presseaussendung entnehmen. Indes kein Wort der Unschuldsvermutung.

Die Betroffenen wollen unterdessen – ebenfalls in einer öffentlichen Erklärung – ihre Unschuld beteuern. Eine entsprechende Presseaussendung ist laut VN-Informationen in Vorbereitung. Darin ist unter anderem von “ungerechtfertigten Anschuldigungen, die auf das Schärfste zurückgewiesen werden”, die Rede. Mehr noch: Den Mitarbeitern sei es bereits seit den 1980er-Jahren seitens des Managements der Bahn ausdrücklich gestattet gewesen, den Bobverleih selbstständig durchzuführen und auf eigenständige Rechnung zu vermieten. Das Ganze als Ausgleich zu jenen Mitarbeitern im Gepäcktransport mit direktem Gästekontakt, die beträchtliche Trinkgelder erhielten. Den Großteil der Zipfelbobs – 60 von 66 – hätten sie im Übrigen auch selbst gekauft.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.
Umfangreiche Recherchen im Umfeld der Bahngesellschaft lassen die Vermutung zu, dass zumindest einzelne Gesellschafter oder Mitglieder des Managements von den Vorgängen gewusst haben müssen. Einzelne, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, räumen ein, sich dafür nicht interessiert zu haben. “Wie hier abgerechnet wurde, wissen die Götter”, sagt einer. Dass über Jahrzehnte niemandem aufgefallen sein will, dass die Zipfelbobs buchhalterisch keine Einnahmen erzielten, scheint vielen unwahrscheinlich. Auch in den jährlichen Gesellschafterversammlungen über Tarife und Preise sei die Bobvermietung nie angesprochen worden, weil alle gewusst hätten, dass die Geschäftsführung diese Bobvermietung den Mitarbeitern auf eigene Rechnung gestattet habe, argumentieren die beschuldigten Mitarbeiter, die teils von renommierten Rechtsanwälten vertreten werden.

In Lech herrscht jedenfalls dicke Luft. Die beschuldigten Mitarbeiter sehen sich als “Bauern-Opfer” in Streitigkeiten, die auf ihrem Rücken ausgetragen würden. Verdiente Seilbahner und Involvierte schlagen unabhängig in die gleiche Kerbe, mutmaßen “Clan- bzw. Sippenspielchen”. Eines steht jedenfalls fest: Gewinner dürfte es keine geben. Offenkundig ist auch, dass die Finanz über Jahre durch die Finger geschaut hat. Für Lech ungewöhnlich scheint Beobachtern jedenfalls, dass die “Zipfelbob-Affäre” offensiv in die Öffentlichkeit getragen wurde. Das passt so gar nicht zum sonst verschwiegenen Nobelort.
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.