“Trauer ist so individuell wie ein Fingerabdruck” – Trauerbegleiterinnen zum Umgang mit Verlust

Vorarlberg / 30.10.2024 • 15:45 Uhr
Irene Christof und Silvia Mähr, Trauerbegleiterinnen der Caritas
Irene Christof (l.) und Silvia Mähr helfen die Trauer auf einen Verlust zu verarbeiten. VN/Paulitsch

In der Kapelle des Krankenhauses Dornbirn regt eine Ausstellung dazu an, sich mit der Endlichkeit des Lebens auseinanderzusetzen. Knapp 30 Menschen aus Vorarlberg haben symbolisch einen Koffer für die letzte Reise gepackt. Darunter auch die Trauerbegleiterinnen Irene Christof und Silvia Mähr, die über ihre Erfahrungen und Rituale im Umgang mit Trauer sprechen.

Dornbirn In der Kapelle des Dornbirner Krankenhauses läuft noch bis 17. November eine Ausstellung, die dazu anregen soll, sich mit der Endlichkeit des Lebens zu beschäftigen. Für “Fortsetzung folgt nicht, einen Koffer packen für die letzte Reise“ wählten knapp 30 Personen aus Vorarlberg symbolisch Gegenstände aus, die für sie eine besondere Bedeutung haben. Die Trauerbegleiterinnen Irene Christof und Silvia Mähr von der “Kontaktstelle Trauer – Hospiz Vorarlberg” haben ebenfalls einen Koffer gepackt und sich dabei intensiv mit der Frage auseinandergesetzt: Was ist wirklich wichtig im Leben?

Irene Christof und Silvia Mähr, Trauerbegleiterinnen der Caritas
Silvia Mähr und Irene Christof haben für die Ausstellung auch einen Koffer gepackt. VN/Paulitsch

Mit der letzten Reise ist die Trauer untrennbar verbunden. Zu Allerheiligen und Allerseelen wird vielerorts an die Vergänglichkeit erinnert. Christof und Mähr, die in ihrem Beruf trauernde Menschen begleiten, beschreiben Trauer als eine sehr individuelle und intensive Erfahrung. „Trauer ist der Verlust eines geliebten Menschen, eines Tieres oder bedeutender Lebensumstände. Sie kann uns unvorbereitet treffen und hinterlässt ein Gefühl der Hilflosigkeit. Viele können ihre Gefühle nicht einordnen“, erklärt Irene Christof, die seit drei Jahren in diesem Bereich arbeitet.

Hospiz Vorarlberg lädt zu einer Ausstellung im Krankenhaus Dornbirn. - © Caritas Vorarlberg
Das Kofferpacken war für die beiden ein Spaß, hat aber auch Emotionen hervorgerufen. Caritas Vorarlberg
Hospiz Vorarlberg lädt zu einer Ausstellung im Krankenhaus Dornbirn; Trauer; Trauerbegleiterinnen Irene Christof und Silvia Mähr
Ihr Koffer ist derzeit in der Kapelle des Krankenhauses Dornbirn zu sehen. VN/Gunz
"Trauer ist so individuell wie ein Fingerabdruck" - Trauerbegleiterinnen zum Umgang mit Verlust
Der Beipackzettel steht neben dem Koffer der beiden Trauerbegleiterinnen. VN/Gunz

Trauer ist individuell

Wie sich Trauer äußert, kann sehr verschieden sein: Manche Menschen suchen Ablenkung durch Arbeit, andere ziehen sich zurück oder finden Trost in regelmäßigen Friedhofsbesuchen. „Jede Form der Trauer ist in Ordnung. Wichtig ist, sie zuzulassen und man muss sich Zeit dafür geben. Sie ist so individuell wie ein Fingerabdruck”, ergänzt Silvia Mähr. Den Trauerbegleiterinnen liegt es am Herzen, individuell auf die Bedürfnisse der Trauernden einzugehen. “Wir ermutigen sie, das zu tun, was sie persönlich benötigen und nicht die Gesellschaft von ihnen erwartet. Ob es ein gemeinsames Kerzenanzünden in der Kirche, das Suchen von Kraftquellen oder einfach das Zuhören ist. Niemand muss die Trauer alleine bewältigen.”

Irene Christof und Silvia Mähr, Trauerbegleiterinnen der Caritas
VN/Paulitsch

Umgang mit Trauernden

Die beiden Expertinnen erleben häufig, dass Bekannte und Kollegen im Umgang mit Trauernden unsicher sind. “Eine Klientin erzählte mir, dass eine Bekannte beim Zusammentreffen die Straßenseite gewechselt hat”, schildert Irene Christof. Besser sei es, offen zuzugeben, dass einem die Worte fehlen und zu fragen, wie wie der Trauernde seinen Alltag meistert. Auf Ratschläge sollte verzichtet werden – “Ratschläge sind Schläge”, veranschaulicht Silvia Mähr, die seit über einem Jahr ihren Beruf ausübt. Besser sei es, konkrete Hilfe anzubieten. “Dies können ganz alltägliche Sachen sein, wie jeden Freitag zu kochen oder am Dienstag die Kinder zur Schule zu bringen. Je konkreter das Angebot, desto leichter für den Trauernden”, geben die beiden Anregungen.

Irene Christof und Silvia Mähr, Trauerbegleiterinnen der Caritas
Irene Christof lädt ein, das Angebot anzunehmen. Informationen und Anmeldung für alle Trauerangebote: Kontaktstelle Trauer (Bahnhofstraße 16, 6800 Feldkirch); 05522/2001154 oder 0676/884205154, hospiz.trauer@caritas.at VN/Paulitsch

Traditionelle Rituale, wie ein Grabbesuch an Allerheiligen oder ein gemeinsames Familienessen, helfen bei der Trauerverarbeitung. Auch die Verabschiedung spielt eine Rolle. Hier gehe der Trend zur Verabschiedung des Verstorbenen im engsten Kreis. “Allerdings sollte man auch Freunden oder Bekannten die Möglichkeit zum Abschied geben und die Anteilnahme bei der Verabschiedung tut auch dem Trauernden gut”, geben Silvia Mähr und Irene Christof zu bedenken und sie haben einen Vorschlag für ein neues Ritual: eine gemeinsame Agape nach der Verabschiedung.