Vor fünf Jahren erster Fall in Mellau: “Corona hat viele Dinge beschleunigt”

Fünf Jahre Corona: In Mellau gab es vor fünf Jahren den ersten Corona-Fall im Land. Bürgermeister Tobias Bischofberger und die Erinnerung.
Darum geht’s:
- Erster Covid-Fall in Mellau am 5. März 2020.
- Bischofberger reflektiert über Corona und gesellschaftliche Veränderungen.
- Wert physischer Begegnungen wird von dem Bürgermeister betont.
Mellau Gerne hätte Tobias Bischofberger (48) auf diese Art von Publicity verzichtet. Aber die Umstände wollten es nun mal anders. Es war in Mellau, wo am 5. März 2020 die erste Covid-Infektion im Land offiziell bekannt wurde. Der damals 30-jährige Mann hatte sich in Wien mit dem Virus angesteckt, fuhr mit dem Zug nach Vorarlberg und erfuhr dort von seiner Ansteckung.
“Natürlich hatte ich keine Vorstellung davon, was danach noch alles kommen sollte. Ich weiß noch, wie ich mit unserer Gemeindeärztin ins Landhaus nach Bregenz fuhr. Da versammelte sich eine größere Zahl hoher Vertreter vom Land in einem kleinen Raum. Ohne Masken, ohne Abstand. Mit dem Wissen von heute würde man sagen, dass die alle nicht ganz dicht waren”, schmunzelt Bischofberger.

Persönliches Schicksal
Viel zu lachen gab es damals für ihn nicht. Bischofberger erlitt just in jenen Tagen einen Hirnschlag. Kurz vor dem ersten Lockdown. “Für mich persönlich war der gut. Ich konnte mich in dieser Zeit erholen.” Dass Mellau in der Entwicklung des Virus in Vorarlberg keine bedeutende Rolle mehr spielte, konnte der 1300 Seelen-Kommune trotzdem nicht die “Pionier-Rolle” nehmen. Immer wieder war Bischofberger ein gesuchter Interview-Gast, während der Infizierten-Erstling selbst sich öffentlich nie äußern wollte. In Mellau starb niemand an Covid, schwere Erkrankungen aufgrund einer Infektion sind dem Ortschef auch nicht bekannt.

Viel Positives erlebt
Doch dem vierfachen Familienvater sind die Tage, Wochen, Monate und Jahre in der Corona-Zwangsjacke nicht nur in nachhaltiger Erinnerung geblieben, sie haben ihn vor allem zum tiefgründigen Denken und Reflektieren über seine Tätigkeit und die Gesellschaft gebracht.

“Es haben sich damals viele Dinge beschleunigt. Entweder zum Guten oder zum Schlechten. Beziehungen sind entweder zerbrochen oder haben sich gefestigt, die Lockdowns haben Stärken und Schwächen des Zusammenlebens offen gelegt. Ich für mich habe sehr viel Positives erleben dürfen. Sowohl was meine Familie anbelangt, wie auch mein Team in der Gemeinde, das in der Zeit meiner Erkrankung hervorragend funktioniert hat. Mir wurde klar: Auf einen Bürgermeister kann man kurzfristig viel eher verzichten als auf eine effektive Verwaltung, die den Betrieb am Laufen hält.”

Lektion in Sachen Demut
Mehr denn je schätzt Tobias Bischofberger, Neffe des Wissenschaftsstars und Tamiflu-Erforschers Norbert Bischofberger, den Wert menschlicher Begegnungen. “Ich meine damit nicht digitale Kontakte, sondern das physische Zusammenkommen von Menschen und Gruppen aller Art.” Es gehe ihm dabei auch um Kontakte zu Menschen mit anderen Grundhaltungen. Bischofberger landet wieder bei Corona. “Die Impfgegner und Corona-Skeptiker. Es gab sie natürlich auch bei uns. Ich habe versucht, immer mit ihnen im Gespräch zu bleiben. Auch wenn ich ihre Meinungen nicht teilte.”
Demut hat er von der ältesten Mellauerin gelernt. “Sie erzählte mir unter Bezugnahme zu den Lockdowns und den Corona-Problemen: ‘Die Kühlschränke waren doch auch in dieser Zeit nie leer, und ein Holzscheit zum Heizen hatte auch jeder. Also alles halb so schlimm’.”