Debatte um Kassenfusion nimmt Fahrt auf: “Die VGKK war so viel näher am Bürger”

Vorarlberg / 15.07.2025 • 14:50 Uhr
Debatte um Kassenfusion nimmt Fahrt auf: "Die VGKK war so viel näher am Bürger"

Arbeiter- und Ärztekammer fordern Reform der Reform. Landeshauptmann sieht größtes Reformpotenzial in gemeinsam finanzierten Projekten.

Schwarzach Ist es nur heiße Sommerluft oder doch mehr? Die Debatte um eine Reform der Kassenfusion hat jedenfalls Fahrt aufgenommen. In Vorarlberg, wo die Sozialpartner die Zerschlagung der Gebietskrankenkasse lange vehement bekämpft hatten, sind Arbeiterkammer und Ärztekammer auf den Zug aufgesprungen, den der Tiroler ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle mit seiner Forderung nach einer „Reform der Reform“ in Bewegung setzte. Beide Kammern wollen eine Reparatur und wieder regionale Entscheidungskompetenzen. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) räumt ein, dass die Reform unter den Erwartungen blieb. Auch für ihn führt der Weg zu einer besseren Versorgungsstruktur über „gemeinsam finanzierte Projekte im eigenen Land“, wie er im VN-Gespräch betonte. Dafür benötige die Kasse jedoch mehr Spielräume und die Fähigkeit, sich entscheiden zu können.

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Laut Markus Wallner muss sich die Reform an dem messen lassen, was sie dem Patienten bringt. Da ist laut seiner Einschätzung viel auf halbem Weg steckengeblieben. Als Beispiel nennt er die Harmonisierung von Leistungen. Wallner spricht von einem bislang insgesamt geringen Nutzen. Selbst sieht er das größte Reformpotenzial in einer besseren Zusammenarbeit von niedergelassenem und Spitalsbereich sowie gemeinsam finanzierten neuen Modellen. Solche Leuchttürme sind für ihn etwa das Kinderärztezentrum in Dornbirn, die ambulanten Diabetesprojekte und die geplante Konzentration der Dialyseversorgung. Dass die Kasse jetzt auch bei der Gesundheitshotline 1450 einsteigt, sei ebenfalls ein wichtiger Schritt. 2026 übernimmt Vorarlberg im zweiten Halbjahr den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz. Vorher ist Tirol dran. Beide Landeshauptleute wollen am Thema weiterarbeiten.

Anton Mattle, Markus Wallner
Die Bundesländer Tirol (Anton Mattle) und Vorarlberg (Markus Wallner) wollen in der Zeit des Vorsitzes der Landeshauptleutekonferenz am ÖGK-Thema weiterarbeiten. VN/Rauch

Arbeiterkammerpräsident Bernhard Heinzle verweist auf den Oktober 2018, als die VGKK trotz massiver Proteste endgültig von der Bildfläche verschwand und zur ÖGK-Landesstelle wurde. Für ihn führt kein Weg an einer „längst fälligen Reform der Reform“ vorbei: „Vor allem brauchen wir dringend föderale Strukturen. Die VGKK war so viel näher am Bürger. Das war effizient.“  Die Versicherten hätten ein Recht darauf, dass ihre Gelder auch zu ihrem Wohl verwendet würden. Heinzle: „Die VGKK hat über Jahrzehnte vorgelebt, wie effiziente und kundenorientierte Arbeit aussieht. Es ist höchste Zeit, dass wir uns wieder daran erinnern.“

Debatte um Kassenfusion nimmt Fahrt auf: "Die VGKK war so viel näher am Bürger"
AK-Präsident Bernhard Heinzle spricht von einer “dringend notwendigen Reform der Reform”. AK

Kurswechsel gefordert Die Ärztekammer fordert einen sofortigen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik. „Die Zusammenlegung der damaligen Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse hat nicht funktioniert. Regionale Versorgungslücken wurden verschärft, flexible Lösungen vor Ort sind kaum noch möglich, und das Defizit von mehr als 900 Millionen Euro lässt kaum noch Spielraum für den dringend benötigten Ausbau des niedergelassenen Bereichs, der die teuren und überrannten Spitalsambulanzen entlasten würde“, äußert sich Präsident Burkhard Walla deutlich. Er wünscht sich „neun völlig autonome, regionale Länderkassen.“ Hier und dort an Schrauben zu drehen, könne das gescheiterte System nicht retten. Es brauche auf die lokalen Bedürfnisse abgestimmte Lösungen. Parallel dazu müsse auch die Patientensteuerung stärker ausgebaut werden, aber: „Das funktioniert auch nur mit autonomen, regionalen Strukturen.“

Debatte um Kassenfusion nimmt Fahrt auf: "Die VGKK war so viel näher am Bürger"
Ärztekammer-Präsident Burkhard Walla wünscht sich “neun völlig autonome, regionale Länderkassen”. Ärztekammer