Klima und Kosten

Vorarlberg / HEUTE • 11:29 Uhr
Klima und Kosten

Letzte Woche habe ich gedacht, ich höre nicht richtig. Im Ö1-Mittagsjournal ging es gerade um die globale Temperaturzunahme, zu der der Grazer Klimaforscher Gottfried Kirchengast interviewt wurde. Zur Verdeutlichung der Klimaschadenskosten nur für die Bereiche Hitze, Meeresspiegelanstieg und Ernteausfälle hat er auf Basis aktueller Studien berechnet, dass wir heruntergerechnet für Österreich Kosten von 2,5 Milliarden Euro haben werden. Und das pro Jahr und vor allem, pro Zehntel Grad weiterer Temperaturzunahme. Bis zum Jahr 2100 – also der Lebensspanne der jetzigen Kindergeneration – sind das ungefähr 200 Milliarden Euro. Und das pro Zehntel Grad. Die Klimaschäden und die Kosten nehmen also enorm zu. Somit ist seine Hauptbotschaft, dass eben jedes Zehntel Grad zählt. Daher ist Klimaschutz, also das Reduzieren und Stoppen unseres Treibhausgasausstoßes, ein so wichtiges Ziel.

„Die Klimaschäden und die Kosten nehmen enorm zu. Somit ist eine Hauptbotschaft, dass eben jedes Zehntel Grad zählt.“

Und genau dazu gab es im Juli am Internationalen Gerichtshof (IGH) ein aufsehenerregendes einstimmiges Gutachten, das sich mit den Pflichten der Länder bei der Bekämpfung des Klimawandels beschäftigt. Kernaussage ist, dass Klimaschutz keine Wahl, sondern eine völkerrechtliche Verpflichtung ist. Das hat der Gerichtshof aus den Grund- und Menschenrechten abgeleitet.
Dazu gibt es viele weitere Gründe, warum die österreichische Bundesregierung, und auch die Landesregierungen, dieses Gutachten ernst nehmen und rasch Schritte für einen starken Klimaschutz setzen sollte. Denn die im Gutachten angeführten fachlichen Gründe decken sich mit den Erkenntnissen aus unserer Wissenschaft, die im zweiten österreichischen Sachstandsbericht (AAR2) zum Klimawandel dargelegt wurden. Klimaschutz und Klimawandelanpassung sind mittel- und langfristig notwendige Strategien für sozialen Frieden und positive wirtschaftliche Entwicklung, so wie zum Erhalt der natürlichen Systeme in Österreich, wie der AAR2 überzeugend darlegt. Und wir sollten an die hohen Kosten der weiteren Temperaturzunahme denken, wie eingangs erwähnt.

Daher sollte auf der Bundesebene rasch ein ambitioniertes Klimagesetz verabschiedet werden, das den vom IGH explizit ausgeführten Anforderungen genügt. Wirksame Klimawandelanpassung mit den dazu nötigen Strukturen sollte darin genauso vorkommen wie Kreislaufwirtschaft.
Was aber gerade gar nicht dazu passt, ist die Entscheidung zum Bau neuer Autobahnen. Diese kosten uns zu viel.
Und übrigens: Im September gab es am Hahnenkamm in knapp 1800 Meter Höhe die erste Tropennacht seit Messbeginn 1938. Nicht nur im September, sondern überhaupt!

Der Vorarlberger Simon Tschannett ist Meteorologe und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Stadtklimatologie.