“Tierisch interessant”: Rettung aus dem heißen Auto

Schon bei 20 Grad und direkter Sonneneinstrahlung kann es in einem Auto rasch 35 bis 40 Grad heiß werden. Darf man einen eingesperrten Hund da rausholen? Tierärztin Tanja Warter weiß mehr.
Tanja Warter
Bregenz Noch nicht zu heiß, aber nicht mehr so kalt – für Lena aus Bregenz mit und Hund Leo sind derzeit die schönen Tage perfekt für ausgiebige Spaziergänge. Doch die Sonne hat auch Schattenseiten. Mit ihr droht nach und nach wieder eine Gefahr, die allzu leicht unterschätzt wird: Autos können rasch zur lebensgefährlichen Hitzefalle werden, wenn Hunde darin eingesperrt sind. Schon bei 20 Grad im Freien erreichen die Temperaturen in einem geparkten Fahrzeug innerhalb einer halben Stunde fast 40 Grad. Hinzu kommt, dass Hunde keine guten Abwehrstrategien gegen Hitze haben. Anders als wir Menschen können sie nicht schwitzen. Ihre einzige Möglichkeit, den Körper ohne Schatten oder Wasser abzukühlen, ist das Hecheln. Aber das ist wenig effektiv. Erreicht die Körpertemperatur 42 Grad, kommt es zu Störungen im Gehirn und zu Kreislaufversagen. Das kann tödlich enden.

Daraus ergibt sich die Frage: Was kann man eigentlich tun, wenn man einen Hund in einem überhitzten Auto sieht? Konkret fragte mich kürzlich eine Bekannte: „Darf ich dann die Autoscheibe einschlagen?“ Als Tierärztin bin ich da die falsche Ansprechpartnerin. Mein Rat für den Ernstfall wäre eindeutig, könnte aber unschuldige Menschen zu einer strafbaren Handlung verleiten, was ich keinesfalls möchte. Formaljuristisch bekam ich diese Auskunft (nicht verzagen, Erläuterungen folgen): „Wer die Fensterscheibe eines fremden Autos einschlägt, begeht grundsätzlich eine Sachbeschädigung, die nach dem Strafgesetzbuch verboten ist. Liegt allerdings eine Notstandssituation vor, das heißt es droht ein unmittelbarer Schaden für ein geschütztes Rechtsgut, dann kann das Einschlagen der Scheibe zulässig sein. Es muss sich dabei aber immer um das schonendste Mittel handeln, um den Schaden abzuwenden. Der durch das Einschlagen der Scheibe verursachte Nachteil muss deutlich weniger schwer wiegen als jener, der durch die Notstandssituation droht. Im konkreten Fall also der Tod des Tieres.“

Juristendeutsch par excellence. Deswegen habe ich beim Bregenzer Rechtsanwalt Horst Lumper nachgefragt. Seine Erläuterung: „Bevor man fremdes Eigentum beschädigt, sollte man vorher alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft haben.“ Das sei als Erstes: Versuchen, den Besitzer ausfindig zu machen. Zum Beispiel durch Ausruf in einem Einkaufscenter. „Wenn das nicht möglich ist oder niemand in der Kürze der Zeit reagiert, ruft man am besten die Polizei oder die Feuerwehr an.“ Muss das Auto zur Rettung des Tieres geknackt werden, bleiben dem Entdecker unliebsame Rechtsstreitigkeiten erspart.

Doch wenn der Hund die Zeit bis zum Eintreffen der Polizei eventuell nicht überlebt, wird es juristisch gefinkelt. Lumper: „Wenn keine Alternative wie den Autobesitzer ausrufen zu lassen oder Polizei oder Feuerwehr rechtzeitig zu alarmieren existiert und das Tier zu verenden droht, kann im Einzelfall das Einschlagen der Scheibe zulässig sein, weil das Leben des Hundes höherwertiger ist als die beschädigte Fensterscheibe.“

Das ist aber keinesfalls im Vorfeld gesichert. Darum empfehlen Fachleute, im Ernstfall die Sachlage zusätzlich mit Fotos und Videos zu dokumentieren und sich Namen von Zeugen zu notieren. Solches Beweismaterial ist auch dann notwendig, wenn man den Hundebesitzer anzeigen will. Tierquälerei ist nach dem Tierschutzgesetz verboten. Wer einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt oder es in schwere Angst versetzt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7500 Euro und im Wiederholungsfall sogar bis zu 15.000 Euro zu ahnden ist. Zudem drohen strafrechtliche Konsequenzen. Je nach Schwere des Falls sogar Gefängnis.
Die Serie “Tierisch interessant” wir unterstützt vom Land Vorarlberg