Betroffene kritisieren Zweiklassenmedizin: “Ein Arzt meinte, er wäre tot, wenn wir das MRT nicht selbst bezahlt hätten”

Vorarlberg / 30.04.2025 • 16:30 Uhr
Betroffene kritisieren Zweiklassenmedizin: "Ein Arzt meinte, er wäre tot, wenn wir das MRT nicht selbst bezahlt hätten"
Klaus Egger (r.) und sein Sohn Michael Andreas erzählen, wie die späte Diagnose fast tödlich endete. VN/Paulitsch

Die Diagnose kam gerade noch rechtzeitig: Bei Klaus Egger wurde durch eine privat bezahlte MRT-Untersuchung ein aggressiver Lungenkrebs mit Hirnmetastasen entdeckt. Hätte er sich auf den Kassentermin verlassen, sagt sein Sohn, wäre sein Vater wohl nicht mehr am Leben.

Darum geht’s:

  • Lange Wartezeiten bestehen für Kassenpatienten trotz vorhandener MRT-Geräte.
  • Privat bezahltes MRT enthüllte bei Klaus Egger Hirnmetastasen durch Lungenkrebs.
  • MRT-Kostenübernahme durch ÖGK wurde aufgrund Kassenregel abgelehnt.

Lochau Es begann mit Geschmacksverlust, erzählt Klaus Egger (64) aus Lochau. Zunächst dachte er an eine harmlose Corona-Infektion. Doch als kurz darauf Taubheitsgefühle auf der linken Gesichtshälfte und Schwindel dazu kamen, war klar: Hier stimmt etwas nicht. Nach einem Besuch beim Hausarzt im März, drängten seine Kinder Michael Andreas und Sabrina auf rasches Handeln, nach dem auch Koordinationsprobleme hinzukamen: “Wir wollten auf Nummer sicher gehen und haben einen Termin bei einem privaten Internisten organisiert, bei dem wir auch gleich am nächsten Tag in der Früh einen Termin bekommen haben”, schildert der Lochauer. Der Internist ordnete sofort eine Magnetresonanztomographie (MRT)-Untersuchung an: Verdacht auf Schlaganfall oder einen anderen schwerwiegenden Befund.

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Wer privat zahlt, ist schneller dran – diese Erfahrung musste auch Klaus Egger machen. “Die Überweisung für ein MRT hatten wir in der Hand. Allerdings wurde uns gesagt, dass der nächste freie Termin erst Ende Mai ist – das waren damals noch zwei Monate”, erzählt Sohn Michael Andreas. Die Familie zögerte nicht. “Wir haben gefragt, was wäre, wenn wir privat zahlen – und plötzlich ging es am selben Vormittag”, erzählt der 35-Jährige, der neben seiner Tätigkeit als Gastronom auch als Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes politisch aktiv ist. Das MRT brachte bei seinem Vater eine schwerwiegende Diagnose ans Licht: Hirnmetastasen, ausgelöst durch einen aggressiven Lungenkrebs.

Betroffene kritisieren Zweiklassenmedizin: "Ein Arzt meinte, er wäre tot, wenn wir das MRT nicht selbst bezahlt hätten"
Der reguläre Kassen-Termin für das MRZ wäre erst in zwei Monaten möglich gewesen. “Zwei Monate, die er nicht überlebt hätte”, sagt Klaus Eggers Sohn. VN/Paulitsch

Nur durch das rasche Handeln und die Möglichkeit, die Untersuchung privat zu finanzieren, konnte die Behandlung rechtzeitig beginnen. Klaus Egger wurde noch am selben Tag ins Krankenhaus eingeliefert, wo die Therapie – Bestrahlung und Chemotherapie – in die Wege geleitet wurde. “Hätten wir auf den Kassen-Termin gewartet, hätte Papa das nicht mehr erlebt, meinte einer der behandelnden Ärzte.” Was Michael Andreas Egger außerdem nicht verstehen kann: Die Kosten für das privat bezahlte MRT – rund 640 Euro – wurden von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) laut Egger nicht erstattet.

Betroffene kritisieren Zweiklassenmedizin: "Ein Arzt meinte, er wäre tot, wenn wir das MRT nicht selbst bezahlt hätten"
“Die ÖGK teilte mit, dass die Rückerstattung ‘nicht vorgesehen’ sei, obwohl die Untersuchung medizinisch notwendig war”, kann der 35-Jährige nicht verstehen. VN/Paulitsch

Begründung: Das verwendete Gerät gehöre nicht zu den offiziell genehmigten Großgeräten im Kassenplan. “Wir haben längst eine Zweiklassen-Medizin. Es braucht eine grundlegende Reform, damit es nicht mehr vom Bankkonto abhängt, ob jemand rechtzeitig behandelt werden kann.”

Betroffene kritisieren Zweiklassenmedizin: "Ein Arzt meinte, er wäre tot, wenn wir das MRT nicht selbst bezahlt hätten"
Bei den Ärztinnen und Ärzten fühlt sich gut aufgehoben, betont der Lochauer. VN/Paulitsch

Gerade für Menschen mit niedrigem Einkommen sei die Situation dramatisch, betonen Vater und Sohn. “Wir hatten das Glück, das Geld aufbringen zu können. Aber viele könnten das nicht – und das darf einfach nicht sein”, so Klaus Egger.

Genügend vorhandene Geräte

Besonders schwer nachzuvollziehen sei, dass vorhandene MRT-Geräte in Spitälern oft ungenutzt bleiben. Wie die VN berichteten, ist Vorarlberg zwar theoretisch gut mit MRT-Geräten ausgestattet. Praktisch jedoch verhindern veraltete Finanzierungsmodelle und Personalmangel, dass Geräte voll genutzt werden. Laut Großgeräteplan stehen in Vorarlberg neun Geräte für Kassenpatienten zur Verfügung. Insgesamt gibt es im Land 13 MRT-Geräte, doch einige dürfen ausschließlich von Privatpatienten genutzt werden. Das Resultat: Viele Kassenpatienten müssen trotz vorhandener Geräte monatelang auf eine Untersuchung warten.

„Ganz weggehen wird der Krebs nicht, aber mit der Therapie kann er eingedämmt werden“, sagt Klaus Egger. Er weiß um die Schwere seiner Erkrankung, lobt aber seine betreuenden Ärztinnen und Ärzte. Der 64-Jährige kämpft – Tag für Tag, unterstützt von seiner Familie. Und er hofft, dass seine Geschichte ein Weckruf ist.

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