Spart Energie und senkt die Raumtemperatur: Die größte Fassadenbegrünung Vorarlbergs wächst über sich hinaus

Zwei Jahre nach der Pflanzung hat sich die grüne Fassade der Arbeiterkammer in Feldkirch zu einem ökologischen Vorzeigeprojekt entwickelt. Die Wirkung ist nicht nur sichtbar, sondern auch in Temperatur, Artenvielfalt und Betriebskosten spürbar.
Darum geht’s:
- Pionierprojekt: Grüne Fassade mit 2500 Pflanzen bepflanzt.
- Reduzierung der Bürotemperatur von über 30 auf unter 26 Grad.
- Automatische Bewässerung nutzt Regenwasser effizient.
Feldkirch Als die Arbeiterkammer Feldkirch 2023 ihre spektakuläre grüne Fassade bepflanzen ließ, war es ein Pionierprojekt: 250 Pflanzen, 50 Arten, 700 Quadratmeter Fläche. Das Ziel: Ein ökologisches Zeichen zu setzen. Zwei Jahre später ist die Vision sichtbare Realität geworden. Die Pflanzen ranken, blühen, kühlen und beweisen, dass Natur selbst bei Großprojekten mehr als nur Dekoration sein kann.
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“Obschon wir uns ein Drei-Jahres-Ziel gesetzt hatten, ist die Fassade heute schon eine wirklich beeindruckende und vitale Grünwand geworden. Fast alle Arten haben sich gut entwickelt”, freut sich Baumexperte und Grünplaner Conrad Amber, der das Projekt gemeinsam mit Architekt Rainer Huchler umgesetzt hat. Rund 80 Prozent der mit Rautennetzen bespannten Fläche sind mittlerweile bewachsen. Einige Bereiche brauchen länger, “weil Pflanzen sich gegenseitig den Platz streitig machen oder das Mikroklima je nach Höhe stark variiert, zum Beispiel ist die oberste Reihe besonders heiß und nass, während die untere Reihe beschattet ist.”

Kühlung statt Klimaanlage
Besonders bemerkenswert ist die Wirkung auf das Raumklima: “Früher hatte es in den Büros zum Teil über 30 Grad. Heute bleiben die Temperaturen unter 26 Grad, selbst in den Hitzewellen”, erklärt Amber. Das sei dem Schattenwurf der Pflanzen, der Verdunstungskühle und dem isolierenden Luftpolster zwischen Fassade und Begrünung zu verdanken. Die Grünfassade ersetzt damit eine Klimaanlage, deren nachträglicher Einbau doppelt so teuer gewesen wäre, erklärt Amber. Auch der jährliche Pflegeaufwand sei laut Amber mit nur rund 10.000 Euro deutlich günstiger als die 45.000 bis 60.000 Euro, die eine Klimaanlage pro Jahr verschlungen hätte.
Artenvielfalt im senkrechten Garten
Die Pflanzenauswahl hat sich bewährt: Anspruchslose, schnellwachsende Arten wie Wilder Wein, Efeu, Blauregen und Geißblatt gedeihen besonders gut. Auch Ansiedlungen von Wildkräutern wie Kamille, Mohn oder Blutweiderich haben sich zur Freude von Amber angesiedelt.

Und mit den Pflanzen kamen die Tiere: Honig- und Wildbienen, Käfer, Schmetterlinge, Spinnen, zahlreiche Singvogelarten, sogar das seltene Wintergoldhähnchen wurde gesichtet. “Dieser senkrechte Wald ist ein Magnet für mobile Tierarten”, sagt Amber. Einzig Nester wurden bislang noch keine entdeckt: “Aber das ist wohl nur eine Frage der Zeit.”
Pflegeleicht und nachhaltig
Die automatische Bewässerung funktioniert über eine Regenwasserzisterne und drei unterschiedliche Bewässerungskreisläufe. Nach einem Jahr der Feineinstellung läuft das System zuverlässig, mit nur zwei Wartungsdurchgängen pro Jahr. Auch die Pflege ist laut Amber überschaubar: “Ein paar Manntage im Jahr reichen – wir leiten die Triebe, entfernen Abgestorbenes, das war’s.”

Amber bleibt bei seiner Vision: “Die Fassade soll sich in 50 Jahren selbst tragen, und dies mit minimalem Pflegeaufwand.” Und auch wenn irgendwann Pflanztröge oder einzelne Gewächse ausgetauscht werden müssen: Die Natur habe die besseren Argumente. „Technische Systeme müssen in 50 Jahren mehrfach repariert, ersetzt oder aufgerüstet werden”, gibt er zu bedenken.
„Ein grünes Wahrzeichen“
Die Rückmeldungen seien sowohl von Mitarbeitenden wie auch Passanten durchwegs positiv, sagt Amber. “Viele Menschen suchen die Nähe der Fassade in den Pausen oder machen Fotos. Sie verändert sich täglich, sei es mit der Blühfolge, den Farben, dem Licht.” Für den Pflanzenexperten ist sie längst mehr als ein Projekt, sondern ein grünes Wahrzeichen mitten in der Stadt.