Amsterdamer Lehrstück
Vor drei Wochen erschütterten Gewaltszenen die Stadt Amsterdam. Die internationale Presse, Politiker, jüdische Gemeinden und die üblichen echten und falschen Freunde Israels zeigten sich entsetzt über ein „antisemitisches Pogrom“ gegen die Fans des Tel Aviver Fußballclubs Maccabi. Nach dem Spiel gegen Ajax Amsterdam war es zu gewaltsamen Übergriffen gegen die angereisten Fans aus Israel gekommen.
Die rassistische Agitation innerhalb der niederländischen Regierung hat inzwischen kurzzeitig zu einer kleinen Regierungskrise geführt.
Am Freitag, als diese Meldungen überall in die Nachrichten kamen, gab es schon die ersten Widersprüche. Der Amsterdamer Polizeichef gab an, dass es schon am Abend vor dem Spiel Übergriffe gab, freilich von israelischen Fans auf Amsterdamer Bürger, deren Hautfarbe den Tel Aviver Fans nicht gefiel.
Die Lokaljournalistin Annet de Graaf, von der die überall gesendeten Aufnahmen marodierenden Kapuzenträger stammten, protestierte gegen den Missbrauch ihrer Bilder. Zu sehen waren darin – wenn man genauer hinsah – prügelnde Maccabi Fans in den Vereinsfarben gelb und blau.
Es war schließlich die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die über die Chronologie der Ereignisse berichtete, über israelische Hooligans, die „Tod den Arabern“ und „F*ck Palestine“ brüllten und mit Eisenstangen auf arabisch aussehende Amsterdamer Taxifahrer losgingen, eine palästinensische Fahne verbrannten und zu hunderten in der U-Bahn ein Lied brüllten, das die israelische Armee dafür pries, dass es keine Kinder mehr in Gaza gäbe.
Gewalt gehört zur „Unkultur“ der Ultras der verschiedensten Fußballclubs rund um den Erdball. Maccabi ist da keine Ausnahme. Und dass viele Ultras unter den Fans rechtsradikal, xenophob und frauenverachtend sind, ist auch ein internationales Phänomen. Maccabi Fans greifen in Israel schon mal Demonstranten an, die gegen die Regierung protestieren, oder kündigen an, die Frauen der Fans gegnerischer Clubs zu vergewaltigen.
Doch jenseits von den Blessuren, die auf beiden Seiten Menschen davon getragen haben, ist es vor allem der Missbrauch dieses Konflikts über den zu reden wäre. Schon am Freitag drohten Mitglieder der niederländischen Regierung damit, die Gewalttäter auszuweisen. Und meinten damit nicht die israelischen Hooligans, die von ihrer Regierung schon ausgeflogen waren. Sondern natürlich diejenigen, die am Donnerstag mit noch mehr Gewalt zurückgeschlagen hatten. Und die man gar nicht ausweisen kann, weil sie niederländische Staatsbürger sind, die man aber öffentlich als gefährliche Migranten und Muslime („marokkanische Terroristen“) an den Pranger stellte.
Die rassistische Agitation innerhalb der niederländischen Regierung hat inzwischen kurzzeitig zu einer kleinen Regierungskrise geführt. Doch die ließ sich recht einfach lösen. Die aus Marokko stammende Staatssekretärin im Finanzministerium, Nora Achahbar, trat zurück. Und Regierungschef Dick Schoof erklärte, es gäbe keinen Rassismus in der Regierung.
Hanno Loewy ist Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems.
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