“Mit Verschulden kommst nicht weit” – Markus Kuhn und ein Schaden, den niemand zahlt

Vorarlberg / 13.02.2025 • 17:15 Uhr
Markus Kuhn
Markus Kuhn in seinem Ausweichquartier. Bislang blieb er auf seinem Schaden sitzen. VN/Rauch

Vor einem Jahr brannte ein Batteriewerk in Wolfurt. Markus Kuhn wurde zum Geschädigten – und niemand ist schuld.

Wolfurt “Mit Verschulden kommst du hier nicht mehr weit”, sagt Markus Kuhn in seinem Ausweichquartier. Vor einem Jahr wurde sein Unternehmen für die Digitalisierung von öffentlichen Dokumenten ein Raub der Flammen. Er sitzt nun auf einem Schaden von 100.000 Euro – und niemand fühlt sich verantwortlich, da niemand schuld ist.

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Vor einem Jahr fingen beschädigte, auf ihre Entsorgung wartende Akkus in einem Lager der e.battery in Wolfurt Feuer. Erst im Vorjahr gab es einen Brand im Prüfraum, der recht glimpflich verlief. Im Jänner 2024 gab es infolgedessen eine kommissionelle Schlussabnahme durch die Bezirkshauptmannschaft Bregenz. Darin wird der Lagerraum im Erdgeschoss als EI 30 (brandhemmend, keine Weitergabe von Flammen und Hitze für 30 Minuten) eingestuft. Hier durften in entsprechenden Sicherheitsbehältnissen auch beschädigte Akkus verbleiben. Gegen 07.20 Uhr wurde der Brand bemerkt und Alarm gegeben. Wenig später blickte Kuhn auf brennende Bitumen. Er ist sich sicher: Bei allen Behördenverfahren dachte einfach niemand daran, ob die Gebäudehülle selbst den Anforderungen gewachsen ist. “Im vorliegenden Fall bestand das Dach teilweise aus einer abschließenden zentimeterstarken Bitumenschicht, welche entflammte. Jedenfalls dauerte es nur wenige Minuten bis das Dach, unter welchem die schadhaften Batterien gelagert worden waren, in Flammen stand.”

Markus Kuhn
Markus Kuhn begleitet der Brand nun ein Jahr. Niemand sieht sich in der Verantwortung, ihm seinen Schaden zu ersetzen. VN/Rauch

Das Areal in Wolfurt ist als Betriebsgebiet der Kategorie II eingestuft. Das Raumplanungsgesetz sieht dieses für Betriebe vor, von denen wesentliche Störungen für die Umgebung des Betriebsgebiets ausgehen können. Kuhns alter Arbeitsplatz war im obersten Stock des alten Verwaltungsgebäudes, unter seinem Büro befand sich die Gebäudedecke der von e.battery gemieteten Halle. Bereits zuvor war hier ein Elektrobetrieb, aber vergleichbar sei das nicht. “Zwischen dem Zusammenschrauben elektrischer Schaltkästen und der Produktion und Lagerung von Akku-Packs besteht offensichtlich ein großer Unterschied im Gefahrenpotenzial”, ärgert sich der Archivar. “Das sehe ich als Laie.” Für ihn, der schon tausende Bauakten digitalisierte, handelte es sich um eine “wesentliche Änderung der Verwendung eines Gebäudes” – und damit eine Sache für das Baugesetz. Er ist überzeugt: Dass seine Geräte verbrannt sind, was nicht schicksalhaft, sondern im bestehenden Rechtsrahmen vermeidbar gewesen.

"Mit Verschulden kommst nicht weit" - Markus Kuhn und ein Schaden, den niemand zahlt
Im Verwaltungsgebäude im obersten Stockwerk war Kuhns Büro. Unter ihm die Dächer aus Wellblech und Bitumen, die dem Brand nachgaben. VN

Kuhn ist überzeugt, dass man hier strenger sein müssen hätte. Dass das Dach nicht berücksichtigt wurde, entnimmt er der Norm: Jene Kürzel, die sich auf Dächer beziehen, beginnen grundsätzlich mit einem R bezüglich Tragfähigkeit, also REI. Und für ihn hätte es aufgrund der Akkus nicht brandhemmend, sondern brandbeständig, mit einer Widerstandszeit von 90 Minuten, benötigt. Aber bei der Betriebsanlagengenehmigung sah man alle Auflagen als erfüllt an. Kuhn vermutet, dass man sich oft einfach auf die Auflagen verlässt, ohne einen kritischen Blick auf die Substanz zu werfen

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Brand Gewerbepark Meusburger
Das Brandobjekt, wie es sich am Tag nach dem Brand darstellte. Kühn hätte sich erwartet, dass bei einer solchen Nutzung die grundsätzliche Eignung der Außenhülle hinterfragt worden wäre. VN/Sohm

Schlussendlich war also niemand Schuld – doch es muss ein Fehlverhalten geben, damit Versicherungen den Schaden übernehmen. Unverständlich für Kuhn. Er wünscht sich, dass künftig in risikobehafteten Sparten vom Verschuldungs- zum Gefährdungsprinzip gewechselt wird. So haftet auch im Straßen- oder Bahnverkehr ein Betreiber auch ohne schuldhaftes Fehlverhalten, wenn er einen Schaden verursacht.

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