Wenn jede Sekunde zählt: Ein Flashmob, der Leben retten kann

Vorarlberg / 16.10.2024 • 15:20 Uhr
Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit
Herzdruckmassage im Takt: Mit „Stayin’ Alive“ als musikalischer Begleitung demonstrieren Nicolas Stefani, Lia Spiegel und Yasmine Stadelmann lebensrettende Maßnahmen. Fotos: VN/Hartinger

Am internationalen Tag der Wiederbelebung (16. Oktober) zeigten zahlreiche Teilnehmer in Dornbirn, wie wichtig es ist, im Ernstfall richtig zu handeln. Welche einfachen Handgriffe über Leben und Tod entscheiden können und was jeder wissen sollte.

Dornbirn An einem Herbsttag auf dem Dornbirner Marktplatz erklingt plötzlich ‘Stayin’ Alive’ von den Bee Gees. Sofort halten einige Menschen in der Menge inne, überrascht von der unverhofften musikalischen Einlage. Innerhalb weniger Sekunden formen sich kleine Gruppen, knien sich zu Boden und beginnen im Takt der Musik symbolische Herzdruckmassagen auf Übungspuppen. Neugierige Blicke der Passanten folgen dem ungewöhnlichen Geschehen – ein Flashmob. Der Anlass: der internationale Tag der Wiederbelebung am 16. Oktober. „Jeder kann Leben retten“, steht auf den Schildern der Organisatoren, die um den Brunnen stehen und Flyer verteilen.

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Während die Teilnehmer die lebensrettenden Handgriffe üben, sind die Hintergründe ernst. Ein Herz-Kreislauf-Stillstand gehört in Österreich zu den häufigsten Todesursachen außerhalb von Krankenhäusern. Das zeigt, wie entscheidend rasches Handeln ist.

Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit
Bei dem Flashmob in Dornbirn zeigten die Teilnehmer die richtigen Schritte für eine Wiederbelebung – ein entscheidender Beitrag zur Ersten Hilfe.

70 Schülerinnen und Schüler aus ganz Vorarlberg legten bei der Aktion des Jugendrotkreuzes in Dornbirn am Mittwoch Hand an. Darunter Yasmine Stadelmann (17), Lia Spiegel (17) und Nicolas Stefani (17) vom BORG Dornbirn. “Die Aktion heute verdeutlicht, dass jeder von uns im Ernstfall Leben retten kann. Man muss nur den Mut haben einzugreifen”, sagt Yasmine Stadelmann. “Wichtig ist, dass die Herzdruckmassage bis zum Eintreffen der Rettungskräfte nicht unterbrochen wird”, ergänzt Lia Spiegel.  

Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit
Nicolas Stefani, Lia Spiegel und Yasmine Stadelmann demonstrieren, wie bei einem Herzstillstand jede Sekunde zählt.
Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit
In Österreich erleiden jährlich etwa 10.000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb des Krankenhauses. Nur etwa 20 Prozent überleben.
Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit
Katharina Spagolla und Laura Stocker machen vor, wie es geht.

Auch Andrea Staudach aus Hörbranz kennt die Bedeutung dieser Maßnahmen nur zu gut. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Nicole Baumann wurde sie vor einem Jahr unerwartet zur Lebensretterin. Die Frauen arbeiten in einem Hörbranzer Lebensmittelmarkt, Seite an Seite mit ihrem Arbeitskollegen von der Feinkostabteilung. Ohne vorherige Anzeichen bricht der Arbeitskollege zusammen. Andrea Staudach hat es bemerkt, eilt zu ihm, checkt seine Atmung. Keine vorhanden. Instinktiv dreht sie den Betroffenen auf den Rücken und beginnt mit übereinandergelegten Handflächen mit der Herzdruckmassage. Zeitgleich ruft sie um Hilfe. Ihre Vorgesetzte und Freundin, Nicole Baumann, eilt zu Hilfe. Umstehende setzen den Notruf ab.

Rote Kreuz, Andrea Staudach (l.) und Nicole Baumann
Andrea Staudach (l.) und Nicole Baumann retteten ihrem Kollegen das Leben.

Mit vereinten Kräften bringen die Ersthelferinnen das Herz des Betroffenen
wieder zum Schlagen. Immer wieder setzt es aus, die beiden
Frauen geben nicht auf, immer wieder setzen sie die Reanimation fort. Dank dieser raschen Reaktion konnte der Mann stabilisiert und ins Krankenhaus gebracht werden – heute genießt er seinen wohlverdienten Ruhestand. Für ihre Rettungstat werden Andrea Staudach und Nicole Baumann am 18. November bei der DECUS-Gala geehrt – stellvertretend für all jene, die im Alltag mutig und schnell handeln.

Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit
Die 70 Schülerinnen und Schüler kamen aus dem ganzen Land.

Die Aktion am Marktplatz sollte genau daran erinnern: Zögern kostet Leben. „Jeder kann helfen“, betont Benjamin Strauss. “Das Wissen und die Fähigkeiten dazu vermitteln Erste-Hilfe-Kurse. Als Faustregel gilt: Man kann nichts falsch machen. Falsch ist nur, nichts zu tun – das Wählen des Notrufs ist ein einfacher und ein erster Schritt.” Um im Ernstfall sicher und schnell handeln zu können, wird empfohlen, alle zwei Jahre einen Auffrischungskurs zu absolvieren – so bleibt das Wissen präsent und die Hemmschwelle zu helfen sinkt.

Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit
Benjamin Strauss vom Jugendrotkreuz: “Falsch ist nur, nichts zu tun.”
Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit
Dornbirn Marktplatz – Flashbo anlässlich des internationalen Tag der Reanimation. Henry Summit

REANIMATION bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand


Keine Angst vor der Wiederbelebung – alles ist besser, als gar nichts zu tun! Das
sollten Sie tun:

  1. Bewusstsein und Atmung prüfen: Schauen, ob der Patient ansprechbar
    ist und noch atmet (bei leicht überstrecktem Kopf prüfen; ggf.
    Fremdkörper aus Mund und Rachen entfernen).
  2. Notruf über 144 absetzen – die Leitstelle entsendet umgehend die
    Rettungskräfte und unterstützt per Telefon bei der Wiederbelebung bis
    zu deren Eintreffen.
  3. 30 x Herzdruckmassage: Patienten flach auf einen harten Untergrund
    legen, sich über ihn beugen und mit übereinander gelegten
    Handflächen 30 Mal rhythmisch und kräftig auf die Mitte des
    Brustbeins drücken.
  4. 2 x Atemspende: Nach 30 Kompressionen beatmen Sie den Patienten
    zweimal (entweder Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung).
  5. 30:2-Zyklus: Setzen Sie den 30:2-Zyklus (30 x Herzdruckmassage und
    2 x Atemspende im Wechsel) so lange fort, bis der Notarzt eintrifft
    oder der Patient wieder alleine atmet.
  6. Ggf. Defibrillation: Falls es einen Defibrillator (AED) in der Nähe gibt,
    können Sie diesen zusätzlich zur Wiederbelebung verwenden (den
    Sprachanweisungen bzw. schriftlichen Anweisungen des Geräts folgen)
    – sein Einsatz darf aber niemals die Herzdruckmassage verzögern
    oder ersetzen
Wenn jede Sekunde zählt: Ein Flashmob, der Leben retten kann

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