Die Mostsaison ist eröffnet: “Das Obst ist heuer schon sehr weit”

Hochbetrieb in den 25 Mostereien in Vorarlberg. Der frühe Erntebeginn überrascht auch die Profis.
Lustenau Paul Böckle aus Götzis und sein Helfer Laurentius Oberhauser sind mit großem Gerät angerückt – einem 1000-Liter-Fass und einem Anhänger voller Äpfel. Es ist der erste Tag der Saison in der Mosterei Krammel in Lustenau. Böckle und Oberhauser sind als Drittes an der Reihe. Dass die beiden die Äpfel nach Lustenau zum Pressen bringen, hat organisatorische Gründe. „Hier kann man es einfach reinkippen. In Götzis muss man es in Kisten bringen“, erläutert Oberhauser, während Paul Böckle die Äpfel mithilfe einer Schaufel Richtung Förderband schiebt.

In Vorarlberg laufen die Mostpressen seit dieser Woche wieder auf Hochtouren. In der Mosterei Krammel in Lustenau können Privatpersonen ihr Obst zweimal in der Woche, am Mittwoch und am Samstag, pressen lassen. Für einen Liter Saft sind 1,3 bis 1,5 Kilogramm Obst nötig. „Das Obst ist heuer schon sehr weit. Es war auch ein gewaltiges Wachstumswetter, zuerst sehr heiß, dann nass und die letzten drei Wochen ein echtes Treibhausklima“, berichtet Mostereichef Andreas Krammel (55).

Bei den Krammels wird seit 2000 gemostet. „Als wir angefangen haben, hat jeder gesagt: ,Du spinnst. Das funktioniert nie. Es hören ja alle auf.‘ Aber dann sind viele mitgezogen und das Ganze ist wieder ins Laufen gekommen“, blickt Andreas Krammel zurück. Heute verarbeitet der Familienbetrieb pro Jahr zwischen 300 und 400 Tonnen Äpfel, die zu Gärmost, Süßmost, Essig, Glühmost oder Säften verarbeitet werden. Hinzu kommt das Lohnmosten.

Das Obst, das die Privatpersonen bringen, wird in der Anlage gewaschen, zerkleinert und gepresst, der fertige Saft anschließend gefiltert, nach Wunsch pasteurisiert und in Bag-in-Box-Verpackungen abgefüllt. Die Obstreste kommen in die Biogasanlage. „95 Prozent der Kunden lassen den Saft pasteurisieren. Es ist ganz selten, dass jemand den Most mitnimmt, weil viele die Möglichkeit der Lagerung nicht mehr haben. Den Most und den Essig kaufen sie dann bei uns“, erzählt Krammel.

Nach dem üppigen Obstjahr 2024 rechnet der Lustenauer heuer mit einem unterdurchschnittlichen Jahr. „Wir haben auf unserer Plantage einen guten Ansatz, aber beim Lohnmosten wird es ungefähr die Hälfe vom letzten Jahr sein. Viele Bäume sind leer“, ergänzt er.

Die Äpfel von Paul Böckle stammen von seiner Streuobstwiese in Götzis. 700 Kilogramm hat er innerhalb einer Woche zusammengelesen, so früh wie selten zuvor. „Sonst haben wir im September angefangen. Beim Junker-Jonas-Markt mussten wir froh sein, wenn wir einen guten Apfelsaft zusammengebracht haben. Früher hast du auch einen Glockenapfel Mitte Oktober heruntergenommen, heuer fangen sie schon jetzt an, herunterzufallen – das ist zwei Monate früher“, verdeutlicht der erfahrene Moster.

Laurentius Oberhauser will es genau wissen und bittet Jürgen Winder, den Schwiegersohn von Andreas Krammel, den Zuckergehalt mit dem Refraktometer zu messen. Das Ergebnis überzeugt: 50 Grad Oechsle. “Es ist das erste Obst und hat schon so viel Zuckergehalt“, freut sich Oberhauser. Jürgen Winder bestätigt:„Das ist gut. Du brauchst auch zum Essigmachen mindestens 50 Oechsle damit du am Schluss die Säure erreichst und je höher der Oechslegehalt ist, desto höher der Alkoholgehalt.“

Paul Böckle kann von den 700 Kilo Obst 500 Liter Most gewinnen. Am nächsten Tag wird er in der Anlage von Kollege Laurentius pasteurisiert. Damit der Saft klar wird, kommt davor noch etwas Pektin dazu.

In Vorarlberg gibt es laut Landwirtschaftskammer 25 Mostereien. Für die beiden Männer aus dem Oberland wird es nicht der letzte Besuch in Lustenau gewesen sein. „Ich habe noch mehr als genug Obst“, verrät der Götzner sichtbar erfreut.




