Alarm im Bienenparadies: „Es ist eine recht fragile Angelegenheit“

Am 20. Mai ist Weltbienentag. Was den Experten Sorgen bereitet und warum es ohne Wildbienen keine Tomaten gibt.
Bludenz, Hittisau In Vorarlberg summt und brummt es immer seltener. Viele Wildbienenarten sind in ihrer Existenz bedroht. Auch die Honigbiene hat einen schwierigen Start ins Jahr hinter sich. Und der nächste Feind lauert schon vor der Tür.

„Die Wildbienen leiden vor allem unter einem mangelnden Blütenangebot, fehlenden Nistplätzen und der Zersiedlung der Lebensräume. Zwei Drittel der Arten nisten im Boden. Wenn dieser versiegelt wird, haben sie ein Problem. Die Tiere fliegen auch nicht sehr weit – die kleinen Arten maximal 100 Meter – und sie leben auch nur ein paar Wochen. Hinzu kommt, dass ein Drittel ganz bestimmte Pflanzen braucht und 90 Prozent alleine leben. Es ist also eine recht fragile Angelegenheit“, verdeutlicht Bernhard Schneller (38). Der Pädagoge und Biologe aus Bludenz beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit Wildbienen. Er ist Mitglied des Österreichischen Wildbienenrats und hat sich mit der Initiative wild-bienen.at zum Ziel gesetzt, den wildlebenden Verwandten der Honigbiene mehr Gehör zu verschaffen und sie zu schützen. Am 20. Mai ist Weltbienentag.

Auch die Honigbienen haben es nicht leicht. Neben dem Dauerfeind Varroamilbe und der Amerikanischen Faulbrut, die derzeit im Vorderland umgeht, bereitet den Honigproduzenten vor allem die Trockenheit Probleme. „Aufgrund der Trockenheit spenden viele Pflanzen weniger Nektar. Die Bienen können dadurch nicht so viel Nektar sammeln, wie man erwarten würde“, berichtet Gerhard Mohr, Obmann des Vorarlberger Imkerverbands. Die Folge: Die Bienen sind mitunter mangelversorgt und dadurch krankheitsanfälliger. Die Imker können folglich nicht so schnell einen Überschuss ernten. „Wenn nötig, müssen wir eingreifen und sie während der Saison füttern, was wir natürlich nicht sehr gerne“, ergänzt Mohr, der heuer mit einem schlechten Honigjahr rechnet. „Die Frühjahrsblüte ist praktisch ohne Ertrag vorübergegangen. Wir hoffen, dass sich das noch ändert, aber die Prognosen sind eher dürftig.“


Die Trockenheit ist nicht die einzige Gefahr, die den Bienen droht. Für Gerhard Mohr ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Asiatische Hornisse auch in Vorarlberg zuschlägt. „In der Schweiz und in Süddeutschland ist sie schon angekommen. Wir rechnen daher damit, dass sie bei uns im Rheintal heuer oder nächstes Jahr auftaucht“, schildert er. Die Asiatische Hornisse frisst Insekten in großen Mengen, ihre Hauptnahrungsquelle sind Honigbienen, sie verschmäht aber auch die Wildbienen nicht. „Wir fürchten uns aber nicht“, unterstreicht der Vorarlberger Imkerchef. Sollten die gefräßigen Hornissen auftauchen, wisse man, was zu tun ist. Zunächst wird versucht, die Invasoren wieder loszuwerden. Mohr führt aus: „Die Nester müssen laut Naturschutzverordnung bekämpft werden. Wir Imker unterstützen die Behörde bei der Auffindung solcher Nester. Später müssen wir wahrscheinlich Vorkehrungen treffen, um unsere Bienenvölker zu schützen. Wir haben ein waches Auge darauf und versuchen uns darauf vorzubereiten.“

Die Wildbienen sind, anders als der Name suggerieren könnte, keine abtrünnigen Honigbienen, sondern wildlebende nahe Verwandte. In Österreich gibt es dem Österreichischen Wildbienenrat und dem Naturschutzbund zufolge mehr als 700 Wildbienenarten, darunter 45 Hummelarten, die bei der Bestäubung eine entscheidende Rolle spielen. „Die Wildbienen sind definitiv die wichtigsten Bestäuber. Eine Honigbiene kann schon aufgrund ihrer Anatomie nicht alle Pflanzen bestäuben kann. Gerade im Frühjahr, wenn es der Honigbiene noch zu kalt ist, können Hummeln schon fliegen. Pflanzen wie die Tomate können bei uns nur von der Hummel bestäubt werden, weil es dafür einen bestimmten Mechanismus, die Vibrationsbestäubung, braucht“, zählt Schneller auf.

Rund um den Weltbienentag finden österreichweit mehrere Veranstaltungen statt. Bernhard Schneller hält in der inatura einen Hummelbestimmungskurs. Demnächst bietet die Initiative wild-bienen.at wieder die Ausbildung zum Wildbienenbotschafter an. 40 Botschafter gibt es in Vorarlberg bereits, sagt Bernhard Schneller. „Die Wildbienenbotschafter informieren und sensibilisieren die Leute in ihrem Umfeld und gehen mit gutem Beispiel voran. Denn wir schützen nur das, was wir kennen und wenn man weiß, wie die Tiere leben, sind viele Schutz- und Fördermaßnahmen völlig logisch.“

Wie man den Bienen helfen kann? Blühflächen schaffen, Nistmöglichkeiten bieten, keine chemischen Spritzmittel verwenden. „Es gibt Gemeinden, die sich sehr dafür einsetzen, dass Blühflächen geschaffen werden. Es machen auch viele Leute Nisthilfen, wobei viele davon falsch angefertigt sind. Und was man nicht vergessen darf: Nisthilfen sind nur eine Notfallmaßnahme. Ziel Nummer eins sollte sein, dass man die existierenden Lebensräume schützt und fördert“, unterstreicht der Wildbienenexperte.