Schweizer Jagdfrevler sorgt für Unmut im Bregenzerwald: „Leider Gottes sind solche Vorfälle keine Rarität“

Zwei Vorfälle innerhalb von wenigen Tage. Bezirksjägermeister berichtet von fragwürdigen Geschäftsmodellen und Jagdscheinen im Schnellverfahren.
Bezau, Egg Das wollten die Zuschauer nicht sehen: Ein Jäger, der mit einem abgetrennten, blutigen Kopf eines Gamsbocks in der Hand auf dem Fußballplatz in Bezau erscheint, damit wie ein Krampusläufer auf Kinder zugeht und einigen den Kopf sogar ins Gesicht hält. „Ich war entsetzt und musste den Fußballplatz mit meinen Kindern verlassen“, berichtet ein Vater nach dem Vorfall beim letzten Heimspiel. Auch andere Fußballfans beschwerten sich bei der Jägerschaft. Nicht der einzige Frevel.
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Nur wenige Tage später entdeckt ein Mann am Morgen auf einer kleinen Brücke in Egg Blutlachen; im Bach wurden die Eingeweide von mehreren Stück Wild entsorgt. Wie sich herausstellte, hatte der Jäger – ein Schweizer Metzger – in der Nacht gejagt, was in Vorarlberg bis auf wenige Ausnahmen verboten ist. „Leider Gottes sind solche Vorfälle keine Rarität“, sagt der Bregenzer Bezirksjägermeister Hans Metzler. „Das sind nur zwei Beispiele, wie die moderne Welt die Spielregeln von fast 100 Jahren Tradition auslegt. Mit einer anständigen Jagd hat das wenig zu tun.“

Der Vorfall in Bezau ist für Metzler eine klare „Verhaltensverfehlung“. „Der Jäger würde ausgeschlossen werden, wenn er Mitglied bei der Vorarlberger Jägerschaft wäre“, betont er. „Der Mann ist ein zugereister Wiener, der durch seinen Onkel das Recht bekommen hat, in diesem Besitz zu jagen. Er hat eine Woche lang einen Jagdkurs im Burgenland gemacht und ist damit ein vollwertiger Jäger. Bei uns müsste er vier oder fünf Monate in die Jagdschule gehen.“



Auch der Schweizer ist laut Metzler kein Mitglied der Vorarlberger Jägerschaft. Da EU-Ausländer die doppelten Steuern auf die Jagdpacht zahlen, seien Schweizer vielfach als Abschussnehmer in Vorarlberg tätig. Sprich: Sie erledigen die Abschüsse und zahlen im Hintergrund die Pacht, der offizielle Jagdpächter ist ein Vorarlberger. „Das ist ein Geschäftsmodell“, kritisiert der Bezirksjägermeister. „Der Abschussnehmer fährt in die Schweiz hinüber, und dann ist das Wildbret, das hier 3,50 Euro wert ist, 16 Euro wert. Er hat keinen Zoll, keine Grenze. Das ist anscheinend erlaubt, was für uns verwunderlich ist.“

Im Fall von Egg habe es in einer Genossenschaftsjagd einen Pächterwechsel gegeben. Der Schweizer Abschussnehmer sei am ersten Tag der Pachtfähigkeit – allem Anschein nach in der Nacht – hergegangen und habe mehrere Stück Wild erlegt. „Das ist eine Unterstreichung, welche Facetten und Auswüchse die Jagd mittlerweile hat. Die Nachtjagd ist bei uns wie auch in der Schweiz verboten und nur im November zugelassen, wenn die Kahlwildquoten nicht erfüllt sind, dann darf das Jagdschutzorgan Nachtjagd betreiben“, unterstreicht Hans Metzler. „Wir verpönen die Nachtjagd und Nachtsichtgeräte. Ich muss doch entnehmen und wissen, was ich tue.“

Metzler sieht vor allem den Grundeigentümer in der Pflicht. Dieser entscheide, wer der Jagdpächter ist. Durch Erbe, Geld oder Beziehungen und Kreise, kämen Leute in Jagden hinein, die zwar schießen können, „aber den Umgang mit Wild auf jeden Fall nicht gebührend und wertschätzend betreiben“. Hinzu komme, dass die Jägerschaft mit immer mehr Technik konfrontiert ist. „Nachtsichtgeräte, Wärmebildkameras, Weitschusseinrichtungen, Scheinwerfen, Quads“, zählt Metzler auf.

Der Bezirksjägermeister fordert unter anderem eine gesetzliche Vorgabe, die regelt, dass ein Schuss über 300 Meter nicht erlaubt ist. „Bei der traditionellen Jagd sagen wir, bei 300 ist Schluss. Heute brüsten sich Leute damit, dass sie aus 500 Meter getroffen haben. Das Schlimme ist, dass die Lebensräume und Fluchträume der Tiere immer größer werden müssen. Die lernen ja auch dazu“, erläutert Metzler und verweist auf die Energie der Kugel, die mit der Entfernung abnimmt. Dadurch seien die Aufprallkraft und Todeswirkung der Kugel um einiges geringer. „Dann haben wir Nachsuchen, Fluchten oder Wild, das mitunter unnötig verletzt wird“, merkt er an. Gleichzeitig würden Fahrradfahrer, die zu jeder Jahres- und Tageszeit unterwegs sind, und Paragleiter, die sich wie selbstverständlich über alle Flächen bewegen, den Lebensraum der Wildtiere massiv bedrängen. Hans Metzler verdeutlicht: „Durch die Fliegerei treibt man die Wildtiere in den Wald. Wir müssen die Gams dann im Wald erschießen, weil sie dort Schaden anrichtet. Dann kommen auch solche Herrschaften, die das ausnützen. Das ist ein Kreislauf.“