Sie sind wieder da: Kormorane nehmen Bregenzer Bucht ins Visier

Die Lage spitze sich immer weiter zu, warnt der Leiter des Landesfischereizentrums.
Bregenz Viele Passanten sehen an der Bregenzer Bucht derzeit schwarz: Die Kormorane sind da und das zu hunderten. Die schwarzen Wasservögel bringen die Fischer am Bodensee schon lange zur Verzweiflung. In letzter Zeit fallen große Trupps der Fischfresser auch wiederholt vor der Pipeline ein. „Das haben wir immer wieder“, erläutert Walter Niederer, Geschäftsführer des Naturschutzvereins Rheindelta und einer der Autoren des Vorarlberger Kormoranberichts. „Es sind Kormorane, die höchstwahrscheinlich hier am Bodensee schlafen. Ich gehe davon aus, dass dieser Trupp vor der Pipeline am Abend wieder kerzengerade zurück nach Deutschland fliegt. Wir haben dort große Brutkolonien und große Schlafplätze. Das deutsche Ufer ist von der Bregenzer Bucht einfach nicht weit weg.“


Rund um den Bodensee gibt es mehrere Brutkolonien, in Vorarlberg eine Kolonie in der Fußacher Bucht. 2023 wurden rund um den Bodensee 1576 Kormoranpaare gezählt. Ein Kormoran vertilgt im Schnitt 500 Gramm Fisch pro Tag. Ein Bestandsmanagement gibt es bislang nur in Vorarlberg. Im Vorjahr wurden laut Bericht bis 15. Oktober 149 Kormorane geschossen. Ziel ist, den Brutbestand auf 30 bis 60 Brutpaare und den Sommerbestand auf 300 bis 350 Vögel zu reduzieren.


Die größte Kolonie mit fast 800 Brutpaaren befindet sich in Friedrichshafen, gefolgt von Romanshorn mit fast 350 Brutpaaren. Walter Niederer rechnet vor: 800 Brutpaare sind 1600 Tiere, jedes Brutpaar hat im Schnitt zwei Junge, Ende des Sommers ergibt das 3200 Tiere – allein in Friedrichshafen. Wie viele der schwarzen Vögel am Bodensee sind, hängt von der Jahreszeit ab. Im Frühling und Sommer sind es mehr, im Winter aufgrund der Zugbewegungen weniger. Außerdem spielen Niederer zufolge die Futterverfügbarkeit oder die Anzahl an guten Schlafmöglichkeiten eine Rolle. „Wenn jetzt im Herbst größere Trupps da sind, dann gehe ich davon aus, dass in diesem Bereich Fische sind, die sie fressen wollen“, führt der Geschäftsführer des Naturschutzvereins Rheindelta aus. Dass die Vögel in Bregenz eine neue Kolonie gründen, glaubt er indes nicht. „Davor hätte ich jetzt keine Angst“, ergänzt er.

Das Bestreben ein Bodensee-weites Management zu implementieren, hakt derzeit vor allem an Baden-Württemberg und dem Thurgau. “Aus Sicht der Fischerei besteht jedenfalls Handlungsbedarf, aber das schon seit vielen Jahren. Leider spitzt sich die Lage immer weiter zu. Dass nur wir in Vorarlberg gewisse Eingriffe in den starken Bestand machen, ist schwierig, weil es eine Vogelart ist, die einen Aktionsradius von 30 bis 40 Kilometer hat. Die können wir nicht bändigen. Wir können nur verhindern, dass sie ihre Bruten ausweiten”, unterstreicht Nikolaus Schotzko, Leiter des Landesfischereizentrums in Hard. Ein deutschlandweites Bestandsmanagement wurde im Umweltausschuss des Bundestags vor wenigen Tagen abgelehnt. Auch ein europäischer Managementplan konnte bislang nicht umgesetzt werden. Schotzko ist auch für die Zukunft nicht besonderes optimistisch: “Es geht in Wirklichkeit nichts weiter. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber momentan schaut es nicht danach aus”, meint er.

Für den aktuellen Vorarlberg Kormoranbericht wird derzeit noch gezählt. Zählschluss ist der 31. Oktober. Die Beobachtungen in der Bregenzer Bucht fließen ebenfalls in den Bericht ein, sagt Walter Niederer.