Ein Jahr Erstversorgungsambulanz: “Da knallen auch einmal Türen”

Vorarlberg / HEUTE • 13:10 Uhr
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Die Erstabklärung übernimmt in den meisten Fällen eine geschulte Pflegekraft. VN/Paulitsch

Erstversorgungsambulatorium im Landeskrankenhaus Bregenz wird stark frequentiert.

Darum geht’s:

  • Erstversorgungsambulatorium entlastet Fachambulanzen und spart Kosten.
  • Zwei Drittel der Patienten werden nach Hause geschickt.
  • Mangelnde Hausarztversorgung treibt Patienten ins Krankenhaus.

Bregenz Thomas Rümmele schmunzelt, als er sagt: „Uns gibt es eigentlich schon seit 2012.“ Die Rede ist von der Erstbegutachtung von Patienten, bevor sie ungefiltert die Fachambulanzen des Landeskrankenhauses Bregenz stürmen. Damals hieß das Projekt zur Patientenlenkung Ambulante Erstversorgungseinheit, inzwischen ist daraus das Erstversorgungsambulatorium (EVA) geworden. Die Intention blieb gleich, nur die Finanzierungsstruktur änderte sich. Zum Neustart am 1. Oktober 2024 trat auch die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) neben dem Land als Geldgeber auf. Seit Jänner wurden fast 4500 Patientinnen und Patienten begutachtet, zwei Drittel von ihnen konnten anschließend nach Haus geschickt oder an einen niedergelassenen Facharzt überwiesen werden. Ganz klaglos geht das jedoch nicht immer vonstatten. „Patienten sind enttäuscht, teilweise verärgert, und dann knallen schon einmal grußlos Türen“, erzählt Thomas Rümmele. Der Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin arbeitet seit sechs Jahren im LKH Bregenz und leitet die EVA.

Kein Ersatz für Hausarzt

Aufkleber am Boden weisen den Weg zum Erstversorgungsambulatorium, und Plakate an der Wand erklären das Vorgehen. An diesem Donnerstagmorgen warten auffallend wenige Personen vor den zwei Behandlungszimmern. „Ungewöhnlich“, konstatiert auch Thomas Rümmele. Im Durchschnitt frequentieren täglich zwischen 25 und 30 Patienten, vorzugsweise vormittags, die den Fachambulanzen vorgelagerte Einrichtung. Sie kommen ohne Zuweisung oder mit der Rettung. Die Ursachen sind vielfältig: „Besorgnis, Ängste, Unwissenheit über Möglichkeiten wie Apotheken oder Hausmittel, und manchmal ist es einfach Bequemlichkeit, weil sich die Leute eine schnellere und umfangreichere Behandlung erhoffen“, listet Rümmele auf, betont aber gleichzeitig: „Wir beschränken uns auf die notwendige Erstversorgung und ersetzen nicht den Hausarzt.“ Damit ist der EVA-Leiter beim nächsten Problem: „Wir hören täglich von Patienten, dass sie keinen Hausarzt finden oder bei ihrem keinen zeitnahen Termin erhalten, schon gar nicht bei einem Facharzt.“ Die Vertretung funktioniere offenbar ebenfalls nicht optimal. „Da bleibt vielen nichts anderes übrig, als in ein Krankhaus zu gehen“, fasst Thomas Rümmele zusammen.

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Kleber auf dem Boden weisen den Weg zum Erstversorgungsambulatorium.

Breites Beschwerdespektrum

Außer Säuglingen unter einem Jahr und Schwangeren werden alle angemeldeten Personen angesehen. Das Spektrum an gesundheitlicher Mühsal ist breit. Es reicht von Symptomen einer Atemwegsinfektion über Magen-Darm-Probleme, Bauch-, Brust-, Kopf- und Rückenschmerzen bis hin zu Hautausschlägen, Atemnot und unspezifischem Unwohlsein wie Schwindel, Schwäche und Erschöpfung. Es gibt auch saisonale Schwerpunkte. In den Wintermonaten sind es grippale Infekte, die echte Influenza und andere Infektionskrankheiten, im Sommer hitzebedingte Kreislaufschwächen und Insektenstiche. Im Erstversorgungsambulatorium werden die Beschwerden abgeklärt. „Es ist unsere Aufgabe, Krankheitsbilder richtig einzuschätzen und Patienten entsprechend zuzuweisen“, erläutert Thomas Rümmele. Für etwa ein Drittel der Patienten geht es danach in eine Fachambulanz, davon wiederum muss rund die Hälfte tatsächlich stationär aufgenommen werden. Die Behandlung erfolgt immer nach Dringlichkeit. Da sind längere Wartezeiten nicht ausgeschlossen.

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Auf Informationsplakaten werden Patienten über die Aufgaben der EVA aufgeklärt.

Zu wenig Räume

Insgesamt sieht Rümmele den Nutzen der Einrichtung positiv: „Die EVA entlastet die Fachambulanzen, die sich so besser um die schwerwiegenden Fälle kümmern können. Zudem spart sie Kosten, weil unnötige Diagnosen vermieden werden.“ Dringlich wären allerdings zusätzliche Räumlichkeiten. Pläne dafür gibt es, die Umsetzung muss indes warten. Derzeit verfügt die EVA lediglich über zwei Behandlungszimmer. Dabei steigen die Patientenzahlen. Für heuer rechnet Rümmele mit 7000 bis 8000 Erstbegutachtungen.  

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Die Türen ins Erstversorgungsambulatorium stehen allen offen.