“Sich nicht finanziell vom Partner abhängig machen” – Scheidung ohne böse Überraschungen

Vorarlberg / 10.02.2025 • 13:00 Uhr
Birgitt Breinbauer
Rechtsanwältin Birgitt Breinbauer weiß, dass Schnellschüsse bei einer Scheidung nicht klug sind und alles zuerst wohlüberlegt werden muss. Marcel hagen

Wer sich trennt, sollte seine Rechte und Pflichten kennen. Die Dornbirner Scheidungsanwältin Birgitt Breinbauer gibt wichtige Tipps, um keine finanziellen Fehler zu begehen.

Dornbirn Lässt sich ein Ehepaar scheiden, dann trifft das die Betroffenen nicht nur in emotionaler Hinsicht schwer, sondern hat auch finanzielle Auswirkungen. Die Dornbirner Rechtsanwältin Birgitt Breinbauer erklärt, worauf Betroffene achten sollten, um keine folgenschweren Fehler zu machen.

“Grundsätzlich empfehle ich, sich nicht vom Partner finanziell abhängig zu machen und zwar in beide Richtungen: Nicht als Gebender und nicht als Nehmender”, betont die Scheidungsanwältin. Innerhalb einer Beziehung sei es wichtig, auf Augenhöhe zu bleiben und eigene finanzielle Unabhängigkeit zu bewahren.

Ehevertrag nicht immer sinnvoll

Einen Ehevertrag vor der Hochzeit hält Breinbauer in vielen Fällen für entbehrlich. Ein Ehevertrag verursacht hohe Kosten, unter anderem durch eine zwei Prozent hohe Rechtsgeschäftsgebühr ans Finanzamt – “das kann je nach Vertrag ins Geld gehen“ – sowie Notariatskosten. Zudem kann das Gericht bei einer strittigen Scheidung das eheliche Vermögen anders aufteilen als im Ehevertrag vorgesehen, wenn der Vertrag eine unbillige Benachteiligung eines Partners vorsieht.

Die Familienrechtsexpertin ist Rechtsanwaltskammerpräsidentin. Hagen
Die Familienrechtsexpertin empfiehlt jedem, innerhalb der Beziehung auf Augenhöhe unterwegs zu sein. Marcel Hagen

Vorsorge beginnt vor der Hochzeit

Viel wichtiger ist es, sich vor einer Eheschließung bewusst zu machen, welche Auswirkungen eine Ehe hat. „Wer weiß, worauf er sich einlässt, kann seine Entscheidungen besser abwägen“, so die Scheidungsanwältin. Ein häufiges Beispiel: Ein Paar lebt lange in einer Lebensgemeinschaft, baut ein Haus, die Frau kümmert sich um die Kinder, während der Mann arbeitet und den Kredit bedient. Später wird irgendwann geheiratet. “Hier gebe ich zu bedenken, dass alles, was hier vor der Eheschließung passiert ist, nicht in die Ehe mit einbezogen wird”, gibt Breinbauer zu bedenken. Was auch zu wenig beachtet wird, ist dass der Baugrund jenem Ehepartner gehört, der ihn in die Ehe miteingebracht hat.

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Auch wenn man die Berufstätigkeit über eine lange Zeit aufgibt und sich erwartet, dass in der Pension ein Pensionssplitting greift, dann steht man vor einem Problem, warnt Breinbauer. Vor allem gibt die Rechtsanwältin zu bedenken, dass es problematisch sei, wenn kurz vor der Scheidung ein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werde, das den Anspruch auf Unterhalt beeinträchtigt.

Breinbauer kritisiert, dass Österreich im europäischen Vergleich rückständig sei. Während in vielen Ländern ein modernes Unterhaltsrecht ohne Schuldfrage existiere, gilt hierzulande noch immer die Verschuldensscheidung. „Erst wenn das Pensionssplitting gesetzlich geregelt ist, gibt es keine ungerechten Situationen mehr – und wir müssen nicht mehr vor Gericht über die Verschuldensfrage beim Unterhalt streiten“, erklärt sie.

Einen Bereich gibt es, in dem keine sinnvolle Vorsorge getroffen werden kann: gemeinsame Schulden und Vermögenswerte. „Durch die KIM-Verordnung und durch die hohen Immobilienpreise können sich viele keine Ausgleichszahlung mehr leisten. Dies ist ein Dilemma“, weiß Breinbauer aus ihrem Arbeitsalltag.

Zeit nehmen

Breinbauers wichtigster Rat für Betroffene: Keine überhasteten Entscheidungen treffen. „Nur wer weiß, was ihm zusteht und worauf er verzichtet, kann die Konsequenzen abschätzen. Schnellschüsse sind bei einer Scheidung nicht klug“, betont sie. Außerdem brauche eine Trennung Zeit – und die müsse man sich auch persönlich nehmen.

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