Zuwanderung stark gesunken

Vorarlberg / 27.02.2025 • 08:44 Uhr
Blick vom Dornbirner Karren auf das sich ausbreitende Häusermeer.  VN/PS
Blick vom Karren auf Dornbirn und das untere Rheintal: Vorarlberg wächst eher nur noch durch Zuwanderung. Doch auch diese lässt nach. Ein Grund: die Wirtschaftskrise. Foto: VN/Steurer

Weniger Asylwerber aber auch Bürger anderer EU-Länder kommen nach Vorarlberg.

SCHWARZACH. Bei all den Zahlen geht es unter: Der Anteil nicht-österreichischer Staatsangehöriger in Vorarlberg macht etwas mehr als ein Fünftel aus. Am 31. Dezember handelte es sich laut Landesstatistik um 86.364 Männer, Frauen und Kinder. Die Zahl ist damit weiter gestiegen, der Zuwachs aber weiter zurückgegangen: von 4751 im Jahr 2022 auf 3148 2023 und 1874 im vergangenen Jahr. Zurückzuführen ist das nicht so sehr auf Einbürgerungen und Abwanderungen als auf die Tatsache, dass immer weniger Menschen ins Land kommen. Sei es als Asylwerber oder Bürger eines anderen EU-Landes etwa.

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„Die Asylzahlen sind derzeit in ganz Europa rückläufig“, erklärt die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger. 2022 seien besonders viele Geflüchtete gekommen, die davor in Transitländern wie der Türkei untergebracht waren. Vor allem syrische Staatsangehörige hätten dort jedoch nur schwer Zugang zu Bildung und Arbeit gehabt und sich daher auf den Weg gemacht: „Mittlerweile ist diese Spitze abgebaut.“

Was man im Vergleich zum Jahr 2022 ebenfalls beachten muss: Damals hat der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine Hunderttausende in die Flucht gezwungen. Allein in jenem Jahr wuchs die ukrainische Community in Vorarlberg um 2101 Mitglieder an. 2024 tat sie das nur noch um 226. Außerdem haben sich die Verhältnisse in Syrien geändert, ist das Assad-Regime gestürzt und damit auch ein Fluchtgrund von dort weggefallen.

Migrationsforscherin Kohlenberger sieht Teile der Aussagen des Kanzlers kritisch.  Parlamentsdirektion/Johannes Zinner
„Die Asylzahlen sind derzeit in ganz Europa rückläufig“, erklärt die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger.  Foto: Parlamentsdirektion/Zinner

Nichtsdestotrotz wird der starke Rückgang der Zahlen kaum thematisiert: Für politische Stimmungsmache seien steigende Zahlen immer günstiger, sagt Kohlenberg: „Ein Rückgang findet oft viel weniger Beachtung. Wie soll man anhand sinkender Zahlen noch verstärkten Grenzschutz oder eine Aussetzung des Asylrechts fordern?“

Die mit Abstand größte Gruppe mit nicht-österreichischer Staatsangehörigkeit in Vorarlberg bilden Deutsche (20.310 Personen). Aber auch Rumänen (4229) und Ungarn (3492) etwa gehören zu den größeren. Also EU-Mitbürger, die sich frei bewegen können, um in einem anderen Land zu arbeiten oder zu studieren.

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Auch bei ihnen kommen immer weniger Leute nach. Das hänge unter anderem mit der Wirtschaftsflaute zusammen, erklärt Caroline Manahl von „Okay, zusammen leben“, der Projektstelle für Zuwanderung und Integration im Land: Bei Rumänen und Ungarn sei es naheliegend, dass Wanderungsbewegungen auf wirtschaftliche Dynamiken reagieren. Viele Rumänen seien hierzulande in Branchen wie dem Bau tätig, die in einem besonderen Maße von der aktuellen Rezession betroffen sind. Das treffe abgeschwächt auch auf Ungarn zu.

Zuwanderung stark gesunken
Bei Rumänen und Ungarn sei es naheliegend, dass Wanderungsbewegungen auf wirtschaftliche Dynamiken reagieren, sagt Caroline Manahl.Foto: VN/Steurer

Bei deutschen Staatsangehörigen ist es laut Manahl weniger der Fall. Sie seien eher in Bereichen beschäftigt, die nicht vom wirtschaftlichen Abschwung betroffen sind; im Gesundheitswesen zum Beispiel. Bei ihnen könnte etwas anderes eine größere Rolle spielen, wie Kohleberger meint: die Alterung. Migranten seien tendenziell junge, arbeitsfite Menschen, von denen es aufgrund der demographischen Entwicklung auch in Deutschland immer weniger gebe.