Eine ganz besondere Schatzkammer: Besuch beim Sommelier des Jahres

Vorarlberg / 26.03.2025 • 09:10 Uhr
Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
Josef Neulinger wurde soeben von Falstaff zum “Sommelier des Jahres” gekürt. 2018 hat er bereits eine Auszeichnung vom Gault-Millau und 2023 vom Schlemmeratlas erhalten. VN/Rhomberg

Josef Neulinger hat für die VN die Weinkellertüren im Almhof Schneider geöffnet.

Lech Im Weinkeller des Almhof Schneider in Lech liegen knapp 35.000 Flaschen. Josef Neulinger hat so ziemlich jeden Wein hier mindestens einmal selbst getrunken oder gekostet, zu fast jedem hat er einen persönlichen Bezug. „Ein Sommelier ist nichts anderes als ein Bindeglied zwischen dem Produzenten und demjenigen, der den Wein trinken möchte. Darum ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, dass man weiß, wer der Mensch ist, der sich ein Jahr lang abgeplagt hat, damit er etwas in die Flasche bekommt. Ich kenne zu 80 Prozent die Personen, die den Wein machen und die Regionen, weil ich selbst immer wieder hinfahre“, erzählt der 44-Jährige.

Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
Josef Neulinger setzt auf ein traditionelles Weinkellermanagement. “Wir kaufen viele Sachen ein, die dann oft zehn Jahre liegen bleiben, bevor sie auf die Karte kommen”, sagt er.

Josef Neulinger arbeitet seit 24 Jahren im Almhof Schneider. Soeben wurde er vom Falstaff zum Sommelier des Jahres gekürt. Das Magazin überschlägt sich mit Lobeshymnen und spricht von „einer der tiefgründigsten und vielfältigsten Weinkarten der Alpen“. Der gebürtige Oberösterreicher verstehe es, einem einen Wein um kaum 50 Euro mit vergleichbarer Freude an der Materie ans Herz zu legen wie die edelsten Jahrgänge der High-End-Weine. Fazit: „Jedes Glas Wein wird hier zu einem Erlebnis.“

Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
Der Felsen sorgt für eine natürliche Luftfeuchtigkeit.

Die Wein-Schatzkammer des Almhof besteht aus einem Hauptkeller und zwei, etwas einfacher gestalteten Arbeitskellern. „Das einzig Elektrische, das wir haben, ist das Licht. Der Rest ist alles Natur“, sagt Josef Neulinger und zeigt auf einen Felsen im hinteren Bereich des Hauptkellers. „Das ist im Prinzip die Böschung rauf in Richtung Madlochblick. Durch den Felsen bekommen wir Wasser und damit eine natürliche Luftfeuchtigkeit rein. Der Lehmputz kann die Feuchtigkeit super aufnehmen und gibt sie auch wieder langsam ab. Wir haben auch das ganze Jahr über einen Temperaturmittelwert von rund zwölf Grad. Das ist super, weil die Weine so langsam reifen. Viele Sachen, die wir einkaufen, bleiben oft zehn Jahre liegen, bevor sie auf die Karte kommen.“

Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
Der heutige Hauptkeller war früher ein Öltankraum.
Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
In den drei Kellern liegen insgesamt rund 35.000 Flaschen. Ob ein Wein teuer ist, ist für Josef Neulinger nicht zwangsläufig eine Frage des Preises: „Weine, von denen wir im Jahr nur eine Flasche bekommen und die 50 Euro kosten, sind für mich genauso teuer, wie eine Flasche, die 1000 Euro kostet“, sagt er.

Damit ein Wein überhaupt eine Chance hat, bei Neulinger im Keller zu landen, muss er im Weingarten und nicht im Keller gemacht sein, eine Persönlichkeit haben und die Herkunft widerspiegeln. „Es können auch einfache, leichte Weine sein, die begeistern“, unterstreicht der 44-Jährige.

Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
Vorne Rotwein, hinten Schaumwein: Ein Blick in den Hauptweinkeller des Almhof Schneider. Um doppelt abgesichert zu sein, wird ein digitales und ein schriftliches Kellerbuch geführt.

Die Weinkarte des Fünf-Sterne-Superior-Hauses umfasst knapp 1200 Positionen. Der Fokus liegt auf Europa. Der günstigste Wein kostet 39 Euro, der teuerste 39.000 Euro. Bei letzterem handelt es sich um einen Romanée-Conti der Domaine Romanée-Conti, Jahrgang 1990. „Dieser Wein hat vor ein paar Jahren auf einer Auktion in Singapur 36.000 Euro erzielt. Solche Auktionen regulieren den Markt. Wir sind bei diesen Weinen immer ein bisschen unter dem aktuellen Marktpreis“, erläutert der Almhof-Chefsommelier. Die Domaine de la Romanée-Conti gilt als Synonym für ikonischen Weltklasseweine. In derselben Preisklasse gäbe es aber viele Weine, sagt Neulinger.

Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
Josef Neulinger hat auch Weine auf der Karte, die knapp 40 Euro kosten. „Es heißt immer Lech ist so teuer und Lech kann man sich nicht leisten, aber man kann in Lech zu einem guten Preis essen gehen, zu einem guten Preis schlafen und zu einem guten Preis etwas trinken. Aber viele reizen es halt sehr aus“, merkt der Sommelier an.

Hinter den Rotweinen lagern die Schaumweine. Als Beispiel für einen ikonischen Schaumwein zieht der Weinexperte einen Salon Clos du Mesnil aus dem Regal. Der Wein wird nur in kleinsten Mengen und in den besten Jahrgängen produziert. „Es gibt aber auch in Österreich fantastische Schaumweine. Da brauchen wir uns nicht zu verstecken. Wir haben internationale Gäste, die sagen, sie würden gerne einen Schaumwein aus Österreich trinken“, merkt Neulinger an.

Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
Vor dem Eingang zum Weinkeller befindet sich ein Shop.

Die Saison im Almhof Schneider dauert bis 6. April. Den Frühling, Sommer oder Herbst nutzt der 44-Jährige, um die Kontakte zu den Produzenten zu pflegen. Bei den Besuchen immer mitdabei: eine Tube „Elmex fluid“. „Wenn man aus dem Fass kostet, ist das auch eine Challenge für die Zähne und für das Zahnfleisch, weil viele Weine noch keine malolaktische Gärung hinter sich haben. Da ist es gut, wenn man so eine Tube dabei hat“, begründet der Sommelier des Jahres und lacht.

Josef Neulinger, Falstaff-Sommelier des Jahres, zeigt uns den Weinkeller im Almhof Schneider
Viele Flaschen verfügen über einen Lasercode. Damit kann der Produzent nachvollziehen, wer die Flasche gekauft hat.