“Griss” um kleinen Holzstadel in Lech hat das Zeug zur politischen Posse

Vorarlberg / 20.11.2024 • 12:42 Uhr
"Griss" um kleinen Holzstadel in Lech hat das Zeug zur politischen Posse
Gemeindevertreter Bruno Strolz (kl. Bild) will ersessenes Recht geltend machen. Die Schützengilde Lech ist indes davon überzeugt, Eigentümer des alten Schießstandes zu sein. VN/Paulitsch, A. Lamprecht

Alter Gemeindeschießstand soll “herrenloses Gebäude” werden: Ein Gemeindevertreter, dessen Familie den kleinen Holzstadel seit Jahrzehnten nutzt, will ersessenes Recht geltend machen. Die Schützengilde sieht sich um ihr Eigentum betrogen. Das letzte Wort scheint nicht gesprochen, auch nicht in der Gemeindevertretung.

Lech Bei Immobilien in Lech geht es meist ums große Geld, einzelne wenige Nutznießer und oft auch um Neid. Jetzt schafft es ein unscheinbarer 20-Quadratmeter-Holzstadel, einst der Gemeindeschießstand, auf die politische Tagesordnung. “Beratung und Beschlussfassung Dereliktionserklärung” heißt es unter Punkt 6 der 51. Gemeindevertretungssitzung, der das Zeug zur politischen Posse hat. Unter dem sperrigen Begriff versteht sich ein juristischer Vorgang, einer Liegenschaft die “Herrenlosigkeit” zu erteilen. Danach liegt es am Grundbuchsgericht, die Frage des Eigentums zu klären. Womit ein Gemeindevertreter, dessen Familie das Gebäude seit Jahrzehnten nutzt, in eine gute Lage kommen könnte. Er will schon seit längerem ersessenes Recht geltend machen. Das Ganze hat allerdings einen Haken. Auch die Schützengilde Lech erhebt Anspruch auf das Gebäude und ist davon überzeugt, rechtmäßiger Eigentümer zu sein. “Jetzt will man uns enteignen”, ärgert sich Oberschützenmeister Daniel Lödler über eine “befremdliche Vorgehensweise der Gemeinde”. Das letzte Wort sei hier jedenfalls noch nicht gesprochen.

herrenlosen Gebäude“, das keinen Besitzer hat. Es befindet sich auf der Grundstücksparzelle .324
Ein Sendemast spült etwas Geld in die Kassa der Gemeinde. VN/Paulitsch

Der alte Schießstand der Gemeinde Lech hat eine lange Geschichte, die ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Ende der 60er-Jahre hat die Schützengilde allerdings an anderer Stelle eine neue Anlage in Betrieb genommen. Mit Zustimmung des Vereins kann seither die Familie von Bruno Strolz, der für die Liste “Zusammen uf Weg” in der Gemeindevertretung sitzt, das zum 20-Quadratmeter großen Holzstadel umgebaute Gebäude nutzen. Später wurde zudem ein Sendemasten angebracht, der monatlich Nutzungsentgelte in die Kassa der Gemeinde spült. Dass irgendwann ein regelrechtes “Griss” um den Holzschuppen ausbrechen könnte, hätte sich im Nobelort lange wohl niemand vorstellen können. Tatsache allerdings ist, dass der Holzverschlag längst Gerichte und jetzt auch politische Gremien beschäftigt.

herrenlosen Gebäude“, das keinen Besitzer hat. Es befindet sich auf der Grundstücksparzelle .324
Der Holzstadel mit einer Größe von rund 20 Quadratmetern beschäftigt die Lecher Gemeindevertretung. VN/Paulitsch

Zuletzt wurde das Thema “Alter Schießstand” im September in der Lecher Gemeindevertretung behandelt. Vizebürgermeisterin Cornelia Rieser, selbst Juristin, führte laut veröffentlichtem Protokoll aus, dass der Gemeindeschießstand keinen Rechtsnachfolger habe und deshalb die Frage des Eigentums vom Grundbuchsgericht zu klären sei. Das Ergebnis könne wohl nur sein, dass eine Ersitzung vorliege, weil die Familie Strolz dieses Gebäude schon über 50 Jahre nutze, ließ sie die Gemeindevertretung wissen. Ihren Listen-Kollegen Bruno Strolz dürften die Ausführungen gefreut haben. Die Schützengilde Lech weniger. “Wir sind noch nicht einmal informiert worden, dass das Thema behandelt wird. Man hat uns vor vollendete Tataschen gestellt”, ärgert sich Oberschützenmeister Lödler. Die ganze Angelegenheit habe jedenfalls ein “Gschmäckle”, befinden Vertreter der Opposition.

Bruno Strolz Spitzenkandidat Lech Zusammen uf Weg
Bruno Strolz von der Liste “Zusammen uf Weg” will sich in der Sache gegenüber den VN nicht weiter äußern. Zusammen uf Weg

Die Bemühungen von Gemeindevertreter Bruno Strolz, die kleine Liegenschaft in den eigenen Besitz zu bekommen, haben offenbar eine Vorgeschichte. Schon einmal soll er damit am Obersten Gerichtshof in Innsbruck abgewiesen worden sein. Das will jedenfalls die Schützengilde wissen. Strolz selbst gibt sich wortkarg und stößt sich schon an der Tatsache, dass sich die Öffentlichkeit jetzt dafür interessiert. In der Sache selbst wollte er sich gegenüber den VN jedenfalls lieber nicht äußern. Für die Schützengilde ist unterdessen klar, dass man es jetzt eben über die Hintertüre versuche.

"Griss" um kleinen Holzstadel in Lech hat das Zeug zur politischen Posse
Seit Ende der 60er-Jahre hat die Schützengilde einen neuen Schießstand. Den alten will der Verein dennoch nicht kampflos hergeben. Schützengilde Lech am Arlberg

Ganz so einfach dürfte es aber offenbar nun doch nicht sein, den alten Schießstand juristisch als “herrenlos” zu erklären. Die dafür notwendige “Dereliktionserklärung” sollte auch von der Schützengilde unterfertigt werden, wie es im Gemeindevertretungsprotokoll heißt. Dazu dürfte es nicht kommen. “Wir werden für unseren alten Schießstand kämpfen und sicher nicht klein beigeben”, sagt Oberschützenmeister Lödler. Schließlich wolle man ihn selbst als Lager nutzen, oder vielleicht irgendwann wieder als kleine Trainingsanlage in Betrieb nehmen. Womit auch klar ist: So schnell wird der kleine Holzstadel nicht von der politischen Tagesordnung in Lech verschwinden.