Glasfaser ändert alles: “Wir konnten nicht einmal Netflix schauen”

In Vorarlberg nimmt der Glasfaserausbau Fahrt auf. Bis alle schnelles Internet haben, werden aber noch Jahre vergehen.
Bizau Für Jörg Übelher ist die Infrastruktur der Zukunft bereits Gegenwart. Seit einigen Monaten ist sein Haus als eines der Ersten in Bizau an Glasfaser angeschlossen. Und das hat vieles verändert. “Jetzt können wir sogar Netflix schauen”, beschreibt der Unternehmer mit einem Schmunzeln. Lange war das nicht möglich, weil nur Kupferkabeltelefonie zur Verfügung stand. Das Internet im Haus der Familie mit drei Kindern war “extrem langsam”. “Das war eine Katastrophe. Wenn alle gleichzeitig Internet genutzt haben, dann ist alles zusammengebrochen. Homeoffice war für mich praktisch nicht möglich”.

Glasfaser hat bei den Übelhers jetzt auch privat den Internet-Turbo gezündet. In seinem Büro mit 20 Mitarbeitern hat der Steuerberater bereits seit dem Neubau 2016 einen Anschluss. “Bei den notwendigen Datenmengen war Glasfaser-Internet ein Standortfaktor”, sagt der 49-Jährige. Wenn in den nächsten Monaten in der Bregenzerwälder Gemeinde Glasfaser ausgerollt wird, rechnet er mit großem Interesse. “Wer nicht anschließt, ist selbst schuld.” Glasfaser sei heute, was einst das Straßennetz war. “Es wird eine zentrale Infrastruktur”.

Norbert Greussing schlägt in die gleiche Kerbe. Der Bizauer Bürgermeister hat für seine Gemeinde früh versucht, an Fördergelder für einen flächendeckenden Ausbau zu kommen. Bisher seien rund 30 Haushalte und Betriebe angeschlossen, jetzt soll der Dauersiedlungsraum in der Talebene mit bis zu 200 Haushalten folgen. Bizau nimmt – wie einige andere Gemeinden auch – den Glasfaserausbau in die eigene Hand, will die technische Infrastruktur bis zum Haus auch in der eigenen Verantwortung halten. “Wir wollen da unabhängig bleiben”, so Greussing. In einem nächsten Schritt, bis 2028, sollen dann auch entlegenere Ortsteile in den Genuss des schnellen Internets kommen. Dann werden praktisch alle Dauerwohnsitze mit einem Glasfaserkabel angeschlossen sein.

In Vorarlberg nimmt der Ausbau Fahrt auf. Dabei ist ganz allgemein die Versorgung mit schnellem Internet vor allem in den Ballungszentren gut. Investiert wurde lange stark in die Modernisierung des Telefon-Kupfernetzes und in das leistungsstärkere Koaxialkabelnetz. Eine Vielzahl privater Akteure sind in jenen Bereichen tätig, die eine hohe Wirtschaftlichkeit versprechen. Neben dem Festnetz sorgt mobiles Breitband im Land für eine ansprechende Versorgung – und bleibe auch längerfristig für kabellose Endgeräte eine gute Ergänzung, wie Stefan Stutz, Breitbandkoordinator des Landes sagt. Der Fokus ist allerdings ganz auf Glasfaser gerichtet. Nichts anderes werde mehr gefördert. “Wo es starke Datenraten brauchte, wurde schon in der Vergangenheit unterstützt. Jetzt geht es von der Nachfrageförderung hin zu flächendeckenden Glasfaserausbauprojekten”, erklärt der Experte.

In die Glasfaserinfrastruktur, die landesweit eine 95-prozentige Abdeckung zum Ziel hat, fließen enorme Summen. Die Förderbeträge haben sich exponentiell entwickelt. “Bei den restlichen fünf Prozent wären die Kosten allerdings so hoch, dass alternative Breitbandtechnologien sinnvoller sind”, erklärt Stutz. Noch ist es ein weiter Weg. Erst zehn Prozent sind angeschlossen – vorwiegend Unternehmen und Bildungseinrichtungen. Private, wie Jörg Übelher, sind noch die Ausnahme. Das soll sich ändern. Der Internet-Turbo wird gezündet, wo die Datenübertragung bisher besonders langsam erfolgt ist. Bundesförderprojekte zielen stark auf benachteiligte Regionen ab. Um Mittel beworben hatte sich jüngst auch die Regio Bregenzerwald mit 23 Gemeinden. Für sieben Gemeinden gibt es Förderzusagen, die anderen sollen folgen.

“Die Versorgung mit Glasfaser ist eine Grundinfrastruktur wie Wasser- und Abwasser”, sagt Regio-Obmann Guido Flatz, selbst Bürgermeister in Doren. Und es ist ein wesentlicher Standortfaktor. Einzelne Unternehmen im Ort seien bei der Datenübertragung schon jetzt am Limit oder darüber. Für sie ist schnelles Internet mehr als Netflix. Es geht vielmehr darum, wirtschaftlich Anschluss zu halten. Das gilt auch für Regionen wie das Kleinwalsertal, das Große Walsertal oder das Montafon. Auch dort sind Projekte entweder schon in der Umsetzung oder in Planung.
