Umstrittener Millionen-Deal um Grundstück in Dornbirn wirft neue Fragen auf

Vorarlberg / 05.02.2025 • 17:30 Uhr
Umstrittener Millionen-Deal um Grundstück in Dornbirn wirft neue Fragen auf
Die Stadträte Juliane Alton (Grüne, oben) und Christoph Waibel (FPÖ, unten) hatten das Grundstücksgeschäft schon 2020 heftig kritisiert. Die Nachtragsvereinbarung war ihnen bisher nicht bekannt, sorgt jetzt aber für reichlich Unmut. Grüne, FPÖ, VN/Steurer

Exklusive VN-Recherche bringt neue Details um Immobiliengeschäft der Stadt Dornbirn ans Licht. “Geheime” Nachtragsvereinbarung begünstigt private Grundstückseigentümer.

Dornbirn Dieses Immobiliengeschäft hätte im Geheimen stattfinden sollen. Erst zu Beginn der Coronapandemie eilig per Umlaufweg an einer regulären Stadtvertretung vorbei zur Abstimmung gebracht, fand die umstrittene Sicherung von zwei Grundstücken im Baurecht im Mai 2020 dennoch den Weg in die Medien. Weil Informationen zum Geschäft, das offensichtlich ÖVP-nahen Familien einen Geldregen bescheren sollte, an die Öffentlichkeit gelangten, wurden Strafanzeigen gegen Stadträte geprüft und die Berichterstattung mit angedrohten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärungen begleitet. Eine exklusive VN-Recherche bringt jetzt neue Details ans Licht, die politischen Sprengstoff bergen. Es geht dabei im Wesentlichen um eine Nachtragsvereinbarung zum Baurechtsvertrag, der schon in der Ursprungsversion äußerst großzügig ausgestaltet war. “Ein attraktives Geschäft für die betroffenen Familien, kein so guter Deal für die Stadt”, hatten mit dem Inhalt vertraute Personen schon damals gesagt. Der Nachtrag liest sich in erster Linie wie ein Nachschlag: Mehr von allem und das ganz im Sinne der privaten Grundstückseigentümer.

Umstrittener Millionen-Deal um Grundstück in Dornbirn wirft neue Fragen auf

Stein des Anstoßes sind zwei jeweils rund 3500 Quadratmeter große Grundstücke in unmittelbarer Nähe der Fachhochschule – dem Sägenareal. Die Stadt hatte sich mit den Eigentümerfamilien auf Baurechtsverträge geeinigt. Vom 1. September 2023 bis ins Jahr 2063 sollten rund 15 Millionen Euro fließen, wobei die Verpächter Besitzer der Böden bleiben. Die Stadtvertretung hat den Deal 2020 mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ abgesegnet. Die große städtebauliche Bedeutung des gesamten Areals habe diese Investition gerechtfertigt, heißt es dazu noch heute in einer schriftlichen Stellungnahme aus dem Rathaus.

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Die Stadt hatte es 2020 offenbar eilig. Neben der per Umlaufweg erzwungenen politischen Abstimmung sollte auch der Vertrag rasch in trockene Tücher. Bei der Vertragserrichtung sind allerdings Fehler unterlaufen, die dem Grundbuchgericht nicht unbemerkt blieben. Ein neues Vertragswerk als Nachtrag sollte schließlich eine korrekte Abwicklung garantieren. Nachgebessert wurde aber nicht nur im juristischen Sinne. Vielmehr wurde das Baurecht zeitlich großzügig ausgedehnt. Statt 40 plus zehn weitere Jahre, läuft es jetzt optional bis ins Jahr 2113. Zweimal darf die Stadt den Vertrag demnach verlängern, das könne man als Vorteil sehen, heißt es dazu auf VN-Anfrage aus dem Rathaus. Muss aber kein Vorteil sein, vielmehr könnte es auch eine millionenschwere Bürde bedeuten, beschreiben Experten die den VN vorliegenden Vertragsdetails. Sicher scheint jedenfalls, dass die Vereinbarung im Falle einer Notwendigkeit für eine Verlängerung finanziell große Unwägbarkeiten birgt.

Umstrittener Millionen-Deal um Grundstück in Dornbirn wirft neue Fragen auf
Bis heute gibt es kein konkretes Projekt, das auf den im Baurecht erworbenen Flächen realisiert werden könnte. Zudem verfügt die Stadt Dornbirn in unmittelbarer Nähe bereits eigene Grundstücke. VN/Steurer

Teurer als angenommen dürfte der Deal ohnedies kommen. Das hat mit einer notwendig gewordenen Vorverlegung der Laufzeit vom 1.9.2023 auf den 1.1.2021 zu tun. Gegenüber den VN dementiert das Rathaus zusätzliche Kosten, argumentiert damit, dass die Fälligkeit des ersten Bauzinses unverändert geblieben sei. Die den VN bekannten Vertragsdetails lassen allerdings erhebliche Zweifel an der offiziellen Darstellung aufkommen. “Der Bauzins ist erstmalig mit 5. Jänner 2021 zur Zahlung fällig”, heißt es dazu im Wortlaut der Nachtragsvereinbarung.

Umstrittener Millionen-Deal um Grundstück in Dornbirn wirft neue Fragen auf
Eine VN-Recherche im Grundbuch bringt neue Vertragsdetails ans Licht. VN/Gasser

Das achtseitige Papier, das bisher wohl nur einer Handvoll Personen bekannt war – darunter die Unterzeichner Andrea Kaufmann und Julian Fässler (beide ÖVP), wirft viele Fragen auf. Wer hat entschieden, wer wusste davon? Dornbirns FPÖ-Hochbaustadtrat Christoph Waibel, der wie die Grüne Stadträtin Juliane Alton das Grundstücksgeschäft schon 2020 massiv kritisiert hatte, zeigt sich entsetzt. “Dieser Vereinbarung fehlt jegliche Legitimation. Es gibt keinen Beschluss dazu.” Auch Juliane Alton sagt, dass es nur für den ursprünglichen Inhalt eine Abstimmung gab, auch ihr seien die nachträglichen Vereinbarungen nicht bekannt gewesen. Beide haben über die Existenz der Nachtragsvereinbarung erst im Zuge der VN-Recherche erfahren.

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Stadträtin Juliane Alton (Grüne) sieht in den Verträgen einen “groben Fehler und eine extreme Belastung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt”. Grüne

Offensichtlich fließen bereits seit vier Jahren Gelder in Höhe von jährlich über 300.000 Euro an die privaten Grundstücksbesitzer. Eine Nutzung der Flächen ist unterdessen nicht in Sicht. Auch nicht in den nächsten Jahren, wie Christoph Waibel sagt. “Es ist das der schlechteste Deal, den Dornbirn jemals gemacht hat”, ärgert er sich über Gelder in Millionenhöhe, die verschwendet würden. Auch Juliane Alton, die bereits den ursprünglichen Vertrag mit einer Aufsichtsbeschwerde bekämpft hatte, spricht von “einem groben Fehler und einer extremen Belastung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt”. Es würden einige Leute reich gemacht, ohne dass die Allgemeinheit etwas davon habe.

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FPÖ-Stadtrat Christoph Waibel spricht vom “schlechtesten Deal der Stadt Dornbirn überhaupt”. FPÖ

Zur Tagesordnung übergehen könne man jetzt jedenfalls nicht, so Christoph Waibel. “Die Vorgänge müssen geprüft und aufgearbeitet werden und es muss auch ein Exit-Szenario geprüft werden. Das sollten Leute machen, die davon eine Ahnung haben”, bringt Waibel etwa den Landesrechnungshof ins Spiel.