“Ich dachte, mein Fachwissen würde helfen – tat es aber nicht” – Jobsuche als Akademiker

Studium beendet, unsicherer Start: Junge Akademiker stoßen auf Hürden bei der Jobsuche in Vorarlberg.
Von Silja Dietrich
Schwarzach Ein akademischer Abschluss gilt oft als Türöffner – doch wohin führt der Weg danach wirklich? Die Vorfreude auf den Berufseinstieg weicht schnell der Realität: hohe Anforderungen, wenig Orientierung.
Berufliche Sackgassen trotz akademischer Ausbildung
Nadine (24) aus Bregenz hat Molekularbiologie studiert – ein Fach, das sie mit Leidenschaft gewählt hat. Doch in Vorarlberg stößt sie schnell an Grenzen. Die wenigen Privatlabore in der Region bieten kaum Perspektiven. Ihre Optionen sind dadurch stark eingeschränkt. “Es ist frustrierend, dass Molekularbiologie in Österreich angeboten wird, aber es hier kaum Jobs in dem Bereich gibt”, erzählt sie.
Bereits während ihres Studiums war ihr klar, dass sie sich wohl in der Schweiz oder Liechtenstein umsehen muss. Weil sie während des Studiums nur teilweise gearbeitet hat, ist das Gehalt für sie aktuell besonders wichtig – die Work-Life-Balance eher zweitrangig. “Bei einer 42-Stunden-Woche und den hohen Steuern wird es eher schwierig mit der Work-Life-Balance”, räumt sie ein. Was ihr fehlt, ist Orientierung. “Ich weiß gar nicht, in welchen Bereichen ich wirklich arbeiten könnte.” Ein Seminar zur Berufsorientierung während des Studiums wäre aus ihrer Sicht dringend notwendig.

Auch Jasmina (23) aus Bludenz hat direkt nach ihrem Studienabschluss in Intermedia Ende Juni mit ihrer Jobsuche begonnen – doch die Realität war ernüchternd. “Ich dachte, mein Fachwissen würde helfen – tat es aber nicht.” Sie hat sich auch außerhalb von Vorarlberg beworben, etwa in Wien und Salzburg, in der Hoffnung auf bessere Chancen – doch auch dort war es nicht leichter. “Vorarlberg hat viel zu bieten. Ich glaube nicht, dass es außerhalb einfacher ist.”

Chancen und Stolpersteine
Claudia Nessler, Geschäftsführerin von ländlejob.at, bestätigt, dass die Jobsuche in vielen Bereichen schwieriger geworden ist. “Es gibt heute rund 50 Prozent weniger Jobs auf ländlejob.at, aber mehr Bewerbungen.” Besonders Berufseinsteiger ohne Erfahrung hätten es schwer. Gleichzeitig sieht sie Chancen: “Viele gehen nach Innsbruck oder Wien, nur wenige kommen zurück. Dadurch ist der Wettbewerb hier geringer.”
Unternehmen wünschen sich zwar Berufserfahrung, investieren jedoch auch in junge Talente. “Manche finden es sogar gut, wenn jemand ungeformt kommt.” Wichtig sei vor allem Lernbereitschaft: “Die ersten Jahre sind Lernjahre. Viele erwarten, sofort Verantwortung zu übernehmen, aber man muss hineinwachsen.”
28.400 Arbeitslose und 2600 offene Stellen
Auch wenn die individuelle Jobsuche oft herausfordernd ist, zeigt sich laut Bernhard Bereuter, Landesgeschäftsführer des AMS Vorarlberg, ein insgesamt stabiler Arbeitsmarkt für Akademiker. Ende September 2025 lag die Arbeitslosenquote in Vorarlberg bei 5,8 Prozent – bei Hochschulabsolventen sogar nur bei 2,2 Prozent und damit unter dem österreichischen Schnitt von 3,5 Prozent. Der Anteil akademischer Stellen liegt aktuell bei 6,7 Prozent.
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Besonders gefragt sind laut Bereuter Fachkräfte im Gesundheits- und Sozialbereich, in technischen Berufen, der Pädagogik und der Wissenschaft. Herausforderungen bei der Vermittlung von Studienabgängern sieht das AMS kaum – in vielen Bereichen herrscht Fachkräftemangel.

Dem gegenüber steht jedoch ein generelles Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt: Im September 2025 stehen in Österreich rund 28.400 arbeitslose Akademiker lediglich etwa 2600 offenen Stellen gegenüber. Spezielle Förderprogramme für Akademiker gibt es nicht. “Da es sich meist um gut ausgebildete Fachkräfte handelt, konzentrieren wir uns auf individuelle Vermittlungsunterstützung”, erklärt Bereuter. Auf Wunsch unterstützt das AMS auch bei der europaweiten Jobsuche – etwa über das EURES-Netzwerk.