„Psychische Erkrankungen ins Zentrum rücken“ – 70 Millionen Euro für das neue LKH Rankweil

Vorarlberg / 25.05.2025 • 16:45 Uhr
„Psychische Erkrankungen ins Zentrum rücken“ – 70 Millionen Euro für das neue LKH Rankweil
Gerald Fleisch (KHBG Direktor), Pflegedirektorin Elke Kovatsch, Michaela Fasching (Baumanagement), Michael Saxenhammer (Verwaltungsdirektor) und Chefarzt Jan Di Pauli (v. l.) vor dem Neubau.

Heilende Architektur, offenes Konzept und hohe Sicherheitsstandard: In Rankweil entsteht derzeit eines der modernsten psychiatrischen Zentren Österreichs. Im November eröffnet der Neubau der Erwachsenenpsychiatrie mit 130 Betten.

Darum geht’s:

  • Neubau der Erwachsenenpsychiatrie umfasst 11.000 Quadratmeter.
  • 180 Mitarbeitende und 130 Patient:innen ziehen im November ein.
  • 70 Millionen Euro Investition.

Rankweil Breite Gänge, viel Tageslicht, große Fenster mit Blick in die Natur, beruhigende Farben und Holzelemente: Auch wenn der Neubau der Erwachsenenpsychiatrie am Landeskrankenhaus Rankweil erst in einem halben Jahr fertiggestellt wird, spürt man sofort, dass hier vieles anders ist. Seit Mai 2021 entsteht auf dem Gelände des bestehenden LKH Rankweil die neue Erwachsenenpsychiatrie mit einer Fläche von etwa 11.000 Quadratmetern.

„Psychische Erkrankungen ins Zentrum rücken“ – 70 Millionen Euro für das neue LKH Rankweil
Das pflegerische und medizinische Personal wurde von Anfang an in die Planung einbezogen, erklärt Elke Kovatsch, die seit über 30 Jahren am LKH Rankweil tätig ist.
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Hier entsteht ein Bereich für Ergotherapie – geplant sind unter anderem eine Werkstatt und eine Kletterwand zur Förderung motorischer Fähigkeiten.
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Beruhigende Farben – hier in Lindgrün -, Holz und viel Tageslicht: So sieht eines der neuen Zimmer der Erwachsenenpsychiatrie in Rankweil aus.
„Psychische Erkrankungen ins Zentrum rücken“ – 70 Millionen Euro für das neue LKH Rankweil
Der Blick reicht weit ins Grüne – Natur und Licht als Teil des Therapiekonzepts.

„Ich freue mich riesig auf den Einzug“, sagt Pflegedirektorin Elke Kovatsch bei einem Rundgang mit den VN. Und mit ihr rund 180 Mitarbeitende und 130 Patientinnen und Patienten, die ab November in das neue Gebäude übersiedeln. „Es ist ein Ort, der nicht nur funktional, sondern auch heilsam auf die Patientinnen und Patienten wirkt.” Wichtig war von Anfang an auch die Einbindung des Personals. So wurde etwa ein Musterzimmer getestet, Rückmeldungen flossen direkt in die Planung ein.

Neubau – Zahlen und Fakten

  • 130 Patient:innen ziehen in den Neubau um, begleitet von rund 180 Mitarbeitenden
  • 11.000 m² Bruttogeschossfläche, neun Ebenen, 45.000 m³ Bauvolumen
  • Investitionsvolumen: 70 Mio. Euro
  • Eröffnung geplant ab 20. November 2025

Das LKH Rankweil umfasst fünf medizinische Fachabteilungen mit insgesamt ca. 370 stationären Betten. Jährlich werden am LKH Rankweil ca. 6700  Patient:innen stationär behandelt und 17.000 ambulante Behandlungen durchgeführt. Am Standort Rankweil arbeiten ca. 680 Mitarbeiter:innen, davon sind rund 70 Ärzt:innen und 360 Pflegefachkräfte.

„Psychische Erkrankungen ins Zentrum rücken“ – 70 Millionen Euro für das neue LKH Rankweil

Rund 70 Millionen Euro investierte die Vorarlberger Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) in die erste Etappe des Masterplans. Sie umfasst 130 Betten, davon 102 für allgemeine Stationen, 24 für Akut- und forensische Versorgung sowie zwölf Plätze in der Tagesklinik.

„Psychische Erkrankungen ins Zentrum rücken“ – 70 Millionen Euro für das neue LKH Rankweil
Die VN machten sich vor Ort ein Bild vom Neubau der Erwachsenenpsychiatrie, der im November offiziell eröffnet werden soll. Bis zu 100 Arbeiter sind derzeit täglich auf der Baustelle im Einsatz.
„Psychische Erkrankungen ins Zentrum rücken“ – 70 Millionen Euro für das neue LKH Rankweil
70 Millionen Euro fließen in das neue von Marte.Marte gestaltete Gebäude.

Bevor der Betrieb starten kann, müssen neue Wegeführungen, Schließsysteme, Alarme, Ortungstechniken vom Team verinnerlicht werden. „Wir sprechen hier von einer ganzen Abteilung mit 130 Betten, die innerhalb von wenigen Tagen umziehen soll“, so Verwaltungsdirektor Michael Saxenhammer.

„Psychische Erkrankungen ins Zentrum rücken“ – 70 Millionen Euro für das neue LKH Rankweil
Verwaltungsdirektor Michael Saxenhammer koordiniert den Umzug von 130 Betten in wenigen Tagen.

Architektur, die beim Heilen hilft

Dass die Architektur einen Einfluss auf die Heilung hat, ist wissenschaftlich belegt und wird dementsprechend in Rankweil umgesetzt. Künftig gibt es keine Vierbettzimmer mehr, sondern Ein- und Zweibettzimmer mit großen Fenstern, Holzelementen und eigenen Nasszellen sowie Time-Out-Räume, kleine Therapiezimmer und offene Dienstzimmer. „Das Personal ist sichtbar und ansprechbar – das ist besonders wichtig für Menschen mit psychischen Erkrankungen”, beschreibt Kovatsch. Ein Farb- und Materialkonzept in Lindgrün, Hellblau und warmem Orange soll zur Beruhigung beitragen.

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Pflegedirektorin Elke Kovatsch betont, wie wichtig Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit des Personals für die Patienten sind.

Chefarzt Jan Di Pauli sieht im Neubau die Chance, moderne Behandlungskonzepte besser umzusetzen: „Der tagesklinische Bereich ist deutlich ausgebaut worden. Damit ermöglichen wir sanfte Übergänge aus stationärer Betreuung, was Rückfällen vorbeugen kann.“ Auch die Ambulanz wurde erweitert. „Wir wollen psychische Erkrankungen zunehmend ambulant behandeln, um Menschen in ihrem gewohnten Umfeld zu stabilisieren“, betont Di Pauli. Die Auslastung der Klinik liegt aktuell bei rund 90 Prozent, die vergangenen Jahre nahmen insbesondere depressive Erkrankungen zu.

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Die ambulante Therapie rückt mit dem Neubau stärker in den Fokus, erklärt Chefarzt Jan Di Pauli. In den vergangenen Jahren sei ein Anstieg von psychischen Erkrankungen zu beobachten, die Auslastung liegt derzeit bei 90 Prozent.
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Blick vom obersten Stock des Neubaus auf das alte Gebäude der Erwachsenenpsychiatrie: Dieses wird später abgerissen, stattdessen entsteht hier ein Garten.

Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen

Für KHBG-Direktor Gerald Fleisch ist das Projekt ein gesellschaftliches Signal: „Psychische Erkrankungen betreffen Menschen aus allen Lebensbereichen. Es ist höchste Zeit, diese Disziplin aus dem Randbereich ins Zentrum zu rücken.“ Das Projekt sei nicht nur das größte Hochbauvorhaben des Landes seit Jahrzehnten, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Entstigmatisierung: weg von der „Wohltätigkeitsanstalt Valduna“ hin zu einem offenen Gesundheitszentrum.

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KHBG-Direktor Gerald Fleisch spricht von einem gesellschaftlichen Signal für mehr Offenheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen.

Besonderes Augenmerk wurde auf die forensische Station gelegt, wo derzeit 16 psychisch kranke Straftäter behandelt werden. Künftig können sie sich dank eines gesicherten Gartens kontrolliert, aber eigenständig im Freien bewegen.

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Auf die forensische Station wurde besonderes Augenmerk gelegt.
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Hier soll ein zweiter geschützter Garten entstehen. Natur und Bewegung sollen zum Therapieerfolg beitragen.


<br>Technik, die schützt

„Sicherheit ist ebenso wie die hohe Aufenthaltsqualität ein zentrales Thema bei dem Neubau“, betont Baumanagement-Leiterin Michaela Fasching und verweist auf Personen-Ortungssysteme und elektronische Zutrittslösungen.

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Viele technische Systeme laufen im Hintergrund: etwa Weglaufschutz, Brandschutz oder die gesamte Haustechnik, die sich im Untergeschoss befindet.
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In der zweiten Bauetappe wird neben einem neuen Eingangsgebäude die Kinder- und Jugendpsychiatrie neu gebaut, die 2027 fertiggestellt sein soll, informiert Michaela Fasching (Baumanagement).

Das Architekturbüro Marte.Marte setzte sich in einem europaweiten Wettbewerb durch. Der Masterplan soll bis 2036 umgesetzt werden. Bereits im Sommer beginnt mit dem Bau der Kinder- und Jugendpsychiatrie die nächste Etappe des Projekts.

Aus der Geschichte

Das heutige Landeskrankenhaus Rankweil hat seine Ursprünge im 19. Jahrhundert. Die Vorgängereinrichtung, die Wohltätigkeitsanstalt Valduna, wurde 1862 von Pfarrer Jochum auf den Ruinen des ehemaligen Klarissinnenklosters gegründet. Ihre Aufgabe war die Betreuung und Pflege von Menschen mit psychischen Erkrankungen und geistigen Behinderungen.

Im Jahr 1870 wurde, als Reaktion auf eine Gesetzesänderung, die Landesirrenanstalt Valduna als landeseigene Einrichtung in unmittelbarer Nähe zur bestehenden Wohltätigkeitsanstalt eröffnet. Sie diente der Aufnahme und Verwahrung von „Geisteskranken“. Diese Einrichtung entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte zu einer der wichtigsten psychiatrischen Versorgungseinrichtungen in Vorarlberg.

Der Name und Status der Einrichtung änderten sich mehrfach: 1993 wurde aus dem „Landesnervenkrankenhaus Valduna“ das „Landeskrankenhaus Rankweil“, das seither als Schwerpunktkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie geführt wird.

Im Jahr 1860 wurde in einem Gasthaus in Dornbirn die Wohltätigkeitsanstalt Valduna formal gegründet. Zweck der Anstalt war es, „arbeitslose, sittlich verkommene Personen, in sittlich arbeitssame Menschen umzuschaffen.“
Im Jahr 1860 wurde in einem Gasthaus in Dornbirn die Wohltätigkeitsanstalt Valduna formal gegründet. Zweck der Anstalt war es, „arbeitslose, sittlich verkommene Personen, in sittlich arbeitssame Menschen umzuschaffen.“ ansichtskartensammlung Vorarlberger Landesbibliothek, Helmut Klapper
Neben der Wohltätigkeitsanstalt wurde 1870 auch die Landesirrenanstalt eingerichtet.
Neben der Wohltätigkeitsanstalt wurde 1870 auch die Landesirrenanstalt eingerichtet.  Ansichtskartensammlung Vorarlberger Landesbibliothek, Helmut Klapper
In der nächsten Bauetappe sollte auf dem Areal der ehemaligen Wohltätigkeitsanstalt ein Neubau entstehen. Dazu musste der „Türmlebau“ abgerissen werden. 1975 konnte mit den Bauarbeiten begonnen werden.
In der nächsten Bauetappe sollte auf dem Areal der ehemaligen Wohltätigkeitsanstalt ein Neubau entstehen. Dazu musste der „Türmlebau“ abgerissen werden. 1975 konnte mit den Bauarbeiten begonnen werden. Ansichtskartensammlung Vorarlberger Landesbibliothek, Helmut Klapper