Nach 100 Jahren ist das Amtsgeheimnis Geschichte

Vorarlberg / 31.08.2025 • 11:08 Uhr
Nach 100 Jahren ist das Amtsgeheimnis Geschichte
Staatliche Organe, zum Beispiel Gemeinden, müssen von sich aus Informationen veröffentlichen. Eine Ausnahme gibt es für kleine Kommunen. APA/Scheriau

Informationsfreiheitsgesetz soll mehr Transparenz bringen. Es gibt aber Ausnahmen. Gemeinden fühlen sich gut vorbereitet.

Lustenau, Götzis Mehr als 100 Jahre war die Amtsverschwiegenheit ein Bestandteil der heimischen Verfassung. Damit stand Österreich im europäischen Vergleich ziemlich alleine da. Es bedeutet, dass öffentliche Stellen eine Auskunft an Bürgerinnen und Bürger oder Medien unter Berufung auf das Amtsgeheimnis verweigern konnten. Nun soll endgültig Schluss damit sein. Am Montag tritt das neue Informationsfreiheitsgesetz in Kraft. Künftig gibt es eine neue Auskunftspflicht. Außerdem müssen staatliche Organe, zum Beispiel Kommunen, von sich aus bestimmte Informationen veröffentlichen. Es existieren aber immer noch Ausnahmen. Gemeinden wie Lustenau und Götzis fühlen sich gut gerüstet für die neue Transparenz. Vieles müsse aber erst die Praxis zeigen.

Jeder kann anfragen

Mit dem Gesetz bekommen Bürgerinnen und Bürger ein Informationsrecht eingeräumt. Alle Verwaltungsorgane, Bund, Länder, Gemeinden, sowie mit der Verwaltung betraute Stellen müssen es grundsätzlich gewähren. Auch Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmen, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen, fallen unter die neuen Bestimmungen – mit der Ausnahme von börsennotierten Gesellschaften. Jede Person kann eine formlose Anfrage stellen. Die Stellen haben vier Wochen Zeit, um zu antworten. In komplizierten Fällen kann die Frist verdoppelt werden. Missbräuchliche Anfragen müssen nicht beantwortet werden.

Staatliche Organe haben darüber hinaus Informationen von allgemeinem Interesse zu veröffentlichen, wie Studien, Gutachten, Umfragen und Stellungnahmen, etwa zu Gesetzesentwürfen. Verträge über einem Wert von 100.000 Euro zählen ebenfalls dazu. Kleine Gemeinden bis zu 5000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind ausgenommen.

Auskünfte können zudem aus bestimmten Gründen noch immer verweigert werden. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn sie die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden oder das überwiegende berechtigte Interesse einer anderen Person dagegen spricht. Es muss abgewogen werden, ob das Informationsrecht oder die Geheimhaltungsinteressen überwiegen.

Nach 100 Jahren ist das Amtsgeheimnis Geschichte
Gemeindesekretär Eugen Kanonier mit dem ehemaligen Vizebürgermeister Walter Natter. VN/Steurer

Lustenaus Gemeindesekretär Eugen Kanonier bezeichnet das Verhältnis zwischen Auskunftspflicht und Datenschutz als durchaus spannend. “Das wird man sich in der Praxis anschauen müssen.” Grundsätzlich rechne er nicht mit einer “Flut an Anfragen.” Interessanter seien aus Sicht der Marktgemeinde die Veröffentlichungen, welche sie von sich aus machen muss, auch aus technischer Perspektive. Man habe sich aber vorbereitet und sei gut aufgestellt. Ähnlich sieht das Konrad Ortner, Amtsleiter von Götzis. Die Frage, was die Gemeinde proaktiv veröffentlichen müsse, sei herausfordernd. Dies werde sich erst herausstellen. In Götzis sei schon viel zugänglich, etwa das Straßen- und Wegekonzept. Auch Gemeindevorstandsbeschlüsse würden veröffentlicht, nennt er im VN-Gespräch ein weiteres Beispiel. Prinzipiell glaubt auch Ortner nicht, dass die Anfragen nun deutlich zunehmen. Die neuen Vorgaben zielten eher auf Bund und Länder ab.

Der 38-jährige Konrad Ortner ist Gemeindesekretär in Götzis.
Konrad Ortner, Amtsleiter von Götzis, glaubt, dass die Vorgaben eher auf Bund und Länder abzielen.

Probleme für Journalisten

Es gibt auch kritische Stellungnahmen, etwa von Reporter ohne Grenzen Österreich. Präsident Fritz Hausjell spricht von “Hoffnung und Skepsis.” Einerseits bedeute das Gesetz einen wichtigen Schritt nach vorne. Andererseits gebe es noch immer Unzulänglichkeiten für Journalistinnen und Journalisten, etwa die Einschränkung für kleinere Gemeinden. “Davon betroffen ist vor allem der Lokaljournalismus, der bei Recherchen zu Missständen bei Flächenwidmungen sowie in der Sozial- und Umweltpolitik weiterhin auf verschlossene Türen trifft.” Auch in einer “Vergebührung” und wochenlangen Auskunftsfristen sieht Hausjell Barrieren. Bei Beschwerden gebe es keinerlei Kommissionen oder Prüfstellen.