“Orange the World”: Podcasterin und Buchautorin Mari Lang über die Macht der Rollenbilder

Vom 25. November bis zum 10. Dezember steht die UN-Kampagne „Orange the World“ im Fokus. Die Podcasterin und Journalistin Mari Lang beleuchtet die Ursachen und Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen – und fordert ein Umdenken bei Männern und Frauen.
Dornbirn Die UN-Kampagne „Orange the World“ widmet sich bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, dem Kampf gegen Gewalt an Frauen. Statistiken zeigen: Fast jede vierte Frau in Österreich hat ab ihrem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. In Vorarlberg sind die Fallzahlen gestiegen.

„Wo die Gewalt an Frauen beginnt, ist schwer zu beantworten, da sie oft mit Kleinigkeiten anfängt“, erklärt Mari Lang, Buchautorin, Journalistin und Podcasterin. Im Caritas-Wirkraum in Dornbirn las sie aus ihrem Buch „Frauenfragen“, das auf ihrem gleichnamigen Podcast basiert. Gewalt könne mit subtilen Abwertungen beginnen, etwa auf dem Spielplatz, durch sexistische Witze oder am Arbeitsplatz, wo Frauen in stereotype Rollen gedrängt werden, sagt Lang. „Es gipfelt in sexueller Belästigung und Gewalt – und endet schließlich in Femiziden.“
Rollenbilder hinterfragen
Mit ihrem Podcast „Frauenfragen“, der bereits dreimal als bester feministischer Podcast Österreichs ausgezeichnet wurde, möchte Mari Lang eingefahrene Rollenbilder hinterfragen. Dazu lädt sie prominente Männer ein und stellt ihnen Fragen, die sonst nur Frauen zu hören bekommen: Wie ist das mit den Falten und dem Älterwerden? Wie fühlt es sich an in einer Männerdomäne zu arbeiten, und wie lassen sich Kinder und Karriere vereinbaren? Mit ihren Fragen möchte sie die Ungleichheiten im Alltag und die daraus resultierenden Herausforderungen aufzeigen. Knapp 50 Gespräche hat sie bisher geführt. Das Ziel ihres Podcasts ist es, in den Dialog zu treten und Männer stärker in die feministische Bewegung einzubinden. Sie möchte gemeinsam nach Lösungen für ein besseres Miteinander suchen. „Wie können wir ein lebenswertes Leben führen, in dem Schwächen genauso Platz haben wie Stärken und niemand aufgrund seines Geschlechts benachteiligt wird?“ Diese Frage steht im Mittelpunkt von Langs Arbeit.

Die Idee zum „Frauenfragen“-Podcast kam Mari Lang 2020, mitten in der Pandemie. Die ORF-Sportmoderatorin wurde damals in Kurzarbeit geschickt – mit der Begründung, sie habe nun „mehr Zeit für ihre Kinder“. Eine Aussage, die ein männlicher Kollege wohl kaum zu hören bekommen hätte, ist Lang überzeugt.
Als zweifache Mutter stellte sie zudem fest, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oft an strukturellen Defiziten scheitert. Diese Erlebnisse waren der Anstoß, sich intensiver mit geschlechtsspezifischen Ungleichheiten zu beschäftigen.
Aus persönlicher Erfahrung
Laut Langs Einschätzung ist es schwierig, Rollenbilder zu durchbrechen, “da wir nicht die gleichen Voraussetzungen haben. Wenn Buben beigebracht wird, sie seien mehr wert, reproduzieren wir diese Muster bis ins Erwachsenenalter“, erklärt die 44-Jährige. Hier sei auch die Politik gefragt, Strukturen zu schaffen, die Chancengleichheit fördern. “Aber wir haben die Möglichkeit, die eigene Lebensrealität zu hinterfragen und zu schauen, ob wir etwas anders machen können”, gibt die Wienerin einen Tipp.

Ihrer Meinung nach, muss weiterhin die Frauenseite beleuchtet, aber auch Männer stärker einbezogen werden. “Die meisten Männer kümmern sich um ihre Karriere und Machtstrukturen. Sie dürfen keine Gefühle haben und können mit Emotionen nicht umgehen”, erklärt Mari Lang. Das Menschsein werde bei Männern oft ausgeklammert. Eine Lösung wäre, dass die Väter mehr in die Pflicht genommen werden und nicht mehr Frauen alleine die Erziehungsarbeit leisten. So würden Väter ihren Söhnen nicht nur Geld, Karriere, Macht und eine fehlende Präsenz in der Familie vorleben, sondern dem eigenen Geschlecht als Vorbild dienen. Dies könnte Männern helfen, ihre Rolle in der Gesellschaft besser wahrzunehmen und könnte auch dazu beitragen, Gewalt gegen Frauen zu reduzieren und mehr Gleichberechtigung zu schaffen.
Orange the World
UN-Kampagne gegen Gewalt an Frauen vom 25. November (dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen) und dem 10. Dezember (dem Internationalen Tag der Menschenrechte). In dieser Zeit erstrahlen weltweit Gebäude in oranger Farbe als sichtbares Zeichen der Solidarität mit Opfern von geschlechtsspezifischer Gewalt.
In Vorarlberg erstrahlen unter anderem das Jüdische Museum Hohenems, das Schloss in Wolfurt, die Pfarrkirche Herz Jesu Bregenz, die Landeskrankenhäuser Bregenz und Feldkirch, der Blaue Platz Lustenau, die FH Vorarlberg in Dornbirn, die Heiligstes Herz Jesu in Weiler, die Schattenburg in Feldkirch, die Villa Falkenhorst in Thüringen, die Heilig Kreuz- und die Laurentiuskirche in Bludenz in oranger Farbe.
Liste der teilnehmenden Gebäude:
https://www.unwomen.at/unserearbeit/kampagnen/orange-the-world/oesterreich/
Zusätzlich sind viele Veranstaltungen geplant:
Frauenmuseum Hittisau: Auftakt der 16-tägigen Aktion ist ein Vortrag der Kriminologin Bettina Riederer am 25. November 2024 im Frauenmuseum in Hittisau zum Thema „Schutz im Cyberspace – Strategien gegen Mobbing und Stalking im Netz!!“ mit anschließender Podiumsdiskussion. Im Foyer des FMS wird zudem die Sonderausstellung „Die Befriedigung des Voyerismus” von Nicole Scheffknecht gezeigt.
Bregenzerwald: Die Bregenzerwälder Bürgermeisterinnen und Bürgermeister setzen ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. Jeder Brief, der die Gemeindeämter verlässt, ist mit einem Sticker beklebt. In den einzelnen Gemeinden finden sich orange Warnleuchten, die präsent in den Fenstern des Gemeindeamtes und in öffentlichen Gebäuden und Büchereien aufgestellt werden. Verwendet werden dafür die energiesparenden Baustellenleuchten. Die Büchereien des Bregenzerwaldes richten orange Plätze ein mit Büchertischen. Dort werden Mut- Geschichten, Heldinnenerzählungen und vieles mehr zu finden sein. Mit dieser Initiative will man ermutigen, hinschauen, handeln und Solidarität zeigen.
Alle Briefe, die von Bregenzerwälder Gemeinden versendet werden, werden mit einem orangen Sticker beklebt. In öffenflichen Gebäuden und Bibliotheken werden orange Warnleuchten aufgestellt.
Im Rahmen der jährlichen Kampagne „Orange the World“ und zum Beginn der internationalen 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, laden Soroptimist International Club Bregenz/Rheintal in Kooperation mit der Hypo Vorarlberg Bank AG gemeinsam am Montag, 25. November 2024, um 12.15 Uhr auf dem Vorplatz der Hypo Landeszentrale in Bregenz (Hypo-Passage 1) zu einer Aktion im öffentlichen Raum ein, in deren Rahmen der „Betonporsche“ von Gottfried Bechtold zum sichtbaren Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen bespielt wird.
Dienstag, 26.11.2024, 17.30 Uhr: Eröffnung der Ausstellung „SIOLENCE – Gewalt als zeitlose Unkunst“ von Soroptimist International Österreich in Kooperation mit der Vorarlberger Landesregierung
im Landhaus in Bregenz. Ausstellungsdauer: 27.11. bis 10.12.2024, jeweils 8 bis 17 Uhr