Wenn die Autofahrt hinter Gittern endet: „Es wäre nur noch um Überleben und Arbeiten gegangen“

Vorarlberg / 24.09.2024 • 16:16 Uhr
Verwaltungshäftlinge im Polizeianhaltezentrum u. a. Bilder mit Dienststellenleiter Peter Struger
Im Polizeianhaltezentrum in Bludenz landen auch immer wieder Verkehrssünder. VN/Paulitsch (8)

Zu schnell unterwegs, bei Rot über die Ampel, kein Führerschein, beim Fahren Alkohol oder illegale Drogen intus: Verkehrsstrafen gehen ins Geld. Für so manchen enden derartige Vergehen gar hinter Gittern. Ein Besuch im Polizeianhaltezentrum in Bludenz, wo Zellen für Verwaltungshäftlinge „reserviert“ sind.

Bludenz „Jetzt bin ich hier und sitze die Zeit halt ab.“ Bei seinen Erzählungen rund um eine Trennung, die Verweigerung eines Alkotests, Verwaltungsstrafen und Geldprobleme wirkt der Mann im Kapuzenpulli gefasst. Er zählt zu jenen, bei denen eine Verkehrskontrolle schließlich mit einem vorübergehenden „Aufenthalt“ im sogenannten Polizeigefängnis in Bludenz geendet hat.

Verwaltungshäftlinge im Polizeianhaltezentrum u. a. Bilder mit Dienststellenleiter Peter Struger
Peter Struger ist Chef des Polizeianhaltezentrums.

„Bei mir war es Fahren ohne Führerschein. Erschwerend hinzugekommen ist, dass ich einen Joint geraucht habe“, sagt er. Das sei aber zwei, drei Tage vorher gewesen. Nun muss der Arbeiter sechs Wochen lang eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, weil er seine Geldstrafen nicht mehr zu zahlen vermag. „Es wäre nur noch um Überleben und Arbeiten gegangen.“ Etwa 3300 Euro setzte es für die beiden Vergehen bei der letzten Autofahrt, wie er erzählt.

Verwaltungshäftlinge im Polizeianhaltezentrum u. a. Bilder mit Dienststellenleiter Peter Struger
Eine Stunde täglich dürfen die Häftlinge im Hof verbringen. Dort gibt es unter anderem einen Tischtennis-Tisch.

Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall. Ist der Führerschein bereits abgenommen worden oder gab es nie einen solchen, setzt es für den „Scheinlosen“ hohen Strafen. Genauso ist es, wenn es um eine Beeinträchtigung am Steuer geht. „Für Fahren ohne Führerschein kann es schon mal eine Geldstrafe von insgesamt 3500 Euro setzen, was wiederum sechs Wochen Freiheitsentzug bedeuten kann“, erklärt Peter Struger. Er ist der Chef des Polizeianhaltezentrums und sieht dort im denkmalgeschützten Gebäude in Bludenz viele Menschen kommen und gehen. Zum einen haben es die Beamten mit Fremdenrecht zu tun. Zum Anderen eben mit Verwaltungshäftlingen.

Verwaltungshäftlinge im Polizeianhaltezentrum u. a. Bilder mit Dienststellenleiter Peter Struger
Der Besucherraum.

Im Schnitt seien die Verwaltungshäftlinge knapp unter dreißig Jahre alt. Oft handle es sich um junge Männer, die keinen Führerschein hätten und Strafen absitzen müssten, weil sie sich trotzdem hinters Steuer setzen. „Wir hatten aber auch schon Pensionisten da.“ Die Frauen-Abteilung sei dagegen nur sporadisch belegt.

Verwaltungshäftlinge im Polizeianhaltezentrum u. a. Bilder mit Dienststellenleiter Peter Struger
Eine der Zellen im Polizeianhaltezentrum.
Verwaltungshäftlinge im Polizeianhaltezentrum u. a. Bilder mit Dienststellenleiter Peter Struger

Aussuchen, ob man eine Verwaltungsstrafe zahlt oder diese lieber absitzt, können sich die Betroffenen nicht. So geht einer Ersatzfreiheitsstrafe ein langer Prozess rund um Mahnung, Pfändung und Gerichtsvollzieher voraus. Ein Primärarrest wird verhängt, wenn es darum geht, jemanden von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten und Geldstrafen keine Wirkung zeigen. Rund 13.000 derartige Arreststunden scheinen im Rechenschaftsbericht des Landes bzw. im Bericht der Bezirkshauptmannschaften im Zusammenhang mit Verkehrsstrafen bzw. dem Führerscheingesetz im Vorjahr auf (die VN berichteten).

Verwaltungshäftlinge im Polizeianhaltezentrum u. a. Bilder mit Dienststellenleiter Peter Struger
Ein Verwaltungshäftling gewährt Einblick in sein Leben.

Grundsätzlich wissen die Beamten im Polizeianhaltezentrum nicht, mit wem sie es zu tun haben. Sprich, es wird kaum Statistisches erfasst. Nur die Dauer des „Aufenthalts“ ist bekannt. „Und eben, dass die Strafen nicht bezahlt wurden“, erzählt Struger. „Manche sind 48 Stunden da. Einige aber auch sechs Wochen.“ Wobei es sich dabei um die gesetzliche Maximaldauer für den durchgehenden Aufenthalt in der Verwaltungshaft handle und die Rückkehr in den Alltag daher für Verwaltungshäftlinge absehbar sei. Teilweise würden die ausständigen Geldstrafen auch von Verwandten oder Bekannten beglichen, wenn es ans Eingemachte bzw. ins Polizeigefängnis geht.

Verwaltungshäftlinge im Polizeianhaltezentrum u. a. Bilder mit Dienststellenleiter Peter Struger
Die Ankunftszelle.

Manche würden ihre Ersatz- oder Arreststrafe freiwillig antreten. „Oft kommt es aber auch vor, dass die Betreffenden von der Polizei hierher gebracht werden“, erzählt Struger. Und die Polizei habe sehr viel zu vollstrecken.

Der Insasse mit dem Kapuzenpulli durfte seine Arbeit auf einer Baustelle zuerst noch abschließen und konnte für einen späteren Zeitpunkt einen Termin für seine Ersatzfreiheitsstrafe vereinbaren, wie erzählt. Auch seine Arbeit könne er nach der Zeit im Polizeianhaltezentrum wieder aufnehmen. Denn er könne lesen, schreiben und habe eine gute Arbeitsmoral.

Ein Fernseher in jeder Zelle

Seine Strafe hat er akzeptiert. „Das hier ist ein Freiheitsentzug. Aber dieser wird so menschlich wie möglich gestaltet. Die Behandlung ist gut, es gibt keine Schikane“, berichtet er von seinem Aufenthalt im Polizeianhaltezentrum. Unter anderem gibt es in jeder Zelle einen Fernseher, untertags einen gemeinsamen Aufenthaltsraum und die Möglichkeit eine Stunde pro Tag im Innenhof bzw. im Freien zu verbringen. „Ich werde die Zeit hier jetzt absitzen, einen Schlussstrich unter das Ganze ziehen und fertig.“

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