Österreich gegen die Türkei: Warum es am Dienstag in Lustenau doch Public Viewing gibt

An sich wollte Marcel Lerch keine “Risikospiele” zeigen, etwa Spiele der türkischen Nationalmannschaft. Dies ist nun jedoch anders.
Lustenau 2016 hat man in Lustenau in schlechter Erinnerung: Rund um die Spiele der türkischen Nationalmannschaft bei der damaligen Europameisterschaft wurde durch das Ortszentrum gerast, auf dem Blauen Platz Feuerwerk abgebrannt und auch eine Schreckschusspistole abgefeuert. Die Polizei sprach von Drohungen gegen den Gastronomen Marcel Lerch, als er wegen der Unruhe die Übertragung abbrach, er selbst nahm es nicht als so schlimm wahr. Damals traf man damals in Lustenau die Entscheidung, Spiele der Türkei bei der EM nicht mehr zu zeigen.
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So auch heuer. Beim Spiel gegen Georgien am 18. Juni blieben die Bildschirme am Blauen Platz schwarz. “Danach gab es viele Rückmeldungen mit der Frage, warum ich das Spiel nicht zeige”, erklärt Lerch. Da habe er auf die Erfahrungen von 2016 verwiesen. Es folgten Gespräche mit und innerhalb der Community wie auch Abstimmungen, laut Lerch auch über die Gemeinde. Das Ergebnis: Man wolle es noch einmal versuchen. “Beim zweiten Spiel der Türkei hat dann alles super funktioniert, beim dritten auch”, erklärt Lerch. Dementsprechend werde er auch das Spiel Österreich–Türkei live übertragen.
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“Die Türken sind oft etwas euphorischer”, weiß auch Lerch, dass hier auch etwas südländisches Temperament mitspielt. Bislang scheinen aber allen die Spielregeln für ein gutes Miteinander klar zu sein. “Es dürfte cool werden”, ist der Lustenauer Gastronom entsprechend zuversichtlich.
“Österreich kommt ins Halbfinale”
Einer, der es vermutlich nicht auf den Blauen Platz schaffen wird, ist Ali Sahinturk. Dabei spielt er selbst auch gern Fußball, der Sohn ist beim FC. Aber es dürfte zeitlich knapp werden. “Ich glaube, dass es Österreich ins Halbfinale schafft”, ist der Bauarbeiter überzeugt. Bei der türkischen Mannschaft scheitere es am Teamspiel, auch von den Schweizern ist er nicht so überzeugt. Aber die Österreicher seien derzeit einfach stark, viele Spieler noch jung, nicht zu sehr an einem Einzelspieler orientiert, zählt er vor dem ATIB-Vereinslokal sitzend auf.

Dass allen an einem guten Miteinander liegt, spüre man hier bei ATIB Lustenau. Die Leitung rede viel mit den Jungen, versichert Sahinturk. Er ist aber überzeugt, dass die Problemfälle hier nicht anzutreffen sind. “Wenn man jung ist und ein, zwei Bier intus hat, dann schaukelt sich oft etwas hoch”, erklärt er. Doch die jungen Türken, die gern einen über den Durst trinken, seien nicht jene, die bei der ATIB anzutreffen sind. Im Islam ist der Alkohol haram, also geächtet. Gläubig sein und viel trinken schließt sich also aus.
“Stets Vorbild für Gemeinschaft”
Auch Obmann Hasan Tas betont, dass der Fokus auf Fairness und schönem Fußball liegen müsse. “Als Muslime sollten wir stets ein Vorbild für unsere Gemeinschaft sein”, betont er. Durch ein ruhiges und erwachsenes Verhalten sollte man daher die Unterstützung für die türkische Nationalmannschaft mit einem harmonisches Miteinander kombinieren. “Indem wir uns jeglichen unschönen Verhaltensweisen enthalten, zeigen wir die schönen Werte des Islams”, betont der ATIB-Lustenau-Obmann. Dazu gehöre beiderseitiger Respekt, um mit der vereinenden Kraft des Sports Brücken der Freundschaft zu bauen.
Und dass sich beim Spiel am Dienstagabend viele Menschen zu den Public Viewings vom Bodensee bis zum Piz Buin auf den Plätzen versammeln werden, erwartet nicht nur Sahinturk. Nur um auf Nummer sicher zu gehen, werde auch Lerch für diesen Tag etwas mehr Sicherheitspersonal bei der Hand haben. Nur falls es doch wieder hochschaukle wie damals 2016.