Schuldenfalle erfasst Mittelschicht

Vorarlberg: Viele könnten Wohnkosten nicht mehr bewältigen, warnt ifs-Beraterin.
SCHWARZACH. Nicht nur Unternehmen können pleite gehen, sondern auch Personen kann das Geld ausgehen, um etwa Kredite zu bedienen. In Vorarlberg sind im vergangenen Jahr 425 Privatkonkurse eröffnet worden, durchschnittlich ging es dabei um rund 100.000 Euro. Darauf lässt die Statistik schließen, die der Kreditschutzverband von 1870 führt.
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Ein Blick zurück auf die Jahre seit 2015 zeigt, dass es einmal mehr und immer wieder weniger waren. 2018 waren es aufgrund einer Gesetzesänderung am meisten (562). Daraus abzuleiten, dass Schulden kein wirklich größeres Problem werden, wäre jedoch falsch. Es gibt nämlich einen Flaschenhals: „Unsere Kapazitäten sind ein Faktor“, sagt Simone Strehle-Hechenberger, Leiterin der ifs-Schuldenberatung im Land: „87 Prozent der Konkurse werden von uns begleitet, weil die Betroffenen oft zahlungsunfähig sind und sich keinen Rechtsanwalt leisten können. Mehr Konkurse können wir aufgrund unserer Kapazitäten nicht begleiten.“
Der Bedarf wäre da: 2024 haben sich laut Strehle-Hechenberger 3300 Menschen an die ifs-Schuldenberatung gewendet. Die Zahl derer, die das zum ersten Mal getan haben, sei gegenüber dem Vorjahr um vier, fünf Prozent gestiegen und gegenüber der Vor-Corona- bzw. Vor-Krisenzeit um 18 Prozent. „Es kommen vermehrt auch Angehörige der Mittelschicht zu uns.“ Viele könnten die Wohnkosten nicht mehr bewältigen.

„Die meisten Betroffenen befinden sich in der ,Rush Hour‘ ihres Lebens“, so Strehle-Hechenberger: Es handle sich um 30- bis 50-Jährige, die mit Familiengründung und Wohnraumbeschaffung konfrontiert sind. Bei denen es zu einem Einkommensverlust gekommen oder eine Selbstständigkeit gescheitert ist. Besonders bei Frauen kämen Bürgschaften und Haftungen ins Spiel, die sie in einer Partnerschaft eingegangen sind.
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Das nimmt auch Lea Putz-Erath von der Frauenberatungsstelle „Femail“ wahr: Gerade auch in Beziehungen sollte mehr über Geld geredet werden, meint sie daher. Es sei nicht nur ein tabuisiertes, sondern auch konfliktbehaftetes und emotionales Thema. „Darum wird es lange hinausgezögert“, so Putz-Erath: „Das kann Frauen zum Verhängnis werden.“

Wie Unternehmen können sich derzeit auch Privatpersonen in nur drei Jahren entschulden. „Das ist kein Honiglecken“, betont Strehle-Hechenberger: So paradox es klinge, aber eine Insolvenz müsse man sich leisten können. Es komme vor, dass Betroffene von dem, was ihnen abzüglich der Wohnkosten bleiben würde, nicht mehr leben könnten.
Trotzdem sei durch die drei Jahre ein vernünftiger, weil überschaubarer Zeitraum für eine Entschuldung möglich geworden. Allein: Diese Regelung läuft im Juli 2026 aus. Sie ist befristet. Strehle-Hechenberger kritisiert das. Aus dem Sozialministerium heißt es, man habe sich um eine Verlängerung der Regelung bemüht, sie aber nicht ins Regierungsprogramm gebracht.

Laut Strehle-Hechenberger führt das zu einem Missstand: Bei Unternehmen wird eine Entschuldung in drei Jahren möglich bleiben, bei Privaten wird es jedoch wieder rauf auf fünf Jahre gehen. Bei einem Paar, bei dem er Unternehmer ist und sie als Privatperson mit einer Haftung zum Beispiel mit im Boot sitzt, ergebe das eine massive Ungleichbehandlung.