“Bevor der Hannes nicht herunten ist, kann ich sowieso nicht zählen”

Skirennen, prominente Wähler und Helfer, Wienerle und ein Abschied: So hat Warth gewählt.
Warth Kilian Albrecht (51) hat es offensichtlich eilig, als er kurz vor 9.15 Uhr das Gemeindeamt in Warth betritt und keine fünf Minuten später auch schon wieder verlässt. „Ich muss, ich muss das Skirennen anschauen“, sagt der ehemalige Skirennläufer und Manager von Mikaela Shiffrin und lacht. „Aber das Wahlrecht muss man ausüben. Ich bin oft genug im Ausland, wo ich es nicht kann. Ich habe zwar immer eine Wahlkarte, aber ab und zu vergesse ich das Datum.“


Albrecht ist einer von 141 Warthern, die heute wahlberechtigt sind, und nicht der Einzige, der das Skirennen heute nicht verpassen möchte. In Hafjell steht um 9.30 Uhr der vorletzte Männer-Slalom der Skiweltcup-Saison am Programm. Johannes Strolz ist als 23. am Start. Der Fernseher darf im Wahllokal nicht laufen. Johannes’ Vater Hubert Strolz verfolgt das Rennen daher nebenbei auf dem Handy. Der 62-Jährige ist einer von sieben Wahlbeisitzern in Warth.


Der Bürgermeister der knapp 180-Einwohnergemeinde heißt seit Juni 2012 Stefan Strolz (58). Seither gilt in Warth, wie in zwölf weiteren Vorarlberger Gemeinden, das Mehrheitswahlrecht. Das heißt, dass kein Wahlvorschlag abgegeben wird und die Wähler selbst entscheiden, welche Namen sie auf den Stimmzettel schreiben. “Früher hat es bei uns auch Listen gegeben, aber in so einem kleinen Dorf ist eine Liste nichts Gutes. Das spaltet ein Dorf”, sagt der Bürgermeister. Jeder Bürger kann maximal 18 Namen nennen. Jeder, der gewählt wird, bekommt eine Stimme. “Du kannst nicht reihen, du kannst keine Vorzugsstimmen geben. Du schreibst genau die Leute rauf, von denen du willst, dass sie in der Gemeinde, im Tourismus mitarbeiten”, erläutert Stefan Strolz.



Das einzige Wahllokal in Warth ist seit 7.30 Uhr offen. Wahlschluss ist um 10 Uhr. Der Gemeindechef grinst: “Wir machen das im Schnelldurchlauf. Wir sind ein Tourismusort. Die Liftangestellten müssen zum Lift, die Hotelbetreiber haben alle Frühstück. Deshalb hören wir so früh auf.” Gemeindesekretär Dominik Ulsess nimmt es genau. Um Punkt 10 Uhr kontrolliert er noch einmal den Briefkasten und schließt anschließend die Eingangstür ab. Dann kann es losgehen. Wobei . . . “Bevor der Hannes nicht herunten ist, kann ich sowieso nicht zählen“, bemerkt Wahlbeisitzer Hubert Strolz. „Wann kommt er?”, fragt einer der Anwesenden in die Runde. “Noch zwei”, sagt einer. “Dann müssen wir noch warten”, bestätigt der Bürgermeister.



Mittlerweile läuft der Fernseher. Bei der Fahrt von Johannes Strolz ist es für einmal mucksmäuschenstill. Gegen 10.10 Uhr schafft er es als Zwölfter ins Ziel. Im Wahllokal in Warth kann somit mit dem Auszählen begonnen werden. Zunächst sind die Wahlkarten an der Reihe. Von den 25, die bestellt wurden, sind 24 zurückgekommen. Stefan Strolz packt die Wahlurne, in die er zuvor die Kuverts mit den Wahlkarten geworfen hat, und hebt sie in die Höhe. “Vor Gebrauch schütteln, damit das passt”, merkt er amüsiert an. Dann leert er die Kuverts vor den Augen der Wahlbeisitzer auf den großen Tisch.



Für Josef Bickel (72) ist es nach über 40 Jahren der letzte Einsatz als Wahlbeisitzer. Ein letztes Mal hat er zur Verköstigung der Wahlhelfer Wienerle, Senf, Kren und Semmeln mitgebracht. “Ich bin ein bisschen nervös”, gesteht er. In seiner Stimme schwingt Wehmut mit. “Ich habe es immer wahnsinnig gerne gemacht, aber einmal ist einfach fertig. Ich höre nicht mehr gut, ich sehe nicht mehr gut, deswegen höre ich auf”, sagt der Seniorchef des Dorfcafés.


Warth ist eines der ersten Resultate, das feststeht. 99 Bürger haben gewählt. Stefan Strolz bleibt Bürgermeister. Er hat 83 Stimmen bekommen, gefolgt von Harald Bickel (55), Christoph Weißenbach (52), Markus Roiderer (43), Markus Strolz (39), Patrik Marinelli (36), Carolin Pfefferkorn (29), Oswald Jäger (29) und Marcel Moll (29).


