Verunsicherung durch UV-behandeltes Mehlwurmpulver in Lebensmitteln: Bedenken und klare Absagen in Vorarlberg

Seit dem 10. Februar 2025 ist in der EU die Zugabe von UV-behandeltem Mehlwurmpulver in Lebensmitteln erlaubt, doch in Vorarlberg stoßen diese Neuerung auf Ablehnung und Skepsis, Skepsis und Ablehnung, da Experten und Bäcker den Nutzen der Zutat infrage stellen.
Bregenz Seit dem 10. Februar 2025 ist es in der Europäischen Union erlaubt, bestimmten Lebensmitteln UV-behandeltes Mehlwurmpulver beizumengen. Die getrockneten und zu Pulver verarbeiteten Larven des Mehlkäfers gelten nun offiziell als „neuartiges Lebensmittel“. Laut der EU-Durchführungsverordnung vom 20. Jänner darf das Pulver unter anderem in Brot, Gebäck, Kuchen, Teigwaren, Käse, verarbeiteten Kartoffelprodukten sowie in Obst- und Gemüsekompotten verwendet werden. Das französische Unternehmen Nutri’Earth hat die Zulassung beantragt und darf das Produkt für fünf Jahre vermarkten. Durch die UV-Behandlung wird das Pulver mit Vitamin D3 angereichert und soll als natürliche Quelle dieses Vitamins dienen.

Kein Mehlwurmpulver im Brot
Die neue EU-Verordnung hat für Verunsicherung bei Konsumenten gesorgt. In Dornbirn hat beispielsweise die Bäckerei Luger reagiert. Ein deutlich sichtbarer Hinweis im Verkaufswagen versichert, dass in ihren Produkten kein Mehlwurmpulver enthalten ist. Auch Wolfgang Fitz, Innungsmeister der Vorarlberger Bäcker, zeigte in einem Gespräch mit den VN gleich nach dem grünen Licht der EU eine klare Haltung: „Ich kann meine Hand dafür ins Feuer legen, dass keiner meiner Kollegen dieses Pulver verwenden wird“, so der Chef der Schwanenbäckerei in Wolfurt. „Wir brauchen es weder aus backtechnischer noch aus gesundheitlicher Sicht. Es ist völlig unnütz“, schloss er die Beigabe von UV-behandeltem Mehlwurmpulver in unverpackten Bäckerei-Produkten aus.



Idee nicht neu
Insekten als Bestandteil von Lebensmitteln sind auch in Europa nicht neu. “Abgesehen von Rezepten aus Notzeiten reicht die Verwendung von althergebrachten Rezepten wie der Maikäfersuppe bis zu neueren Verwendungen, wie sie in der österreichischen Leitlinie zu gezüchtete Insekten als Lebensmittel (Heimchen, Wanderheuschrecke, Getreideschimmelkäfer) beschrieben sind”, erklärt Christoph Scheffknecht, Leiter des Instituts für Umwelt- und Lebensmittelsicherheit des Landes Vorarlberg. In all diesen Fällen sei das Insekt als Zutat deutlich erkennbar und meist auch Hauptbestandteil. „Wer eine in Honig glasierte Wanderheuschrecke, die sogenannte Wüstengarnele, oder einen Burger mit zerkleinertem Getreideschimmelkäfer isst, trifft eine bewusste Entscheidung“, sagt Scheffknecht.

Harald Siegl, Leiter der Lebensmitteluntersuchung des Landes Vorarlberg, ergänzt: „Abgesehen vom roten Farbstoff Karmin, der aus Schildläusen gewonnen wird, waren Insekten als bewusst zugesetzte Nebenbestandteile in Österreich bisher unüblich.“ Man kenne solche Zusätze vor allem von exotischen Lebensmitteln wie dem sardischen Madenkäse Casu Marzu.

Kritik an “unsichtbaren Zutaten”
Die Zulassung von UV-behandeltem Mehlwurmpulver sowie von teilweise entfettetem Grillenpulver bringt nun „unsichtbare“ Insektenanteile in Grundnahrungsmittel wie Brot, Teigwaren oder sogar bierähnliche Getränke. Die beiden Experten kritisieren, dass der Zweck dieser Zusätze – meist im niedrigen einstelligen Prozentbereich – unklar bleibe. Scheffknecht formuliert es so: „Es wird zwar oft mit dem Ersatz tierischer Eiweiße aufgrund ökologischer Bedenken argumentiert, aber bei einem Anteil von 0,1 Prozent Grillenpulver in einem bierähnlichen Getränk ist das schwer nachvollziehbar.“
Kennzeichnungspflicht bei verpackten Lebensmitteln
Für Konsumenten bleibt immerhin eine Orientierungshilfe: Enthalten (vor)verpackte Lebensmittel Insekten, muss dies klar deklariert sein. Die EU schreibt genaue Bezeichnungen vor. Im Fall des Mehlwurmpulvers lautet diese: „UV-behandeltes Larvenpulver von Tenebrio molitor (Mehlwurm)“. Zusätzlich ist ein Allergiehinweis für Menschen mit Allergien gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben verpflichtend.
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Diese Insekten sind in der EU als Lebensmittel zugelassen:
Juni 2021: Mehlkäfer* (Tenebrio molitor), getrocknete Larven
November 2021: Wanderheuschrecke (Locusta migratoria), gefroren/getrocknet/pulverförmig
März 2022: Hausgrille** (Acheta domesticus), gefroren/getrocknet/pulverförmig
März 2022: Mehlkäfer* (Tenebrio molitor), gefrorene, getrocknete und pulverförmige Larven
Januar 2023: Hausgrille** (Acheta domesticus), teilweise entfettetes Pulver
Januar 2023: Getreideschimmelkäfer* (Alphitobius diaperinus), gefroren oder getrocknete Larven**, auch als Paste und in Pulverform
Seit 10. Februar 2025: Mehlkäfer (Tenebrio molitor), UV-behandeltes Pulver ganzer Larven
Anmerkung: *„Mehlwurm“, **„Heimchen“; ***„Buffalowurm“
Insektenkennzeichnung auf dem Produkt
Zugelassenes Insekt „Larven von Alphitobius diaperinus (Getreideschimmelkäfer)“
Zugelassenes Insekt „Teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)“
Zugelassenes Insekt „Acheta domesticus (Hausgrille, Heimchen), gefroren, getrocknet und pulverförmig“
Zugelassenes Insekt „Locusta migratoria (Wanderheuschrecke)“
Zugelassenes Insekt „Getrocknete Larven von Tenebrio molitor (Mehlkäfer)“
Zugelassenes Insekt „Gefrorene, getrocknete und pulverförmige Mehlwürmer (Larven von Tenebrio molitor)“
Zugelassenes Insekt „UV-behandeltes Pulver ganzer Larven von Tenebrio molitor (Mehlwurm)“