Kuhzungenfall endete mit Frei- und Schuldspruch

Vorarlberg / 20.01.2025 • 12:02 Uhr
Prozess Tierquälerei
Die Landwirte mussten sich wegen Tierquälerei verantworten. EC

Wie Kuh Zunge verlor, konnte nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden.

Feldkirch Ursprünglich waren es drei Landwirte, denen Tierquälerei vorgeworfen wurde. Ein 22-jähriger Jungbauer und dessen 69-jähriger Vater, auf deren Hof sich das Unglück abspielte, und ein 36-jähriger Bauer, welcher den beiden beim Klauenschneiden helfen sollte. Den zwei Jüngeren wurde angelastet, dass sie dem Tier einen Strick durch das Maul gezogen hätten, so dass es zu einem Abtrennen der Zunge kam. Die beiden bestritten dies und erklärten, dass das Tier gestolpert wäre und dabei sich selbst die Zunge abgebissen habe. Dass die Kuh mehrere Tage ohne tierärztliche Versorgung im Stall belassen wurde, war der zweite Vorwurf. „Durch die unterlassene Schmerzbehandlung musste die Kuh unnötig Schmerzen ertragen“, so der Sachverständige Erik Schmid. Und auch Richter Alexander Wehinger sah das so. Der 69-Jährige wurde, nicht rechtskräftig, in erster Instanz zu einer zur Hälfte bedingten Geldstrafe von 12.000 Euro verurteilt.

Weiterer Schuldspruch

Auch der Sohn des Landwirtes, der auf demselben Hof arbeitet, wird verurteilt, weil er es unterließ, einen Veterinär zu holen. Die Gerichtsmedizinerin Elke Doberentz betont, dass das Schmerzempfinden der Tiere mit dem des Menschen übereinstimme. Die mit Nerven stark durchzogene Zunge ist sehr schmerzempfindlich, und jeder, der sich einmal auf die Zunge gebissen hat, weiß das. Das Argument, die Kuh habe gefressen und getrunken, lässt das Gericht nicht gelten. Und auch Erik Schmid legt klar, dass dieser Umstand hinsichtlich Schmerzen gar nichts bedeutet: „Das ist logisch, das war eine Hochleistungskuh, sie hatte einen enormen Energiebedarf, aber sie hatte bei jeder Futteraufnahme starke Schmerzen“. Der bereits vierfach vorbestrafte 22-Jährige muss somit ebenfalls eine Strafe zahlen. 1440 Euro. Er bekämpft so wie der Vater das Urteil, womit es noch nicht rechtskräftig ist.

Gutachten überrascht

Das gerichtsmedizinische Gutachten der Humanmedizinerin Elke Doberentz sorgt für Überraschung. Demnach wurde die Zunge nach dem Verletzungsbild nicht abgebissen, aber auch ein Abtrennen durch einen Strick hält die Sachverständige für höchst unwahrscheinlich. Somit ergeht bezüglich des 36-jährigen Nachbarn ein Freispruch und auch der 22-Jährige wird in diesem Punkt vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen. Die Humanmedizinerin erläutert ausführlich verschiedene Varianten von „Abrissspuren“, erklärt „Abtrennränder“ und „Spurenbilder“. Schlussendlich bleibt übrig: Weder ein Abbeißen noch ein Abtrennen durch einen Strick scheint gerichtsmedizinisch plausibel. Umgekehrt kann die Sachverständige nicht ausschließen, dass sich die Kuh die Zunge abbiss. Somit Freispruch. „Auch wenn ich Ihnen Ihre Version nicht bedingungslos glaube, für einen Schuldspruch bräuchte ich eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit und die habe ich nicht“, so Wehinger in der Urteilsbegründung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.